Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel
Kämpfe im Reich des Priesterkönigs wert. Seine Frau. Genau!
Dauß blickte Robert verblüfft an, dann nickte er anerkennend. »Alle Achtung«, sagte er. »Ich wähnte dich längst im Rinnstein.«
»Da hat sie mich auch rausgezogen«, sagte Robert vergnügt.
Anne hüstelte. »Ihr
seid
Freunde.« Sie ordnete den Sitz ihrer Jacke. »Dann will ich euch zur Wiedersehensfreude allein lassen. Darf ich mich ein wenig umsehen, Herr Dauß? Selbstverständlich, ohne irgendetwas anzurühren.«
»Sie sammelt Informationen für mich, aber sie ist sehr diskret«, erklärte Robert schnell. »Komm schon, Commissioner Gordon, in Erinnerung an alte Zeiten und weil du wirklich so klischeebehaftet dastehst wie in einem amerikanischen Krimi. Selbst der Kaffeebecher ...«
»Schlimme Unsitte, ich weiß, aber er hält warm. Immerhin rauche ich nicht mehr.«
»Und ich wollte dir gerade eine anbieten.«
»Gehen Sie nur, Frau Lanschie«, sagte Dauß zu der Muse. »Ich vertraue auf Roberts Wort.«
Sie lächelte ihn so entwaffnend an, dass er verwirrt blinzelte und verlegen grinste, und machte sich mit schwingenden Hüften davon.
Dauß schüttelte den Kopf. »Das wirst du mir eines Tages erklären müssen, Olsen.«
»Das werde ich, ich verspreche es dir. Aber jetzt interessiert mich, was hier vor sich geht.«
»Stehst du denn in Diensten?«
»Derzeit nicht, aber ich bin trotzdem noch Journalist. Und vielleicht mache ich Recherchen für mein nä... für mein Buch.«
»Also willst du deinen Traum endlich wahr machen?«
»Ja, stell dir vor. Anne hilft mir dabei.«
Dauß trank den Kaffee aus. »Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob ich dir helfen kann. Und es muss alles unter uns bleiben.«
»Das weißt du.« Robert fühlte sich genau wie damals, als er noch als Enthüllungsreporter gearbeitet hatte. Durch die Arbeit hatte er Dauß kennengelernt, und sie waren Freunde geworden. Der Pressereferent hatte verschiedene Positionen im Kommissariat bekleidet, bevor er den aktiven Polizeidienst quittiert und diesen Job angenommen hatte. Er war ein Profi, dem man nicht so leicht etwas vormachen konnte. Noch immer zog es ihn an Tatorte, noch immer zog er Schlussfolgerungen, doch hatte sich seine Sichtweise geändert. Außerdem hatte er auf diese Weise seine Ehe gerettet, die, dem Ring nach zu urteilen, nach wie vor bestand.
Dauß drückte einem vorbeieilenden Polizisten den leeren Becher in die Hand, nahm Robert am Arm und zog ihn mit sich. »Kam es gerade in den Nachrichten?«
»Ja.«
»Verdammt, dabei wollte ich das verhindern. Nun sieh dir den Rummelplatz hier an! Wie soll man da noch Spuren sichern? Das Problem ist, dass wir den Platz unmöglich auf Dauer sperren können. Die ganzen Abendgeschäfte feilen schon an Schadenersatzklagen. Vor allem – wo genau sollen wir die Sperre errichten? Wir müssten auch den U-Bahnhof schließen und so weiter. Da steigt uns der Oberbürgermeister aufs Dach.«
Sie kamen in die Nähe einer Treppe zur U-Bahn, ein anderer Zugang als der, den Anne und Robert benutzt hatten. Die Treppe war durch ein gelbes Band gesperrt.
Dauß fuhr fort: »Alles, was wir tun können, ist, Präsenz zu halten. Nur für wie lange? Ich habe nicht genug Leute, und die leisten schon Überstunden über die normale Belastung hinaus.«
»Was genau ist denn passiert?«, erkundigte sich Robert.
»Bisher haben wir fünf Leichen und ein gutes Dutzend angeschlagene Leute, die im Krankenhaus behandelt werden mussten. Leider können sie sich an nichts erinnern, was mich äußerst misstrauisch macht. Unsere Psychologen sind im Einsatz, aber so weit ohne Ergebnis.« Dauß schüttelte sich. »Ob lebend oder tot, es ist entsetzlich, was diesen Leuten widerfährt, Robert. Sie sind in einem unbeschreiblichen Zustand, wie Folteropfer. Mir kommt es vor, als würde ihnen die Substanz entzogen. In meiner ganzen Dienstzeit habe ich so etwas noch nicht gesehen.«
»Habt ihr irgendwelche Anhaltspunkte, wer ...«
»Nichts. Es gibt kein Motiv. Die meisten Opfer sind Obdachlose, aber es befinden sich auch ein paar Normalbürger darunter, die zu später Stunde allein unterwegs waren. Du kannst dir vorstellen, wie der OB uns deswegen im Nacken sitzt. Obdachlose wären ihm ziemlich egal, aber Steuerzahler? Und das an einem so hoch frequentierten Platz? Weihnachtszeit, Adventsmarkt, haufenweise Touristen ...«
Robert rieb sich grübelnd das Kinn. »Denkst du, ein einzelner Täter kommt infrage?«
»Ich wünschte, wir müssten nur
eine
Bestie jagen.
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