Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)
Mist alleine nach Hause schleppen dürfen.
Bepackt mit drei großen Einkauftüten
trottete ich nach Hause. Die Plastikgriffe schnitten tief in meine Haut und
meine Finger wurden ganz taub. Immer wieder musste ich anhalten, um die Tüten
abzustellen und meine Hände zu massieren, damit wieder Blut durch sie floss.
Warum musste frisches Gemüse auch so unförmig und schwer sein?
Als ich endlich meine Küche betrat
saß Robert bereits am Tisch. Er schielte mich ungeduldig an und noch immer
wirkte er verärgert. Oder war er einfach nur ernst? Ich konnte das alles nicht
einordnen. Wenn er mir immer noch böse war, was machte er dann hier?
»Keine Sorge, ich komme klar. Bleib
ruhig sitzen«, grummelte ich ihm entgegen. Wenn er pampig sein wollte – ich
konnte das auch. Ich stapelte den gesamten Tüteninhalt auf dem Küchentisch und
sah ich ihn fragend an. »Und nun?«
»Nimm den großen Topf und setzt
Wasser darin auf. Auf einen vollen Wassertopf brauchst du circa einen Teelöffel
Salz. Wenn das Wasser kocht, gibst du die Nudeln dazu. Aber das dauert noch
eine Weile.«
Ich tat alles genau wie beschrieben
und konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. Sicherlich, ich konnte nicht
kochen, aber wie man Nudeln zubereitete, wusste selbst ich. Allerdings schluckte
ich jeglichen Kommentar herunter. Das würde seine Laune auch nicht aufhellen.
»In der Zwischenzeit schälst du eine
Zwiebel und legst sie in kaltes Wasser. Dann musst du nachher beim Schneiden
nicht so weinen.« Er
beobachte jeden meiner Handgriffe akribisch. »Sehr gut und nun nimm den
Knoblauch. Trenn eine Zehe ab und jetzt nimmst du das Messer und drückst mit
der flachen Seite darauf, so lange bis es ein knackendes Geräusch gibt. So
kannst du ihn besser schälen.«
Woher wusste er das alles? Ich kam
mir vor wie in einer Kochshow. Hatte ich die Kameras übersehen?
»Pass auf! Die Nudeln…« , donnerte Robert und ich konnte den
Deckel im letzten Moment hochheben, damit das Wasser nicht den gesamten Herd
überschwemmte. Leider hatte ich in der Eile vergessen, einen Topflappen zu
nehmen und das heiße Metall brannte sich in meine Haut.
»AU!«, schrie ich auf und sah
erschrocken auf meine roten Finger.
»Herr Gott Emilia« , sagte er wütend und auch ich sah
ihn nun zornig an. Was auch immer in ihn gefahren war, ich wünschte es zum
Teufel.
Er schien meinen Frust zu spüren und
Besorgnis zeichnete sich um seine Augen ab . »Komm zum Waschbecken. Du musst
das kühlen.«
Nach ein paar Minuten fühlte sich
meine Hand betäubt an und auch der Schmerz war vergangen.
»Geht’s wieder?« Er fragte es ganz milde. Ich nickte
nur, sagte keinen Ton. »Gut dann kommt jetzt die Zwiebel an die Reihe. Du
musst sie ganz fein hacken. Sie soll ja nicht in riesigen Stücken in der Soße
schwimmen.«
Ich nahm mir ein Schneidebrett und
setzte gerade das Messer an, als er mich wieder anfuhr.
»Nicht so! Es dauert keine Minute und
du hast dir den Daumen abgesäbelt!«
»Wenn du es so besser weißt, dann mach
du das doch!«, feuerte ich ihm laut entgegen und ließ das Messer auf die
Arbeitsplatte knallen. Besser ich hielt es nicht mehr in der Hand. Ich hätte es
womöglich noch nach ihm geworfen.
Ich sah wie er mehrfach tief
durchatmete und dann auf mich zukam.
»Sieh genau auf meine Finger. Du
musst eine kleine Höhle mit ihnen formen. Dann kann das Messer an deinem
Fingerrücken herabgleiten und deine Fingerkuppen sind in Sicherheit.«
Ich versuchte seine Handbewegung nachzuahmen.
Das ging wirklich besser, musste ich eingestehen, aber das würde ich ihm
bestimmt nicht sagen – so wie er mich im Moment behandelte. Robert nickte
wohlwollend und trat dann wieder einen Schritt zurück, um mir genügend Platz
zum Arbeiten zu lassen
Und so ging es weiter. Mein Magen
knurrte immer wieder laut auf und ich war kurz vorm Verhungern. Aber ich
beschwerte mich nicht. Nicht ein Mucks kam über meine Lippen. Es wäre sowie
falsch gewesen, zumindest beschlich mich immer mehr das Gefühl.
Ich schnitt die Paprika in Streifen,
dünstete das Hähnchenfleisch in der Pfanne an und gab dann das gesamte Gemüse
dazu. Nachdem die Nudeln fertig waren, wanderten auch sie in die Pfanne und zum
Schluss wurde alles mit Sahne abgelöscht.
»Streu noch etwas Schnittlauch
darüber. Dann sieht es schöner aus«, wand er ein, als ich mir bereits einen Teller schnappen wollte,
um das Ganze zu verschlingen.
»Es sieht schöner aus? Ist das dein
Ernst?«
»Man isst auch mit den Augen.
Außerdem gibt
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