Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)
es ihr
sagen?«
Ich wand mich ab und ging.
Alexander hatte an dem Abend nicht
mehr mit mir geredet und ich glaubte nicht daran, dass er es in naher Zukunft
tun würde. Für ihn war ich immer noch ein dünnes Glas, das bei jedem falschen
Ton zu zerspringen drohte.
Sie würden ein Kind bekommen, bald
wären die beiden zu dritt, eine kleine heile Familie. Es war etwas, dass ich
nie haben würde. Robert war zwar bei mir, aber niemals würden wir eine
glückliche Familie sein können, mit lachenden Kinderstimmen und herumliegendem
Spielzeug.
Ich verstand Natascha. Es musste sie
einiges an Überwindung gekostet haben, es nicht bereits in die Welt
herauszuschreien. Wie sehr musste sie Alex lieben, dass sie seine Sorge
über ihr Glück stellte – seine Sorge um mich.
Für ihn war ich immer noch die
zurückgelassene Witwe. Würde sich daran jemals etwas ändern?
Erst Jessica, die mir nichts von der
Liebe ihres Lebens erzählt hatte und nun auch noch Alexander – er, der Vater werden
würde und es mir nicht anvertraute.
Wie einfach war doch alles noch bei
meinem letzten Geburtstag gewesen.
Kapitel 13
Juni - vor einem Jahr
Eng umschlungen, gefangen in Roberts
Armen, wachte ich auf und sah auf die Uhr.
»Ach du Scheiße!«, fluchte ich und
versuchte mich aus dem Schraubstock zu befreien, der mich immer fester
umspannte. »Lass mich los! Ich hab verschlafen!« Doch seine Umarmung wurde nur
noch inniger.
»Wie spät ist es denn?«, murmelte er
von der Seite, die Augen noch immer geschlossen.
»Es ist schon um elf! Der Wecker ist
kaputt! Scheiße! Er hätte schon vor vier Stunden klingeln müssen.« Wieder
versuchte ich mich aus der Umklammerung zu lösen.
»Der ist nicht kaputt, ich habe ihn
ausgestellt«, sprach Robert mit einer Seelenruhe, die überhaupt nicht zu meinem
Gemütszustand passte und grinste hämisch.
»Bist du von allen guten Geistern
verlassen!«
Was hatte er sich nur dabei gedacht?!
Entgeistert starrte ich ihn an.
»Du warst in den letzten Wochen so
geschafft, da hab ich mir gedacht, dass es dir mal gut tun würde, richtig
auszuschlafen.« Meine Augen wurden immer größer. War er wahnsinnig? »Und
außerdem musst du heute nicht auf Arbeit. Du hast Urlaub«, fügte er hinzu,
immer noch breit grinsend und drückte mir einen Kuss auf die Wange. »Alles Gute
zum Geburtstag mein Schatz!«
»Aber wie…«
»Zugegeben ich hatte fremde
Unterstützung. Clara hat dich wirklich sehr ins Herz geschlossen, weißt du?«
Sie steckte also dahinter, das hätte ich mir ja gleich denken
können. Etwas verärgert ließ ich mich zurück in mein Kissen fallen.
»Du bevormundest mich!«
»Nein mein Schatz, das tue ich nicht.«
Diesmal traf sein Kuss meine Lippen, die immer noch einen Spalt vor Entrüstung
aufstanden. »Ich habe geschworen, dich zu lieben und zu ehren und für dich zu
sorgen. Ich halte mich nur an unser Ehegelübde.«
»Das sind aber ganz schön unfaire
Mittel, findest du nicht?«, wand ich ein und diesmal war ich diejenige, die ihn
küsste.
»Manche Menschen muss man eben zu
ihrem Glück zwingen. Ruh dich noch ein bisschen aus, ich mach Frühstück. Und
dann müssen wir los, damit wir heute noch ankommen.«
Wieder sah ich ihn verwundert an. »Was
hast du vor?«
»Nichts Besonderes, nur eine kleine
Reise – du hast den Rest der Woche frei. Das muss doch genutzt werden, oder?«, antwortete
er und war auch schon durch die Schlafzimmertür verschwunden.
Ich kam seiner Aufforderung nach und
kuschelte mich zurück in meine Decke. Eine Reise – Urlaub, das letzte Mal lag
schon eine gefühlte Ewigkeit zurück.
* * *
»Und du willst mir immer noch nicht
sagen, wohin wir fahren?« Ich blickte aus dem Fenster und die Autobahn zog an uns
vorbei. Alles was ich wusste war, dass wir in Richtung Norden unterwegs waren,
kurz vor Berlin.
Unbeirrt blickte Robert weiter auf
die Straße. »Wenn ich es dir sagen würde, wäre es doch keine Überraschung mehr,
oder? Versuch doch noch ein bisschen zu schlafen, eine Weile wird es noch
dauern. Auf dem Berliner Ring ist mal wieder Stau.« Er konnte ja so stur sein.
Ich schmollte noch ein bisschen vor
mich hin, doch dann fielen mir wie von selbst die Augen zu.
Ein sanftes Rütteln an meiner
Schulter riss mich aus dem Schlaf. »Hey meine Schlafmütze, wir sind da«,
flüsterte Robert mir ins Ohr und küsste mein Ohrläppchen.
Als ich das Auto verließ, hörte ich
das Rauschen von Wasser – des Meeres – und es war ganz nah. Die Luft schmeckte
salzig
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