Schatten eines Gottes (German Edition)
zitternden Magd haften, die sich erhoben hatte und nun unterwürfig knickste.
»Wie geht es ihm?«
»Besser«, murmelte sie. »Heiß war ihm vom Fieber, hat alles von sich geworfen. Dann ist er eingeschlafen.«
Hartwig von Eibenau, Gutsherr und Landvogt der Grafschaft Sponheim in der Pfalz, warf einen verächtlichen Blick auf seinen Sohn, dem verschwitzte blonde Locken im Nacken klebten. Kuno war während der Jagd in einen Bach gestürzt und hatte sich verkühlt. Nichts, was der Rede wert gewesen wäre. Und das zerwühlte Bett sowie der erschöpfte Schlaf hatten nicht unbedingt etwas mit dem Fieber zu tun.
Von Eibenau betrachtete mit Abscheu den muskulösen Rücken, auf dem der Schweiß bereits getrocknet war, denn er wusste, auf welche Weise Kuno seine Kraft vergeudete. Er verfügte über einen makellosen Körper und ein hübsches Gesicht unter einem lichten Blondschopf. Wenn der gut aussehende Sohn des Landvogts in den Schenken, bei den Heumägden oder beim Tanz der Dorfjugend mit seinem feschen Rock und einer verwegenen Kappe auftauchte, dann widerstand ihm keine. Er war höflich und zuvorkommend und selbst gegenüber Mädchen von geringem Stand verlor er niemals seine guten Manieren.
Das änderte sich jedoch schlagartig, wenn er sie herumgekriegt hatte. Eine Frau, die sich ihm hingab, verwandelte sich in seinen Augen zwangsläufig in ein Flittchen und wurde von ihm entsprechend behandelt, verächtlich, demütigend und brutal. Noch ärger erging es seinen eigenen Mägden. Kuno behandelte sie, als seien sie Hühnerdreck. Wurde eine schwanger, wurde sie davongejagt, was in der Regel für Mutter und Kind Elend und Tod bedeuteten. Keine der misshandelten Frauen hatte es gewagt, den Sohn des Vogts anzuzeigen. Doch inzwischen zwang ihn sein schlechter Ruf, immer entfernter liegende Dörfer aufzusuchen, um seine Gelüste zu befriedigen. Dabei überschritt er mehr als einmal die Grenzen der Grafschaft und handelte sich Ärger mit anderen Burgherren ein, den sein Vater für ihn aus der Welt schaffen musste. Mal mit guten Worten, mal mit klingender Münze.
Konrad, der Ältere, war ein vernünftiger junger Mann. Er würde einmal das Erbe antreten, deshalb hatte ihn sein Vater auf die Burg eines befreundeten Lehnsherrn geschickt, damit er lernte, seine Geschäfte zu beschicken. Kuno jedoch hatte dem Vater bisher nur Ärger bereitet. In seiner Jugend war er von seiner Mutter verwöhnt worden. Nach ihrem Tod hatte er sich rasch zu einem selbstherrlichen, vergnügungssüchtigen Gecken entwickelt, dem Hartwig von Eibenau zu wenig entgegengetreten war. Doch nun war Kuno dabei, eine Grenze zu überschreiten, die sein Vater nicht mehr gewillt war zu dulden.
»Du kannst gehen«, beschied er der Magd.
Sie knickste abermals und huschte hinaus, offensichtlich froh, das Zimmer verlassen zu können.
Sobald die Tür ins Schloss gefallen war, wälzte sich Kuno auf den Rücken und blinzelte seinen Vater an. »Ist die Metze weg?«
Er hatte sich also nur schlafend gestellt. »Ja. Weshalb? Hat sie dich gestört?«
»Nicht, solange wir allein waren. Sie roch so angenehm nach Angstschweiß.«
Kuno grinste und setzte sich auf. »Ein ungewöhnlicher Besuch. Und du blickst so streng. Ich habe doch nichts ausgefressen?«
Hartwig von Eibenau stand am Bettpfosten und hielt die Arme auf dem Rücken verschränkt. Sein zerfurchtes Gesicht war von Gram überschattet. Obwohl er erst fünfzig Jahre zählte, glich es der Rinde eines toten Baumes, der schon lange Wind und Wetter ausgesetzt war. Die schulterlangen Locken, der kurz geschnittene Bart sowie die dichten Brauen waren eisgrau und hätten aus ihm eine würdevolle Erscheinung gemacht, hielte er seinen schlanken Körper nicht so gebeugt.
»Über deine vergangenen Schandtaten verliere ich kein Wort, es wäre meinen Atem nicht wert. Mir geht es darum, eine zukünftige Tat zu verhindern.«
Kuno setzte sich aufrecht und schwang lachend seine Beine aus dem Bett. »Das ist mal was Neues. Kannst du in die Zukunft sehen, Vater?«
»Wenn du so willst. Es geht um Agnes, die Tochter der Schankwirtin Johanna vom Annenhof.«
Kuno fuhr sich unwillig durch das verschwitzte, strubbelige Haar. »Ach, die kleine Agnes?« Aber sein Lächeln war plötzlich wie weggewischt. »Die ist doch noch ein Kind.«
»Seit wann würde dich das von etwas abhalten?«
»Aber Vater, sie ist mager wie ein abgenagter Hühnerknochen. Ein bisschen mehr Geschmack solltest du mir zutrauen.«
»Du hast also nichts mit
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