Schatten Der Erinnerung
Raumes und beobachtete die beiden wie ein Habicht. Sie lächelte Edward zu und wünschte gleichzeitig, Slade würde zu ihr kommen. Aber er kam nicht. »Ich fühle mich nur ein wenig schwach.«
Edward nahm ihren Arm. »Kein Wunder. Ich wäre mehr als nur ein wenig schwach, wenn ich soeben dieses Versprechen abgelegt hätte. Hast du Bedenken, Elizabeth?«
Sie sah ihn aufmerksam an. »Nicht, was Slade angeht.«
Er musterte sie und lächelte. Sein Lächeln war genauso mitreißend und entwaffnend wie immer. Aber sie sah den Schatten in seinen Augen. Er hatte ihre Andeutung verstanden, ignorierte sie aber, als Gentleman, der er war.
»Gut. Ihr zwei passt perfekt zueinander.« Dann verschwand sein Lächeln, und er wurde ungewohnt ernst. »Vertraue mir.«
Regina unterdrückte einen tiefen Seufzer. Er hatte die Doppeldeutigkeit ihrer Worte doch nicht ignoriert, sondern gab ihr eine ebenfalls zweideutige Antwort. Sie vermochte nichts darauf zu erwidern.
Nun beugte er sich zu ihr und streifte ihre Wange mit seinen warmen Lippen. »Es gibt niemanden, den ich mehr liebe als meinen Bruder«, sagte er. Sein Lächeln, das seine Grübchen zeigte, kehrte zurück. »Und du bist jetzt seine Frau.«
Regina sah ihm nach, als er wegging. Edward wusste es also. Er hatte- ihr eben indirekt zu verstehen gegeben, dass er ihr gegenüber loyal sein würde, unabhängig davon, wer sie in Wirklichkeit war, weil sie seinen Bruder geheiratet hatte. O Gott, gab es denn außer Slade keinen, der von ihrem Theaterspiel nichts wusste? Zögernd glitt ihr Blick zu ihrem Schwiegervater. Wie Slade, der immer noch mit einem unergründlichen Gesichtsausdruck neben seinem Vater stand, beobachtete Rick sie. Strahlend erhob er sein Weinglas.
»Auf die Braut«, rief er. Dann warf er seinem Sohn einen warmen Blick zu. »Und auf den Bräutigam. Auf die zwei frisch Verheirateten. Auf die Zukunft.«
Er kam nicht und würde auch nicht mehr kommen. Das war Regina jetzt klar.
Inzwischen war es war fast Mitternacht geworden. Seit dem Ende des Abendessens vor drei Stunden wartete sie auf ihn. Sie hatte das dünne, elfenbeinfarbene Seidennachthemd angezogen, in dem er sie so hinreißend gefunden hatte, als er einmal in ihr Zimmer gekommen war, um sie zu wecken. Es war hochgeschlossen und hatte lange Ärmel. Durch den zarten Stoff schimmerte jede Rundung ihres Körpers hindurch. Obwohl es skandalös war, trug sie nichts darunter. Die Seide fühlte sich auf ihrem Körper überaus köstlich an.
Sie hatte gebadet sich parfümiert und ungeheuer viel Mühe auf ihr goldblondes Haar verwendet. Dann hatte sie sich in aufreizend verführerischer Pose auf das Bett gelegt, die Laken um die Taille drapiert. Aber er war nicht gekommen, und inzwischen war sie sicher, dass er auch nicht mehr kommen würde.
Sie war außer sich.
Er hatte sie wegen ihres Geldes geheiratet und machte daraus auch keinen Hehl. Dennoch hatte Regina erwartet, dass er ihr in jeder Hinsicht ein Ehemann sein würde. War sie zum Narren gehalten worden? Er hatte wohl gar keine Ehefrau, sondern nur eine Erbin gesucht. Sie, Regina, war es, die einen Mann gewollt hatte - die Slade zu ihrem Mann haben wollte.
Barfuß erhob sie sich. Schmerz und Zorn trieben ihr Tränen in die Augen. Heute Nacht hatte sie als Einladung extra eine ihrer Schlafzimmertüren offengelassen. Beim Hinaussehen bemerkte sie, dass es keinen Nebel gab, der Himmel war tintenblau, der Vollmond leuchtete strahlend hell. Ihre Blicke wanderten wieder nach unten. In seinem Zimmer auf der anderen Seite des Hofes brannte Licht.
Er war also ebenfalls wach.
Blitzschnell traf sie eine Entscheidung, über die sie auch nicht eine Sekunde nachzudenken wagte. Sie hastete aus dem Zimmer. Ein kurzer Blick zeigte ihr, dass das übrige Haus im Dunkeln lag. Als sie am Brunnen vorbeikam, verlangsamte sie ihre Schritte.
Beide Türen seines Zimmers waren weit geöffnet, nur die Fliegentüren geschlossen. Reginas Herz hämmerte laut und schnell, und sie hatte ein beengendes Gefühl in der Brust. Obwohl die Nacht kühl war, schwitzte sie in ihrem dünnen Nachthemd. Was sie tat, war verwegen und aufdringlich. Die meisten Damen wären dankbar, von den Aufmerksamkeiten ihres Ehemannes verschont zu bleiben. Beinahe wäre sie stehengeblieben. Noch nie in ihrem Leben hatte sie so impulsiv und entschieden gehandelt. Aber jetzt gab es kein Zurück mehr, und ihr blieb keine Zeit, um sich über ihre Handlungsweise zu wundern. Entschlossen trat sie in den Schein der
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