Schatten Des Dschungels
konnten und wieder nichts passiert! Und innerhalb von drei Jahren wird im Regenwald ein Gebiet abgeholzt, das so groß ist wie Deutschland! Heiße Wut schießt in mir hoch, und den anderen scheint es auch so zu gehen, denn plötzlich ist es, als würde die Luft prickeln wie vor einem Gewitter. Die Polizisten spüren es auch, sie sammeln sich vor dem Institut. Dreißig, vierzig Gestalten, die alle gleich aussehen, weil die Helme ihre Gesichter verdecken. Jetzt wirken sie wie eine kleine Armee, mir wird bei diesem Anblick ein bisschen mulmig zumute. Zu ihrer Ausrüstung gehören Elektroschockgeräte – Taser –, unauffällige Geräte aus hellem Plastik.
Eine Gruppe Polizisten marschiert zum Infostand von Living Earth. »Baut das Ding ab, los, dalli«, befiehlt einer der Polizisten Sarah. Vielleicht kommen jetzt gleich die Minister aus dem Gebäude und dann soll ihnen der Anblick erspart bleiben. Doch Sarah kreuzt die Arme vor der Brust. »Alles angemeldet und genehmigt.«
»Weg damit, aber schnell«, wiederholt der Mann ungeduldig und spricht in ein Funkgerät.
Was dann passiert, bekomme ich nicht genau mit, weil sich jemand vor mir vorbeidrängt. Ich höre nur Sarahs Schrei und sehe, wie der Infostand umkippt. Bunte Flyer flattern zu Boden, Stiefel trampeln über sie hinweg. Erschrocken versuche ich Sarah zu Hilfe zu kommen und wenigstens ein paar Flyer aufzuheben, bevor sie alle nur noch zerknittertes Altpapier sind. Aber dann durchzuckt mich plötzlich ein heißer Schmerz, irgendwas ist mit meiner Schulter los, meine Muskeln verkrampfen sich bretthart. Völlig verblüfft taumle ich zur Seite. Einer der Polizisten hat mich mit dem Taser berührt! Aber wieso ich? Ich habe doch gar nichts getan!
Um den Infostand herum ist ein Gewühl von Leuten, alle schreien durcheinander, ein Polizist hat Sarah im Griff, und dort ist auch der blonde junge Mann in der blauen Jacke. Einer der Polizisten versucht ihn zu packen, bekommt einen Fußtritt von ihm ab und ist plötzlich am Boden, schlittert sogar auf dem Rücken noch ein Stück weiter. Wütend rennen zwei andere Polizisten mit dem Taser im Anschlag auf den blonden Typen zu, und mein Herz klopft wie ein Dampfhammer, ich kann es im ganzen Körper spüren. Wenn die ihn erwischen, machen sie ihn fertig, todsicher.
»Los, komm!«, schreie ich ihm zu, und das Wunder geschieht, die Leute öffnen irgendwie eine Gasse für uns beide, lassen uns durch. Und schließen sich vor den Polizisten zusammen wie eine Mauer, ohne auf die Taser zu achten. Fluchend drängen die Männer sich durch die Menge, hinter uns her.
Mir wird klar, dass die nicht so einfach aufgeben werden. Die lassen nicht mehr locker, bis sie den Blonden haben.
Jetzt sind wir am Rand der Menge angekommen und können anfangen zu rennen. In dieser Gegend hat meine frühere beste Freundin gewohnt, ich kenne mich hier aus. Aber es ist keine Zeit, dem Typen das zu sagen, ich hetze einfach voraus, und zum Glück fragt er nichts, er folgt mir einfach. Wir haben einen ganz guten Vorsprung. Und das Viertel ist voller versteckter Hinterhöfe und kleiner Durchgänge. Vielleicht schaffen wir es!
Wir biegen um die Ecke und laufen die Kapuzinerstraße hinunter, vorbei an verblüfften Leuten. Zum Glück versucht keiner, sich uns in den Weg zu stellen. Hier war doch irgendein Hinterhof, durch den es weitergeht? Ja, genau hier, in der Kapuzinerstraße 14!
»Stopp – hier rein!«, rufe ich, und wir stürzen uns in den Hinterhof mit abgestellten Fahrrädern und grauen Garagentoren, schlängeln uns an einer Absperrung vorbei in einen schmalen Weg. Den kennen die Polizisten garantiert nicht. Schon sind wir im nächsten Hof, rennen weiter, kommen in der Querstraße neben einem kleinen Getränkemarkt raus. Jetzt muss ich kurz nachdenken. Verdammt, wie kommen wir von hier aus weiter? In meinem Gehirn staut sich alles. Meine Schulter tut immer noch weh, ich kann den Arm kaum bewegen.
»Alles okay mit dir?«, fragt der Blonde leise. Unsere Augen treffen sich, und plötzlich ist meine Kraft zurück, fließen meine Gedanken wieder. Ich nicke und setze mich wieder in Bewegung. »Ich weiß nicht, ob wir sie schon abgehängt haben.«
Also rein in einen anderen Hinterhof, hier war doch irgendwo noch so ein Schleichweg. Mist, aber nicht in diesem Hof. Sackgasse!
Der Blonde beachtet es einfach nicht. Geschickt klettert er über den schmiedeeisernen Zaun, obwohl der mit fiesen Eisenspitzen gespickt ist. Ich bin mir sicher, dass mir die Dinger
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