Scharfe Pranken
bewegte, stiegen sie in seinen Wagen.
»Ist das Ding überhaupt legal?«
»Ich passe nun mal nicht in einen zweitürigen Ferrari.«
»Aber ich habe das Gefühl, ich säße in einem militärischen Transportflugzeug.«
»Morgens solltest du am besten gar nicht mit mir reden«, warnte er sie. »Nicht, bevor ich auf dem Eis war. Oder zumindest nicht vor meinem ersten Kaffee.«
Bo reihte sich in den Verkehr ein, und sie fuhren eine Weile schweigend, bis er sich fragen hörte: »Kannst du mir vielleicht erklären, wie wir auf dem Boden gelandet sind … aneinandergekuschelt?«
»Sicher kann ich dir das erklären«, antwortete sie mit derselben natürlichen Fröhlichkeit, die sie zu jeder Tageszeit versprühte. Nun wusste er auch, warum ihm vergangene Nacht klar gewesen war, dass es ihr schlechter ging, als sie zugegeben hatte. Sie war mürrisch, unhöflich und intolerant gewesen. Mit anderen Worten: Sie hatte sich aufgeführt wie jedes andere Raubtier, das er kannte, nur eben nicht wie Blayne.
Er wartete darauf, dass sie ihm erklärte, was passiert war, aber sie lächelte nur und schaute aus dem Fenster.
»Kannst du es mir noch vor Ablauf dieses Jahrtausends erklären?«
»Natürlich!«
Wieder wartete Bo, und wieder folgte nichts.
Ja, sie war durch und durch eine Navy-Göre. Sie hatte das Prinzip des bösartigen Gehorsams so verinnerlicht, dass sie gar nicht mehr bemerkte, wann sie es zur Schau stellte.
Bo atmete tief ein, wünschte sich sehnlichst einen Schluck Kaffee und versuchte eine andere Taktik. »Du und ich, kuschelnd auf dem Boden … erklär mir das. Jetzt.«
»Ich hatte Durst.«
Mann, sie war gut. Aber Bo war wild entschlossen, und immerhin war auch er von einem Marine erzogen worden. Er wurde damit fertig.
Er wurde mit ihr fertig.
»Du hattest Durst … also bist du aus deinem Zimmer gekommen, um dir ein Glas Wasser zu holen.«
»Richtig!«
»Und du hast mich da liegen sehen …«
»Auf der Couch. Es sah unbequem aus. Du warst total zusammengefaltet.«
»Sie war zu klein.«
»Es ist ein Zweiersofa«, erinnerte sie ihn.
»Richtig. Und damit es für mich gemütlicher ist, hast du …«
»Dich auf den Boden gerollt.«
Bo wartete, bis er um eine Kurve gebogen war. »Bin ich aufgewacht?«
»So was Ähnliches. Du hast geknurrt. Ich dachte, du würdest mich zerfleischen.«
»Und um mich zu beruhigen, hast du …«
»Dir die Schulter getätschelt und gesagt: ›Ist schon okay. Ich bin’s.‹«
»Und ich …«
»Du hast gelächelt und deinen Arm um meine Taille gelegt. Du hast wirklich ein sehr nettes Lächeln, wusstest du das?«
»Danke.«
»Du solltest es öfter mal einsetzen.«
»Ich werd’s mir merken. Also, nachdem ich dich um die Taille gefasst hatte …«
»Wolltest du nicht mehr loslassen. Und ich war so müde, und du warst so warm und gemütlich, dass ich mich einfach neben dich gekuschelt habe und eingeschlafen bin.«
Bo fuhr in die Tiefgarage des Sportzentrums. Er stellte den Wagen auf seinem reservierten Parkplatz ab und schaltete den Motor aus.
»Du hast deinen eigenen Parkplatz?«, fragte sie und klang auf einmal gar nicht mehr so fröhlich.
»Yup.«
»Und inwiefern ist das fair?«
»Es ist fair, weil es mir nutzt. Täte es das nicht, wäre es unfair. Und jetzt lass uns gehen. Ich treffe mich oben im Manager-Restaurant mit ihm.«
Sie stiegen aus dem Wagen, und Bo öffnete mit der Fernbedienung die hintere Tür, damit sie ihre Taschen herausholen konnten. Er sah auf seine Uhr und verzog das Gesicht.
»Du darfst im Manager-Restaurant frühstücken?«
»Du nicht?«
Als sie ihn nur finster anschaute, kam er zu dem Schluss, dass eine weitere Diskussion niemandem nutzen würde.
Gemeinsam steuerten sie auf die Fahrstühle zu, die sie ins Erdgeschoss bringen würden. Von dort würden sie die Treppe hinunter in die erste Etage des für Gestaltwandler reservierten Teils des Gebäudes nehmen, der sich tief unter den Straßen der Stadt befand. Es war ein endloses Auf und Ab und Hin und Her, aber notwendig, um sie zu schützen.
Sie betraten den Fahrstuhl, und Bo drückte auf den Knopf fürs Erdgeschoss. Als sich die Fahrstuhltüren langsam mit einem Knarren schlossen, klopfte er ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden,
»Bist du immer so?«, wollte sie wissen.
Er fragte nicht, was sie damit meinte, da er es bereits wusste. »Ja.«
»Du wirst tot sein, bevor du vierzig bist.«
»Die große Ausrede aller Faulpelze, die ich bisher kennengelernt habe.«
»Wir
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