Schatten der Vergangenheit (Junge Liebe) (German Edition)
den Heimweg machen. Zumindest soweit, bis sich unsere Wege trennen und ich letztlich mit Robert allein übrig bleibe, da er nur eine Straße von mir entfernt wohnt.
Natürlich verfallen wir den gesamten restlichen Weg dabei in Schwärmereien über Chris, was für eine Wahnsinnsfigur er hat, wie nett ein Kerl eigentlich sein kann und dabei noch so begnadet gut aussieht. Gegenseitig beteuern wir in unseren angetüdelten Köpfen, wie sehr wir Bea ihr Glück gönnen und einigen uns schließlich, wenn sich für uns niemand finden sollte, uns gegenseitig zu beglücken. Was logischerweise keine Minute ernst gemeint ist, aber dennoch ein angenehmes Gefühl bei uns hinterlässt, dass wir zumindest nicht jämmerlich vereinsamen werden.
„Naja, du has’ ja immerh’n no’ Hol’scher“, lallt Robert mir entgegen und schwenkt bedeutungsvoll seine Arme durch die Luft, wobei er gefährlich ins Schwanken gerät und ich instinktiv nach seiner Hüfte greife, damit er nicht rückwärts den Asphalt knutscht. Aber anstatt dankbar zu sein, kichert er nur amüsiert und tätschelt mir die Wange.
„Willsu mich angrabsch’n?“, kriegt er dabei kaum einen vernünftigen Satz auf die Reihe und bildet sich wahrhaftig ein, in seinem momentanen Zustand irgendwie verführerisch auf mich zu wirken.
„Lasch das bloß nisch die’n Hol’scher seh’n“, fuchtelt er mir mit seinem Zeigefinger wild vorm Gesicht herum, dass ich Angst bekomme, er könnte mir damit versehentlich ein Auge ausstechen, weshalb ich ihn abrupt in seiner Fuchtelei stoppe.
„Glaub mir, so voll wie du bist, würd ich nicht mal im Ansatz dran denken, irgendwas mit dir anzustellen. Du wärst ohnehin in zehn Minuten weggepennt. Meinst du, du schaffst es allein bis in deine Wohnung oder muss ich dich wie ne heiße Pizza abliefern?“, ist es jetzt an mir zu lachen, weil Roberts Gesichtsausdruck einfach nur göttlich ist, wie er hier versucht, beleidigt und gleichzeitig empört zu wirken, was ihm dank seines Promillespiegels gänzlich versagt.
„Schaff isch’ schon alleine. Bün ja sch’n groß“, klingt er zwar nicht gerade überzeugend, aber immerhin hat bisher jeder Besoffene wieder nach Hause gefunden, trotzdem beschließe ich vorsichtshalber hier unten zu warten, bis ich sehe, dass in seiner Wohnung oben Licht angeht.
Was sich allerdings als relativ zeitaufwendig herausstellt, weil er allein schon fast zehn Minuten benötigt, um die Haustür aufzuschließen. Woraufhin er im Treppenhaus verschwindet und ich nach weiteren zehn Minuten kurz davor bin, ihn womöglich schlafend von der Treppe aufzulesen, als bereits zum zweiten Mal das Licht im Eingang erlischt, bis endlich gedämpfte Beleuchtung in seinem Wohnzimmerfenster zu erkennen ist, was vermutlich von seinem Flur herrührt und er somit zumindest in seiner Wohnung angekommen ist.
Sicherlich hätte ich ihn auch einfach hinaufbringen können, was garantiert viel schneller über die Bühne gegangen wäre, aber ich kenne Robert und sein angekratztes Ego, wenn man ihn wie ein Kleinkind behandelt und das ist wirklich nicht schön. In dieser Beziehung kann er nämlich äußerst nachtragend sein, wie ich am eigenen Leib schon erfahren durfte und bringe ihn deshalb nach einem Saufgelage, nur noch auf seinen ausdrücklichen Wunsch bis zu seiner Wohnung.
Allerdings hat das Warten mich inzwischen auch müde genug gemacht, dass ich vielleicht sogar ohne größere Probleme gleich einschlafen kann und mich meine kreisenden Gedanken eventuell für heute ver schonen, sodass ich die letzten Meter bis zu meiner eigenen Unterkunft auf mich nehme, wo mich jedoch mein schlechtes Gewissen, in Form von Holger, eiskalt einholt und ich mich gleich wieder richtig schlecht fühle, als ich ihn vor meiner Wohnungstür wartend entdecke.
Dass er dabei ziemlich mitgenommen und verloren wirkt, macht es mir nicht gerade leichter, ihm mit einigermaßen Abstand gegenüberzutreten, den er im ersten Moment, als er mich bemerkt, sofort überwinden will. Glücklicherweise besinnt er sich nach zwei Schritten, die ich zeitgleich zurückweiche, aber wieder und sieht mich einfach nur flehend an.
„Ben. Bitte“, unterstreicht seine Stimmlage seinen offensichtlichen Gemütszustand, für den ich unweigerlich verantwortlich bin, womit er mich aber gerade ziemlich überfordert. Ich habe das Gefühl, momentan würde mir alles entgleiten und meine mühsam aufgebaute Mauer bekommt gefährliche Risse, die sie zum Einstürzen bringen können. Dann wären
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