Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel
gutem Tempo laufen.
Inzwischen taten Tom die Füße weh, und er fühlte sich wie ein ausgetrockneter Schwamm. Aber er beschwerte sich nicht über das Jogging, denn er war froh, die Unterwelt verlassen zu können, und freute sich auf frische Luft, Himmel und Licht. Keine engen Wände mehr, sondern unbegrenzte Sicht.
»Glaubt ihr, dass sich in der Anderswelt noch jemand an den Archivar erinnert?«, fragte er in die Runde.
»Ich denke nicht«, antwortete Anne. »Er war auf alle Fälle älter als Fanmór. Seinen Worten nach vermute ich, er stammt noch aus der Ersten Stadt, gerade auch wegen seiner Berufung. Damals wurden viele Elfen so wie er geboren, die sich auf Wissenschaft und Künste verstanden. Unglaublich, wie lange er gelebt hat! Selbst für einen Unsterblichen ist das ungewöhnlich, denn irgendwann werden sie des Lebens überdrüssig, wandeln sich und existieren unter Umständen zwar noch Jahrtausende weiter, aber eben in neuer Form. Als Stein, Baum oder was auch immer, bevor sie endgültig nach Annuyn gehen.«
»Er hat sich auch verwandelt«, bemerkte Robert. »Doch durch die Bedingungen hier unten hatte er keine richtige Möglichkeit dazu, sondern wucherte nur dahin.«
Mit ihrem Geplauder waren sie genug abgelenkt, sodass Tom erstaunt war, als sie auf einmal und viel schneller als gedacht den Ausgang erreichten und in den Menschenbereich zurückkehrten, wo Chad und Rocky ungeduldig auf sie warteten.
»Das hat ja ewig gedauert!«, meckerte der kleine Gnom aus London.
»Was ist das für Staub?«, fragte Anne und stieg über einen Haufen hinweg.
»Och, nur ein paar Zombies«, winkte Chad lässig ab.
»Die hat’s zerbröselt«, fügte Rocky hinzu. »Ich war das aber nich’. Ich hab nur ‚n bisschen auf ihnen rumgeklopft, und auf einmal sind se zerfallen, einfach so.«
»Und jetzt seid ihr hier – also hattet ihr Erfolg, was?« Chad klopfte Roberts Hosenbeine ab.
»Ja«, sagte Tom. »Alles erledigt. Keine Zombies mehr.«
»Und was war da drin?« Chad wies mit dem Daumen auf den Eingang, den Anne soeben wieder versiegelte.
»Ein merkwürdiges Labyrinth und ein wahnsinniger Elf, dem geholfen werden konnte.« Anne verschränkte die Arme vor der Brust. »Kommen wir jetzt zu euch. Ich zeige euch die Richtung zum nächsten Portal, und dann seid ihr weg, verstanden?«
Die beiden Elfen aus London nickten eifrig.
Anne erklärte ihnen noch den Weg, und sie wackelten davon.
»Und weiter«, sagte Robert. »Jetzt haben wir es bald geschafft.« Er freute sich auf sein Bett. Nun, da alles überstanden war, fühlte er sich erschöpft. Auch ein Vampir musste sich irgendwann regenerieren, und Robert war noch an seinen menschlichen Rhythmus gewöhnt.
In der Ferne konnten sie schon Züge und das lebhafte Treiben auf dem U-Bahnsteig hören. Bei dem Lärm brauchten sie nicht auf die Uhr zu schauen, um zu wissen, dass die Nacht längst vorüber sein musste.
Robert legte Anne den Arm um die Schultern. Es tat gut, ein wenig zu entspannen.
Hinter ihnen ging Tom und hantierte mit seinen Geräten, murmelte vor sich hin und kicherte ab und zu.
»Du weißt, dass wir ein Problem haben?«, fragte Robert seine Gefährtin leise.
»Natürlich«, gab sie zurück. »Redest du mit ihm, oder soll ich es tun?«
»Das ist ja eben mein Problem«, antwortete er. »Wir haben nicht das Recht dazu, es ihm zu verbieten.«
»Dann lass es geschehen«, schlug sie vor. »Es wird vermutlich sowieso bald keine Rolle mehr spielen. Die Welten stürzen ineinander. Und ich denke, die Menschen haben ein Anrecht darauf, es zu wissen. Wovor sollten sie beschützt werden? Außerdem ist der Archivar tot; auch ihm kann es nicht mehr schaden.«
»Es ist das großartigste Erbe, das er nur hinterlassen konnte«, führte Robert fort. »Historiker hätten damit jahrelang zu tun und werden neue Schlüsse ziehen müssen. Es könnte sogar etwas verändern. Immerhin haben wir nur einen kleinen Teil des Systems gesehen. Wer weiß, was noch alles da unten liegt ... sicher auch elfische Hinterlassenschaften ... Man könnte wieder zusammenarbeiten ...«
Er unterbrach sich, als Tom hinter ihm einen wütenden Schrei ausstieß. »Ach, verdammt!«
Sie blieben stehen und drehten sich zu ihm um. »Was ist passiert?«, fragte Anne.
»Weg! Alles weg!«, rief der blonde Journalist. »Ich wollte gerade die Daten vom iPhone ordnen, um sie auf mein Notebook zu übertragen, und ... ich habe keine Ahnung, was da passiert ist, aber ich Riesenhornochse habe alles gelöscht!
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