Schatten der Lust
sie eher zornig, als dass sie sich vor ihm ängstigte, vor allem nach dem, was Valdez dem Löwen angetan hatte.
Sie holte sich Kraft aus der sie umgebenden Luft, malte mit dem Zeh eine Schutzrune in den Sand und gab ihre Magie hinein.
Ein schwacher gelber Glanz leuchtete um die Rune auf: die Farbe der Luftmagie.
Dann legte Leda das Gewehr an und zielte auf die Pforte. »Ich kann dich sehen!«, rief sie. »Rauskommen!
Sofort!
«
Mukasa trat in den Lichtkreis. Das tiefe Knurren war typisch für einen gereizten Löwen, aber Leda war nur froh, ihn lebend und unversehrt zu sehen.
»Ich warte«, rief sie. »Ich schieße gleich, und, glaub mir, ich bin eine sehr gute Schützin!«
Sie spürte, wie der Mann vom Gehege aus in ihre Rune eindrang. Wie konnte er das? War er ein Zauberer? Ein Dämon? Aber nein, sie fühlte überhaupt keine Todesmagie. Andererseits war ein richtig starker Dämon oder Vampir in der Lage, seine Todesmagie zu verbergen – ein wenig beruhigender Gedanke.
Der Mann kam weiter nach vorn, bis zur inneren Pforte. Jedes Gehege war mit zwei Pforten gesichert, zwischen denen ein schmaler kurzer Gang lag. Auf diese Weise konnten die Tiere nicht an Leda oder ihrem Helfer vorbeistürmen, wenn sie hinein- oder hinausgingen.
Beide Pforten waren über eins achtzig hoch, doch der Mann überragte sie um knapp zwanzig Zentimeter, und seine Schultern waren beinahe genauso breit wie die Pforte. Zwar ließ das Flutlicht sein Haar golden schimmern, leider aber lag sein Gesicht im Schatten. Vorsichtig sandte Leda etwas von ihrer Magie zu ihm, um zu ergründen, was er war.
Daraufhin schlug ihr eine solch mächtige Lebensmagie entgegen, dass es sie fast umgehauen hätte. Er musste sie mit einer unglaublichen Intensität ausstrahlen. Staunend beobachtete sie, wie der Sand zu ihren Füßen aufwirbelte und ihre Schutzrune komplett ausfüllte.
»Komm raus!«, wiederholte sie streng. »Lass meinen Löwen in Ruhe!«
Mukasa trottete zu dem Mann und blieb neben ihm stehen, bevor sich das mächtige Tier auf die Hinterbeine stellte und die Vorderpfoten gegen die Brust des Fremden stützte. Sprachlos sah Leda mit an, wie sich der Löwenkopf mit der gewaltigen Mähne am Oberkörper des Mannes rieb.
»Ist sie immer so?«, fragte der Mann den Löwen. Seine Stimme klang tief und leise – es war die Art Timbre, wie Leda es sonst bloß aus ihren erotischsten Träumen kannte. Bei diesem Klang dachte sie an schwüle Nächte, kühle Laken und atemberaubendste Wonnen.
Mukasa antwortete mit einem Gurgellaut. Dann öffnete der Mann die Pforte und ging durch den Zwischengang – nein, vielmehr schlenderte er. Als er Anstalten machte, die Außenpforte zu öffnen, erschrak Leda.
»Mach erst die hintere Pforte zu!«, rief sie.
»Warum?«
»Weil er sonst mit rauskommt, darum. Mukasa ist schlau genug, sich an dir vorbeizudrängen.«
»Er will aber raus und sehen, was dort oben los ist.« Er deutete zu den dunklen Klippen, die sich hinter dem palmengesäumten Strand erhoben. Allerdings zeigte er nicht nur mit der Hand. Er hielt etwas Langes, Breites in der Hand, ein Schwert oder so etwas Ähnliches.
»Die Pforte zu, oder dieser Pfeil fliegt dir in die Brust!«
Der Mann drehte sich zu Mukasa um. »Tja, leider muss ich dich vorerst hierlassen, mein Freund.«
Der Löwe knurrte, drehte sich um und trottete wieder in den bewachseneren Teil des Geheges zurück.
Nun schloss der Mann die Pforte hinter sich, bevor er die zweite öffnete. Auch diese machte er sorgfältig wieder zu, ehe er ganz ins Licht trat.
Heilige Göttin des Mondes!
Nicht bloß seine Stimme war direkt Ledas erotischen Träumen entsprungen, sondern seine Gestalt ebenfalls: ein großer fester Körper in nichts als eine Jeans gehüllt, die auch noch sehr tief auf seinen Hüften saß. Ein Tattoo, das Leda nicht erkennen konnte, lugte oben aus dem Bund. Kräftige Muskeln wölbten sich an seinen Armen und unter dem goldbraunen Flaum auf seiner Brust, seine Hüften waren schmal, seine Beine muskulös. Unten guckten seine nackten Füße aus der Jeans.
Das Licht, das vom Haus herüberschien, betonte noch die goldenen Strähnen seines Haars, und nun fiel Leda auf, dass er ein sehr schönes Gesicht hatte. Am meisten beeindruckten sie seine smaragdgrünen Augen. Sie konnte sich sehr gut vorstellen, wie sie halb geschlossen und verführerisch auf sie hinabblickten, als wäre sie für ihn die einzige Frau auf der ganzen Welt.
Schlafzimmeraugen
, hätte ihre Mutter gesagt.
Hüte
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