Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel
Aber es gibt Hinweise, dass mehrere Personen daran beteiligt sind. Was wir eben den wenigen Zeugenaussagen entnehmen konnten, auch von Passanten, die irgendwelche unheimlichen Gestalten gesehen und schaurige Schreie gehört haben wollten. Normalerweise würde ich das als Hysterie abtun, aber die Aussagen kamen unabhängig voneinander, sind ziemlich übereinstimmend, und die Leute kennen einander nicht.« Dauß sah auf einmal sehr müde aus. »Robert, du und ich – wir beide haben schon eine Menge bizarre Dinge erlebt. Aber das hier jagt mir Angst ein. Vor allem, weil ich keine Ahnung habe, warum es angefangen hat und wann es aufhört. Wie sollen wir das nur in den Griff bekommen, bevor wir fünfzig Leichen haben?«
Robert starrte in die Finsternis neben dem Scheinwerferlicht. Mit seinen Vampiraugen konnte er die Silhouetten der sich darin bewegenden Menschen mühelos erkennen. »Ich werde sehen, was wir tun können«, sagte er dann. »Anne und ich ... haben einiges an Erfahrung mit solcherlei Geschehnissen gesammelt. Ich denke, wir müssen uns da auf metaphysischer Ebene umtun.«
Dauß blieb stehen und musterte ihn misstrauisch. »Seid ihr etwa Esoteriker?«
»Nein, eher ... Nun, es ist so etwas Ähnliches wie das Profiling, verstehst du? Wir haben uns viel damit beschäftigt und Kurse belegt, wegen meines Buches. Ich denke, wir haben es hier mit jemandem zu tun, der sich einer anderen Sphäre zugehörig fühlt. Der Täter ist esoterisch, wenn du so willst.«
»Ein Satanist!« Dauß stöhnte gequält. »Das passt in diese Zeit. Glaube und Aberglaube, weil sonst die Verzweiflung droht.«
Robert klopfte ihm beruhigend auf die Schulter. »Wir kriegen das schon raus, Hans. Es kann eine Weile dauern, bis ich mich bei dir melde, aber wir sind dran. Und ich werde dich sofort informieren, wenn wir etwas herausgefunden haben.«
»Na schön. Sehen wir, welche Methoden schneller greifen – die konventionellen oder Spinnerei.« Dauß konnte nicht lächeln, obwohl er sich sichtlich Mühe gab. Er nestelte eine Visitenkarte hervor und reichte sie Robert, der ihm wiederum seine Handynummer gab.
»Einen Festanschluss habe ich noch nicht, da ich umgezogen bin. Ich wohne nicht weit von hier, am Radlsteg.«
»In Ordnung. Wir bleiben in Verbindung.«
Robert schlenderte zu Anne, die am Rand eines Scheinwerferkegels stand. Dichtes Schneetreiben hatte eingesetzt, und die Polizisten gerieten in Hektik, um der Spurensicherung nachzukommen.
»Was haben wir, Watson?«, fragte Robert im Nuschelton. Es klang, als habe er eine Pfeife im Mundwinkel.
»Nicht viel, Mrs. Hudson«, antwortete Anne, während sie leicht gebückt eine Absperrung abschritt.
Robert grinste.
Touché
, dachte er.
Sie richtete sich auf und sah zu ihm. »Sie kommen von unten.« Ihr Zeigefinger deutete auf den Boden. »Überall in der Luft hängen Reste ihrer magischen Energie, doch ich kann sie nicht recht deuten.«
»Was bedeutet das?«
»Ich weiß nicht, um wen es sich handelt. Damit meine ich keine bestimmte Person, sondern die Zugehörigkeit.«
»Sind es Elfen?«
»Ich glaube nicht.«
Robert war ratlos. »Keine Elfen ...«
»Keine Götter, keine Geisterwesen ...«
»Untote?«
»Mhm. Wenn, dann ungewöhnlicher Art. Aber diese Vermutung trifft es am ehesten. Doch da ist noch etwas, das ich nicht zuordnen kann ...« Anne hob die Schultern. »Wenn ich dazu fähig wäre, würde ich jetzt erschaudern.«
»Ich sollte dazu nicht mehr in der Lage sein, aber wenn
du
so etwas sagst ...« Robert schüttelte es durch und durch. »Was tun wir als Nächstes?«
»Gehen wir hinunter und sehen uns um.« Anne war schon auf dem Weg zum abgesperrten Treppenabgang.
Robert vergewisserte sich, dass niemand hersah, und folgte ihr. Hoffentlich entdeckte sie keiner. Aber es schneite inzwischen so dicht, dass außerhalb des Bereichs der Scheinwerfer nichts mehr zu erkennen war, und die Flocken reflektierten das Licht. Ringsum herrschte geschäftiges Treiben, Stimmen schwirrten über den Platz. Die meisten Schaulustigen hatten sich inzwischen entfernt, denn es war nach Mitternacht und nichts Aufregendes mehr zu erwarten. Robert gab Anne ein Zeichen, und sie huschten die Treppe hinunter. Der unterirdische Bahnhof war weitgehend leer, die letzte U-Bahn durchgefahren, und die Polizei kontrollierte nur noch sporadisch. Robert stieß Anne leicht an und wies auf die Kameras, die überall installiert waren. Sie schmunzelte und winkte ab.
»Wir sind nicht mehr als huschende Schemen
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