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Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel

Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel

Titel: Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel Kostenlos Bücher Online Lesen
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unter Schlägen und Tritten, mit Gewalt und Demütigung mitnahmen. Das konnte ich nicht zulassen, und deshalb sorgte ich für ihre Befreiung. An vielen Orten fanden nun Aufstände statt, und die Bauern rotteten sich zusammen. Wir wollten lieber sterben, als den Kaiserlichen dienen zu müssen. Offiziere, Adlige und Beamte schlossen sich uns an und übernahmen die Führung. Zwei Niederlagen erlitten die Besatzer, und sie baten daraufhin um einen Waffenstillstand.
    Es war inzwischen Mitte Dezember, und uns allen war klar, dass wir die Zeit des Waffenstillstands nicht tatenlos verbringen durften. Die Menschen erfroren auf den Straßen, sie hatten keine Nahrung, keine Kleidung. Es musste schnell etwas geschehen.
    Die Münchner Bürgerwehr sagte uns Unterstützung zu, wenn wir aufmarschieren würden, um unsere Residenzstadt zu befreien.
    Und so nahm das Unheil seinen Lauf.
    Ich sage es ohne Umschweife: Die Anführer waren nicht weniger zimperlich als die Kaiserlichen. Weil der Aufstand nur noch einmal gewagt werden konnte und mit so vielen Leuten wie möglich, waren es die Unseren, die jeden, der eine Waffe in der Hand halten konnte, zum Marsch zwangen. Damals hielten wir es für die einzige mögliche Strategie, um zum Erfolg zu gelangen. Wir mussten schnell und in großer Zahl zuschlagen. Auch ich habe die Vorgehensweise befürwortet. Es waren harte Zeiten, was sollten wir tun? Wir alle waren beseelt von Heimatliebe und Untertanentreue Max Emanuel gegenüber, den wir in seiner Residenz wieder einsetzen wollten.
    Und am 25. Dezember kam es zur großen Schlacht. Wir stürmten das Rote Tor und machten uns an die Befreiung Münchens.
    Aber längst hatte man uns verraten. Die Kaiserlichen waren in der Überzahl und auf uns vorbereitet. Sie waren besser ausgebildet, besser genährt, besser bewaffnet. Wir kämpften nur mit Forke und Heugabel, mit allem, was wir an uns bringen konnten, und nur wenige gute Waffen waren dabei.
    Sie rieben uns auf. Husaren, Würzburger, Franken, Österreicher. Sie gingen mit unglaublicher Brutalität gegen uns vor, rasend vor Hass, weil wir ihnen Schande bereiteten. Wir, einfache Bauern, wagten einen unstandesgemäßen Aufruhr gegen kaiserliche Truppen! Das konnten sie nicht zulassen.
    Ich führte die letzten Überlebenden in die Pfarrkirche in Sendling, weil ich darauf hoffte, dass die Kaiserlichen als rechtgläubige Christen zumindest am Weihnachtstag den heiligen Bezirk achten und uns lediglich belagern würden, aber nicht angriffen. Das wäre nach Anstand und Moral angebracht gewesen!
    Doch ich war ein alter Narr, sentimental geworden, immer noch auf das Gute und Edle hoffend. Ich täuschte mich.
    Für die Kaiserlichen waren wir keine Menschen, sondern Tiere – Schädlinge, die ausgemerzt gehörten. Sie erkannten uns nicht als Brüder an, obwohl der eine oder andere von uns Jahre zuvor gemeinsam mit ihnen gegen die Türken gezogen sein mochte.
    Sie stürmten die Kirche und rissen sie ein. In einem beispiellosen Blutbad metzelten sie jeden Einzelnen von uns nieder, hackten selbst die Toten noch in Stücke. Und damit nicht genug, plünderten sie noch ganz Sendling, um ein Exempel zu statuieren. Anderswo geschah Ähnliches – wer sich ergab, wurde zuerst entwaffnet, dann niedergemacht.
    Der Wahnsinn bemächtigte sich meiner, als ich das mit ansehen musste. Ich konnte nicht glauben, was da geschah. Das hatte nichts mehr mit Kriegführung zu tun, mit Verteidigung einer politischen Gesinnung! Das war unmenschlich.
    In blinder Raserei nahm ich meine Keule und wütete unter den Feinden nicht minder grausam wie sie unter uns. Ich stieg über die furchtbar entstellten Leichen meiner gefallenen Kameraden, watete knietief in Blut und schlug und schlug ...
    Die Stimme des Schmiedes verhallte, und sein Leib zuckte, als er den Moment seines Todes erneut durchlebte.
    »Es heißt«, setzte Robert den Faden fort, »dass der Schmied als der letzte der Aufständischen starb. Elfhundert Bauern verloren in jener Nacht ihr Leben. In den kommenden Wochen wurden auch noch die letzten aufrührerischen Bestrebungen niedergemacht. Insgesamt zehntausend Aufständische verloren in weniger als einem Monat ihr Leben, viele der Anführer wurden öffentlich auf grausamste Weise hingerichtet. Das Massaker ging als Sendlinger Blutweihnacht in die Annalen ein. Eines der schrecklichsten und dunkelsten Kapitel in der Geschichte des bayerischen Volkes.«
    »Vor allem deswegen«, ergänzte Tom, »weil Max Emanuel selbst den Aufstand

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