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Schatten Des Dschungels

Schatten Des Dschungels

Titel: Schatten Des Dschungels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis , Hans-Peter Ziemek
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breit und dicht. Ich weiche einem quer liegenden Baumstamm aus und dann entdecke ich das grüne Zweimannzelt mit Camouflagemuster. Es steht in einer Bodenmulde, sodass es vom Weg aus nicht zu sehen ist. Soso!
    Falk wendet sich um und der ironische Blick seiner grauen Augen fordert mich heraus.
    Ich sage nicht, dass es verboten ist, hier zu zelten, mitten im Landschaftsschutzgebiet. Stattdessen gehe ich neugierig um sein Zelt herum und schaue es mir an. »Du hast das Tarnmuster selbst aufgemalt, oder? Sieht cool aus.«
    Er nickt. »Hat mich einen ganzen Tag gekostet, aber es hat sich gelohnt.« Sein Blick ist weicher geworden, vielleicht weil ihm klar geworden ist, dass er von mir keine blöden Bemerkungen zu erwarten hat. Mag ja sein, dass Falk in München offiziell als Obdachloser gelten würde, aber ich verstehe ihn gut, es ist wirklich traumhaft hier. Bevor wir mit zwei Kunststoffbechern und einer Kirschsaftflasche zum Kieselstrand hinunterklettern, ziehe ich die Schuhe aus und grabe meine Zehen in die helle, pudrige Erde des Uferstreifens. Dann setzen wir uns auf die Kiesel, die strahlend hell sind, selbst jetzt noch, im weichen Licht des Septembernachmittags. Wir blicken über die Weite des Flusses hinweg bis zur dunkelgrünen Mauer der Bäume am anderen Ufer.
    »Ist doch komisch – manchmal findet man etwas, obwohl man gar nicht danach gesucht hat«, sagt Falk leise, und weil er mich dabei von der Seite ansieht, weiß ich, dass er jetzt nicht über die Isar spricht.
    »Hast du gewusst, dass ich bei Living Earth bin?«, frage ich und erinnere mich daran, dass ich an diesem Tag mehrere Buttons getragen habe, nicht nur unseren.
    Er schüttelt den Kopf und dann reden wir über andere Dinge. Über Demos, auf denen wir schon waren; darüber, als welches Tier wir gerne wiedergeboren werden würden; über den Regenwald, den Falk schon ein paarmal selbst gesehen hat und ich noch nie. Eigentlich seltsam – ich kämpfe für etwas, das ich nicht mal kenne.
    Beim Reden habe ich, fast ohne es zu merken, Steine zusammengeklaubt – eine blöde Angewohnheit von mir, ich muss immer meine Hände beschäftigen. Nur weiße habe ich gesucht und jetzt liegt ein Stapel davon neben mir. Falk betrachtet ihn interessiert. »Was fängst du jetzt damit an?«
    »Nichts«, sage ich verlegen.
    Seine Augen funkeln verschmitzt. »Komm, wir machen was draus. Etwas, über das sich die Leute wundern können, wenn sie hier vorbeikommen.«
    Ich denke einen Moment lang darüber nach. »Ah, ich weiß was. Wie wäre es mit einer Spirale aus Steinen in unterschiedlichen Farben?«
    »Klingt gut«, sagt Falk, und wir fangen gleich an, dafür Kiesel zu suchen. Doch schließlich beschwert er sich: »Mensch, meine Lieblingsfarbe fehlt.«
    »Welche denn?«
    »Orange.«
    Ich muss lachen. »Echt unpraktisch. Du kannst dein Zelt nicht orange anmalen, sonst wird’s sofort entdeckt. Und mit ’ner Jacke in der Farbe bist du bei Demos viel zu auffällig.«
    »Man kann halt nicht alles ausleben«, meint er und zuckt lächelnd die Achseln. Als ich weitersuche, halte ich die Augen nach einem orangefarbenen Kiesel offen, und tatsächlich, ich finde einen. Er ist fast perfekt rund und fühlt sich gut an in der Hand, weil das Wasser ihn schon Hunderte von Jahren lang glatt geschliffen hat. »Hier. Schenk ich dir.«
    Unsere Hände berühren sich einen Moment, als ich ihm den Stein in die Hand drücke, und unsere Blicke treffen sich, halten sich fest. »Danke«, sagt Falk und nimmt den Stein so vorsichtig, als sei er ein Juwel. Irgendwie weiß ich, dass er ihn tatsächlich aufbewahren wird. »Und was ist mit dir? Jetzt hoffe ich mal, dass du nicht auf Lila stehst, sonst suche ich in zehn Jahren noch.«
    »Es ist noch schlimmer – Azurblau«, gestehe ich.
    »Okay«, sagt Falk und denkt kurz nach. »Lass dich überraschen.« Nach gründlicher Suche überreicht er mir einen ovalen, flachen schwarzen Stein. »Schau jetzt genau hin«, sagt er, während er eine Handvoll Wasser über den Stein gießt … und das Blau des Himmels spiegelt sich darauf.
    »Siehst du es?«, fragt Falk leise und ich kann einfach nur nicken.
    Wir arbeiten lange an der Spirale, die vor allem aus schwarzen und weißen Kieseln bestehen soll. Während sie wächst, vergessen wir die Zeit. Ein paar Mücken fliegen Angriffe auf uns, aber keiner von uns beachtet sie. Ich schicke eine SMS an meine Eltern, dass ich nicht zum Abendessen heimkomme. Wird zwar blöde Bemerkungen geben, aber das ist es mir wert.

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