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Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Titel: Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Norda
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und die Sonne war gerade dabei unterzugehen. Ich kannte das alles hier! Jedes
Jahr war ich als Kind mit meinen Eltern hierhergekommen.
    »Wir sind in Ahlbeck?« Meine Kinnlade
fiel mir herunter und ich drehte mich in Roberts Richtung.
    »Freust du dich?« Er stellte die
Frage aus purer Höflichkeit. Dass ich mich freute, hätte mir selbst ein Blinder
ansehen können.
    »Ich war hier nicht mehr seit…«
    »...fünfzehn Jahren«, vollendete er
wie selbstverständlich meinen Satz. »Dein Vater hat mir alles erzählt. Ich habe
versucht, euer altes Ferienhaus zu buchen, aber das gibt es schon lange nicht
mehr. Aber ich glaube, ich habe auch was ganz Schönes entdeckt. Wenn ich also
bitten darf, Madam?« Er reichte mir seinen Arm und ich hakte mich bei ihm unter
– froh, mich abstützen zu können. Dieser Ort war voller wunderbarer und
glücklicher Erinnerungen und nun würde ich mit dem Mann an meiner Seite, den
ich über alles liebte, noch weitere hinzufügen. Meine Knie wurden ganz weich.
    »Ähm Robert, wo willst du hin? In die
Richtung ist doch nur noch die Promenade.«
    »Ja ich weiß mein Schatz«, sagte er
und strahlte über das ganze Gesicht.
    Als der Groschen fiel, blieb ich wie
angewurzelt stehen und starrte ihn an. »Das meinst du doch nicht ernst! Das
kostet doch ein Vermögen!!!«
    Er zog an meinem Arm, wollte mich zum
Weitergehen bewegen, aber ich blieb versteinert. »Emilia, muss ich dich jetzt
etwa den Rest des Weges tragen?«
    »Du bist verrückt!« Meine Stimme
überschlug sich.
    Die Hotels auf der Promenade hatte
ich als kleines Kind immer bestaunt, wie die Schönen und vor allem Reichen dort
abgestiegen waren. Mit ihren feinen Hüten und Kleidern. Niemals hätte ich mir
vorstellen können, einmal selbst dort Gast zu sein. Unser altes Ferienhaus hatte
viel weiter hinten gestanden und selbst das war schon unverschämt teuer, wie
meine Mutter immer wetterte. Das ist eben Usedom, wand mein Vater dann ein, und
ich will nicht, dass meine beiden Königinnen auf Luftmatratzen schlafen müssen.
Wir waren immer voll beladen wie Packesel zwanzig Minuten zum Strand gelaufen
und hatten dort den ganzen Tag verbracht. Es war so eine glückliche Zeit
gewesen – unbeschwert und frei.
    »Ich bin nicht verrückt. Ich liebe
dich einfach!«, sprach er und zog mir den Boden unter den Füßen weg.
    Auf seinen Armen thronend betraten
wird die Eingangshalle und vorsichtig setzte er mich vor der Rezeption ab. Ein
riesiger Kronleuchter hing von der Decke und als ich durch die Eingangstür
blickte, konnte ich das Meer förmlich greifen – keine zwanzig Meter von mir
entfernt.
    Ein Portier brachte unser Gepäck auf
einem dieser typischen messingfarbenen Kofferwagen. Wo hatte er denn auf einmal
unsere Koffer her? Wir hatten doch gar keine Tasche dabei gehabt, als wir das
Auto verlassen hatten.
    Sanft umschlag Roberts Arm meine
Hüfte und führte mich zum Fahrstuhl. Geschickt verdeckte er die Etagenanzeige
mit seinem Körper, so dass ich nicht sehen konnte, in welchem Stockwerk wir
wohnen würden.
    Als sich die Fahrstuhltüren öffneten,
fühlte es sich an, als würde ich hoch über dem Meer schweben. Vor uns
erstreckte sich ein riesiges Panoramafenster und bot freien Blick auf das
Wasser. Als ich mich kurz zum Fahrstuhl umwand war ich mir sicher – wir waren
in der höchsten Etage. Und was war für gewöhnlich in der höchsten Etage eines
Hotels? – die Suiten.
    »Du musst auch atmen«, witzelte
Robert. Ich versuchte seinem Vorschlag nachzukommen, aber das war gar nicht so
einfach. Das alles hier war atemberaubend.
    »Und nun zu deiner letzten
Überraschung«, sagte er und zog einen roten Seidenschal aus der Tasche. »Dreh
dich bitte um.«
    Geschickt und zärtlich verband er mir
die Augen. Ich konnte nichts mehr sehen und spürte nur noch seine Hände auf
meinen Hüften ruhen, die mich sacht nach vorn drückten. Vorsichtig schob ich
einen Fuß vor den anderen.
    »Hast du dir das auch gut überlegt?
Du weißt doch wie talentiert ich sein kann«, stotterte ich. Und ich hatte
wirklich Angst, über meine eigenen Füße zu stolpern und der Länge nach auf dem
Boden aufzuschlagen. Der Teppich unter meinen Füßen fühlte sich dick und
flauschig an. Wahrscheinlich war es nicht einmal schlimm, auf ihm zu landen.
    »Ich würde dich niemals fallen lassen«,
flüsterte er.
    Ich hörte, wie eine Tür geöffnet
wurde und versuchte mich mit der Hand am Türblatt festzuhalten.
    Langsam glitt die Augenbinde herunter
und ich musste schlucken.

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