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Scharfe Pranken

Scharfe Pranken

Titel: Scharfe Pranken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. A. Aiken
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kurz davor, sie aus den Angeln zu reißen, als Blayne öffnete. Ohne auf eine Einladung zu warten, drängte er sich an ihr vorbei und warf seine Sporttasche auf den Boden. Er konnte sich nicht erinnern, jemals so wütend gewesen zu sein. Mann, war er wütend.
    »Glaubst du ernsthaft«, knurrte er, »dass ich jedem X -Beliebigen meine Hilfe anbiete? Glaubst du, meine Zeit sei so bedeutungslos, dass ich einfach im Sportzentrum hocken und warten kann, bis du oder wer auch immer auftaucht? Ich weiß, dass du ein anderes Zeitkonzept hast als der Rest des Universums, aber ich folge einem Zeitplan . Weißt du überhaupt, was das bedeutet?« Er drehte sich zu ihr um. »Weißt du das?«
    Ein braunes Auge blinzelte aus ihrem Gesicht zu ihm hoch, das zur Hälfte hinter einem Eisbeutel versteckt war. Überrascht ging Bo einen Schritt zurück. »Was ist denn mit deinem Gesicht passiert?«
    »Dachs.«
    Da sie furchtbar genuschelt hatte, hoffte er, sich verhört zu haben. »Dachs? Was war denn mit dem Dachs?«
    »Ich wurde von ihm angegriffen.«
    »Von einem Dachs?«
    »Ja. Von einem Dachs.« Sie ging um ihn herum und setzte sich auf ein winziges Zweisitzer-Sofa, das sie offenbar als Couch betrachtete. Wenig überraschend, wenn man sich anschaute, wie klein der Rest der Wohnung war, und –  Allmächtiger!  – wie unordentlich. Bo blickte sich um und fragte sich ernsthaft, wie sie es schaffte, sich in diesem Zimmer auch nur umzudrehen.
    »Benutzt du irgendeinen Slangausdruck, den ich noch nie gehört hab, um deinen Angreifer zu beschreiben, oder sprichst du von einem richtigen Dachs?«, hakte er nach und versuchte, nicht zu genau über das Grauen nachzudenken, das sie ihre Wohnung nannte.
    »Ich meine einen Dachs!«, brüllte sie. Dann stöhnte sie laut und rollte sich auf ihrer Couch zusammen. »Verschwinde, Bo. Ich will allein sein und mich elend fühlen.«
    Anstatt auf sie zu hören, hockte er sich neben sie und griff nach dem Eisbeutel.
    »Was machst du da?«, fragte sie und schlug schwach nach seiner Hand.
    »Nur mal nachschauen.« Er nahm den Eisbeutel weg, zuckte zusammen und legte ihn behutsam wieder auf ihr verwundetes Gesicht. »Wir bringen dich ins Krankenhaus.«
    »Mir geht’s gut. Es ist nur eine kleine Schwellung.«
    Es war mehr als eine kleine Schwellung. »Wie ist das denn passiert?«
    »Ich war bei der Arbeit, und als ich dieses Rohr abmontiert habe, lag darin ein Dachs auf der Lauer.«
    Auf der Lauer? »Willst du damit sagen, dass er es auf dich abgesehen hatte?«
    »Jaaa«, fauchte sie. »Dachse hassen mich.«
    »Ich wusste gar nicht, dass Klempner ein so gefährlicher Beruf ist.«
    »Für mich schon.«
    »Wie lange fühlst du dich schon so?«
    »Noch nicht lange. Gwen wollte, dass ich ins Krankenhaus gehe, aber ich hab mich gut gefühlt. Ich hab meine Arbeit zu Ende gemacht und bin hergekommen, um mich umzuziehen und was zu essen, bevor ich mich mit dir treffe. Und dann habe ich mich plötzlich nicht mehr so gut gefühlt.«
    »Lass mich dich ins Krankenhaus fahren, Blayne.«
    »Nein. Dann muss ich mich wieder mit dieser gottverdammten Schwester in der Notaufnahme rumärgern, und ich bin nicht in der Stimmung, mich verspotten zu lassen.«
    »Die Schwester hat sich über dich lustig gemacht?«
    »Sie ist intolerant und bigott.«
    »Willst du damit sagen, sie sei eine Rassistin?«
    »Sie ist eher eine Speziesistin, okay? Und jetzt verschwinde. Morgen früh geht’s mir wieder gut.«
    Bo wollte kein Risiko eingehen, fasste in seine hintere Hosentasche und holte sein Telefon heraus. Er hatte Unmengen von Nummern darin abgespeichert, benutzte sie jedoch so gut wie nie. Trotzdem hatte er sie gerne parat. Schließlich wusste man nie, wann man sie mal brauchte. Wie jetzt, zum Beispiel.
    Nach einer kurzen Suche meldete sich am anderen Ende der Leitung eine Stimme, die Bo sehr gut kannte, aber seit Jahren nicht gehört hatte. »Dr.   Luntz hier, hallo?«
    »Irgendwie wusste ich, dass Sie noch in Ihrem Büro sind.«
    Es folgte eine lange Pause, dann: »Oh, mein Gott. Bold?«
    »Hi, Dr.   Luntz.«
    »Bold! Oh, Bold. Ich freue mich wirklich, von dir zu hören. Wie geht es dir? Geht’s dir gut? Ich bin so stolz auf dich. Weißt du eigentlich, wie stolz ich auf dich bin?«
    Bo musste lächeln. Es gab einfach Menschen auf dieser Welt, die von Natur aus unglaublich waren. Und Dr.   Marci Luntz war einer dieser Menschen.
    »Danke, Dr.   Luntz.«
    »Marci. Ich weiß wirklich nicht, warum du mich nicht einfach Marci

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