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Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Titel: Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Norda
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in der
Politik stritten sie immer noch um die Subventionierung von Wohnraum und die
Konjunktur schien wieder stabil zu verlaufen. Als ich beim Lokalteil ankam,
tropfte ein riesiger Klecks Honig auf die Zeitung.
    »Verdammter Mist!«, fluchte ich und
versuchte das klebrige Zeug mit einem Taschentuch aufzutupfen. Es war ein eher
hoffnungsloses Unterfangen. Teile des Taschentuches blieben an der Zeitung
haften und fast die gesamte Seite wurde zu einem mit Fusseln beklebten Buchstabensalat.
    Nur der oberste Artikel war noch
halbwegs lesbar.
    Gesuchter Vergewaltiger tot in Gasse
gefunden
    Wie die Polizei berichtete, wurde
gestern Nacht der Leichnam eines gesuchten Vergewaltigers gefunden.
Nachweislich war er in den vergangenen zehn Jahren für unzählige Sexualdelikte im
Großraum Leipzig verantwortlich. Der Mann sei schon seit zwei Tagen tot gewesen,
wie der Polizeisprecher mitteilte. Vermutlich sei er einem Herzinfarkt erlegen.
Neben dem Leichnam wurde ein blutbeschmiertes Messer sichergestellt, wobei die
Blutspuren nicht von dem Toten selbst stammten. Noch immer ist unklar, ob es
sich hierbei um das Blut eines weiteren Opfers handelt.
    Sollten Sie den Tathergang beobachtet
haben, melden Sie bitte sachdienliche Hinweise an die Polizeidirektion Leipzig.
    * * *
    Es klingelte – Punkt 18 Uhr. Ich
hätte gar nicht auf die Uhr sehen müssen, Jessica war immer pünktlich.
    Als ich die Tür öffnete, sah ich den
Flur vor lauter Blumen nicht. Jessica hielt einen riesigen Strauß weiße Lilien
in den Händen.
    »Wie ich sehe, hast du meine
Anweisungen befolgte. Braves Mädchen.« Sie schielte zwischen den Blumen hindurch,
um einen Blick auf mein Outfit zu werfen. Ich hatte mich für ein weißes luftiges
Baumwohlkleid entschieden. Alles andere wäre bei den Temperaturen zu viel
gewesen. »Nun komm Geburtstagskind, wir müssen uns beeilen, sonst kommen wir
noch zu spät.« Ihr Arm packte mich und zog mich nach draußen.
    Als ich auf der Straße stand, traute
ich meinen Augen nicht. Dort stand eine riesige Stretchlimousine – schneeweiß
und auf Hochglanz poliert.
    »Was soll das denn?«, sah ich Jessica
entrüstet an. Das Ding musste ein Vermögen gekostet haben.
    »Jetzt reg dich wieder ab. Heute ist
dein Ehrentag und man wir immerhin nur ein Mal ein viertel Jahrhundert alt.«
Ich war immer noch nicht beruhigter.
    »Und wir fahren ja auch nur eine
halbe Stunde mit dem Ding, also keine große Sache!«, wand sie ein und schob
mich auch schon in das Innere dieses Geschosses – das hatte definitiv nichts
mehr mit einem Auto zu tun.
    Es sah genauso aus, wie in den
Highschool-Filmen, in denen eine Horde pubertierender Jungs versuchte, die
Mädchen ihrer Wahl bei der Fahrt auf den Schulball zu beeindrucken. Die Sitze
waren in einer langen Bank um den Innenraum gezogen und mit weißem Leder
bespannt. An der Decke waren kleine Lampen angebracht und auf dem dunklen Holz
sah es aus wie der Sternenhimmel.
    Hibbelig wippte Jessica vor mir auf
und ab. »Und gefällt es dir? Nun sag schon!«
    »Das ist… unglaublich!«
    Zufrieden klopfte sie an die Scheibe
zum Fahrerbereich, lehnte sich auf ihrem Sitz zurück und wir fuhren los.
    »Dann wart‘s mal ab. Das ist nur die
Vorspeise.« Jessica schien selbst äußerst zufrieden mit ihrem Plan zu sein.
    Wir fuhren eine halbe Stunde. Ich
hatte es irgendwann aufgeben aus dem Fenster zu blicken und dabei
nachzuvollziehen, wohin die Reise ging. Wir schlürften dekadent Champagner aus
Kristallgläsern und ließen uns die handgemachten Pralinen schmecken.
Schließlich waren sie im Preis inklusive, da konnte man das alles ja schlecht
verkommen lassen, hatte Jessica eingewandt.
    Wenn ich bei dem Anblick der
Limousine schon überrascht war, dann war dass, was sich mir beim Aussteigen bot,
atemberaubend.
    »Also da wären wir. Ich wusste, dass
du es mehr genießen könntest, wenn wir draußen feiern«, flüsterte mir Jessica
ins Ohr, nahm meine Hand und ging mit mir zu den anderen.
    Ich sah in die Runde. Da stand
Christoph, zu dem sich nun auch Jessica gesellte, Alexander und Natascha und zu
meinem Leidwesen einige frühere Kommilitonen, die man immer nur auf Partys
wieder traf – und sie alle trugen weiß. Von den Bäumen hingen weiße Bänder und
unter einem Festzelt entdeckte ich ein riesiges Buffet. Überall standen hüfthohe
Vasen mit Lilien, deren Duft die Luft schwängerte.
    »Auf das Geburtstagskind!«, rief
Jessica. Alle anderen erhoben ihre Gläser und stimmten mit ein. Mein Körper
glitt von

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