Scharade der Liebe
Ehebrecherin, und sie verdiene, was er mit ihr machte.
Und dann griff er mich an.« Gray rieb sich die Hände.
»Ich schlug ihn noch einmal nieder. Ich weiß noch, dass der Butler an die Tür kam, sah, was ich tat, nickte und wieder ging. Wenn es Gewalt in einem Haushalt gibt, wissen immer alle Bescheid. Man kann es nicht verbergen, es nicht geheim halten. Nachdem er blutend am Boden lag, fragte ich ihn, was ich seiner Meinung nach mit ihm tun solle.
Granthsom war nicht dumm. Er erklärte, er würde seiner Frau nie wieder etwas zuleide tun. Ich glaubte ihm nicht. Er unterschrieb ein Schriftstück, in dem er schwor, sie oder die Kinder nie wieder anzufassen. Ryder und ich gingen. Zwei Tage später kehrte Cecily nach Hause zurück. Ich begleitete sie. Lord Granthsom wirkte ruhig und beherrscht, und Cecily schien überzeugt zu sein, dass sich alles zum Guten wendete. Ich ging.
Drei Tage später kam der Mann, den ich angestellt hatte, um das Haus zu beobachten, zu mir und sagte, sie würde wieder geschlagen, und es sei sehr schlimm. Ich nahm meine Pistole und ging dorthin. Die Dienstboten waren kreidebleich, lauschten ihren Schreien, unternahmen aber nichts. Aber was hätten sie auch gegen ihn tun können?
Ich schoss ihn ins Bein. Er schlug sie weiter. Da schoss ich ihm auch noch in das andere Bein.«
»Und was geschah dann?« Jack blickte Gray gespannt an. »Was, Gray? Was geschah dann?«
»Lord Granthsom sitzt im Rollstuhl. Es ist jetzt fast sechs Jahre her. Er ist vollkommen von den Dienstboten und seiner Frau abhängig. Eine der Kugeln hat so viel Schaden angerichtet, dass er nie wieder laufen kann.«
»Mein Gott, was für eine ausgesuchte Strafe«, sagte sie, stand auf und warf sich in seine Arme. Er zog sie auf seinen Schoß. »Ja, es hat gut funktioniert. Cecily ist jetzt eine unabhängige Frau und kontrolliert seinen ganzen Besitz. Er ist nicht besonders glücklich, und das gefällt mir über die Maßen und Cecily auch. Du wirst ihre Tochter Joan und ihren Sohn William kennen lernen, wenn sie im Sommer aus Schottland zurückkommen. Cecily wird von seiner Familie wegen ihrer freundlichen Art und ihrer Selbstlosigkeit geliebt, weil sie sich so hingebungsvoll um den Earl kümmert. Sie glauben, er sei vom Pferd gestürzt, und aus Stolz hat er dieser Version auch nie widersprochen.«
»Ihr Gatte ist ein Earl? Ein Earl hat seine Frau geschlagen?«
»Ja. Das kommt in jeder Gesellschaftsschicht vor, Jack. Natürlich kommt es auch bei den Armen häufig vor, dass die Männer ihre Hoffnungslosigkeit an ihren Frauen und Kindern auslassen, aber manche Männer sind eben einfach nur Tiere, ohne jeden Grund.«
»Und du rettest die Frauen?«
»Ich versuche es. Seit Cecily hat es auch noch andere Frauen gegeben. Cecily hat mir über die Jahre geholfen, ihnen beizustehen. Jede Situation ist anders. Ich habe Stunden damit zugebracht, mir den besten Weg auszudenken, wie ich eine Frau retten könnte. Zwei Frauen, die ich gerettet habe, waren genau wie meine Mutter. Sie haben mich verflucht, weil ich eingegriffen habe, und nachdem mir das bewusst geworden ist, habe ich mich einfach nicht weiter um sie gekümmert.«
»Dieser Mann, der dich töten wollte ... Wer ist das?«
»Honorable Clyde Barrister, ein kleines Wiesel, der hervorragend zu deinem Stiefvater passen würde.
Ich habe einige Drohbriefe von ihm bekommen. Nach dem ersten Brief habe ich ihm geantwortet, wenn er seine Drohungen nicht einstellen und mich in Ruhe lassen würde, würde ich ihn zusammenschlagen und in die Gosse werfen. Anscheinend hat er mir aber nicht geglaubt, weil noch ein weiterer Brief von ihm eintraf, zur gleichen Zeit, als Lord Burleigh mich dringend sehen wollte. Und du kannst dir vorstellen, dass ich gar nicht mehr daran gedacht habe, nachdem ich bei Lord Burleigh war.
Clyde ist wahrscheinlich, nachdem er mir diesen zweiten Brief geschickt hat, in Panik geraten und hat sich überlegt, dass es für ihn am sichersten sei, wenn er mich von einem gedungenen Mörder umbringen lasse.«
»Was wirst du jetzt tun?«
Gray gab ihr einen Kuss auf die Nasenspitze und küss-
te sie dann auf den Mund. »Ich werde dem Gentleman einen längst überfälligen Besuch abstatten.«
»Glaubst du, er schlägt seine Frau wieder?«
»O nein. Seine Frau, Margaret, lebt bei seinem älteren Bruder und dessen Familie. Er ist das Familienoberhaupt und zufällig die Quelle, aus der unser Gentleman sein luxuriöses Leben finanziert. Gegen seinen Bruder kann er nichts
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