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Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel

Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel

Titel: Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel Kostenlos Bücher Online Lesen
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er sich nicht mehr erinnern konnte, weil er so schwach geworden war und ihn die Furcht vorantrieb, zu spät zu kommen. Vielleicht ging er deswegen wieder vorwärts in der Zeit ...
    Aber er war sich seiner selbst bewusst. Er war mehr als nur eine eigensinnige Erinnerung eines bereits erloschenen Bewusstseins, er war immer noch der Getreue. Der verbliebene Rest seiner Stofflichkeit bewies, dass seine Aufgabe nicht beendet war. Und dann waren da noch die Begegnungen mit sich selbst. Die Hilfestellung seines Bruders.
    Es war noch nicht vorbei. Egal, ob während seiner Reise auch Zeit vergangen war, die trotz der Rückkehr durch die Epochen nicht aufgeholt werden konnte.
    Die verstrichenen Stunden, während deren er sich auf der Reise irgendwo aufgehalten hatte – eine Rast, Unterhaltungen mit den Menschen der Vergangenheit, auch die Folter durch Telas –, vermochte er nicht durch einen temporalen Sprung nach vorn auszulöschen. Diese universelle Regel ließ sich nicht umgehen. Aber er glaubte ohnehin nicht, dass eine so lange Spanne vergangen war, dass seine Brüder die Welt inzwischen verlassen hatten. Dazu brauchte es Jahrzehntausende.
    Und nein, er empfand weder Schuld noch Sühne, keine Reue und keine Strafe. Er war der, der er war. Er kannte keine Zweifel.
    »Ihr seid nur Schatten«, stieß er nach seinem Ausbruch heiser hervor. »Aber ich habe keinen Schatten, nicht einen einzigen, begreift ihr das nicht? In keiner Sphäre. Ihr könnt keine Zweifel in mir erwecken, da sie auch nur Schatten sind. All dies trifft nicht auf mich zu. Was ich getan habe, und mag es noch so verwerflich erscheinen, hatte einen Grund. Ich tue niemals etwas ohne Grund. Und jeder einzelne davon ist berechtigt.«
    Welch armer Narr.
    Welch tumber Tor.
    Welch Parodie.
    Er hörte nicht mehr auf sie. Sie konnten ihn nicht aufhalten, und ihre Angriffe zielten ins Leere. Es fiel ihm noch immer schwer, den Weg zu beschreiten, aber das war auch kein Wunder. Die Zeit war etwas anderes als eine Sphäre, deren Grenze sich leichter überwinden ließ.
    Doch er würde es schaffen. Alle Hindernisse waren beseitigt. Es blieb nur noch der eine, einzige Schritt. Er zwang sich dazu.
    Und damit war er auf der anderen Seite angekommen.
    Am Ende der Welt.
    Laue, süße Luft und Vogelgezwitscher erwarteten ihn. Eine Explosion an Farbenpracht. Ein Grasteppich, weicher als ein Kaiserbett.
    Der Getreue stieß einen schwachen Laut aus und brach zusammen.
    Ein Kolibri landete auf seiner Hand, ein schillerndes Juwel mit schwirrenden Flügelchen. Neugierig beäugte das Tier die Dunkelheit unter der Kapuze. Eine Schwalbe landete auf dem verhüllten Kopf und pickte am Stoff seines Umhangs. Auf leisen Sohlen kam ein Panther mit goldgelbem, schwarz gesprenkeltem Fell herangeschlichen und legte sich schnurrend zu ihm. Ohne Scheu kam eine hochbeinige, graziöse Gazelle dazu und bettete den zierlichen gehörnten Kopf in seine Armbeuge.
    Mir wird schlecht
, schoss es dem Getreuen durch den Kopf. Nur mit Mühe konnte er seinen Magen davon überzeugen, sich nicht umzustülpen.
    In der Nähe rauschte ein Wasserfall in Kaskaden in einen See, aus dem sich große Fische halb an Land schoben und ihn beobachteten. Libellen von doppelter Handspannenlänge, nicht weniger schillernd wie die Kolibris, schwirrten hin und her, als wären sie Boten und stets in Eile. Ein Adler zog hoch oben seine Kreise und pfiff, woraufhin zwei Kaninchen herangehoppelt kamen. Neugierig beschnupperten sie den Getreuen mit lebhaft zuckenden Nasen. Überall in den großen, blühenden Büschen um ihn herum sang und zirpte es.
    Zuletzt erklang weicher Flügelschlag, und dann landete Pegasus anmutig. In der Sonne leuchtete sein geflügeltes Ross wie mattes Silber.
    Das ist ein Albtraum
, dachte der Getreue in aufkommender Panik.
    Er konnte sich nicht bewegen, sämtliche Kräfte hatten ihn verlassen – allerdings nur die körperlichen. Sein Bewusstsein immerhin schien einigermaßen stabil, wenngleich an der Grenze zwischen Wahnsinn und Euphorie, kurz vor der Ohnmacht. Aber nicht vor dem Erlöschen.
    Das also ist das Ende.
    »Und der Anfang«, erklang eine Stimme, lieblich wie ein frisch entspringender Quell. »So findet sich alles, und des Rätsels Lösung ist einfach: Dort, wo das Ende liegt, findest du den Anfang.«
    Ein bezauberndes Gesicht schob sich in sein Blickfeld, rosenrote Lippen lächelten ihn an.
    »Arethusa ...«, flüsterte er.
    »Du erinnerst dich an mich, Liebster?« Die Nymphe von Sizilien und

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