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Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)

Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)

Titel: Schatten über den Weiden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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passiert ist?«
    Jamison, dem der Schock im Gesicht stand, starrte mit aschfahlem, ausdruckslosem Gesicht auf die Rosen in seiner Hand. »Er ist zusammengebrochen, Gabe. Dieses herrliche Pferd ist einfach zusammengebrochen.« Als er aufblickte, hatten seine Augen einen flehenden Ausdruck: »Double hätte es auch so geschafft. Und er setzte bekräftigend hinzu: »Ich weiß es genau. Ich fühle es.«
    »Das ändert nun auch nichts mehr.« Trotz der harten Worte legte Gabe seinem Trainer tröstend die Hand auf die Schulter. Die Umstände des Sieges waren zwar bitter, aber es war der Sieg seines Pferdes.
     
    Die Wachposten hielten Presse und jubelnde Fans zurück. Hinter der Scheibe konnte Kelsey die tanzenden Schatten sehen und die aufgeregt protestierenden Stimmen hören. Draußen brandete der Beifall auf, wurden Fragen und Forderungen gestellt. Doch all das schien zu einer anderen Welt zu gehören, hier, hinter der dünnen weißen Mauer, gab es für Kelsey nur das gedämpfte Schluchzen ihrer Mutter.
    »Moses«, sagte Naomi zu dem Trainer, der sie sanft hin und her wiegte, ihr Haar streichelte und sie an sich drückte. »Ach Moses, warum nur?«
    »Hätt’ nicht’ wetten sollen.« Boggs stand mit tränenüberströmten Gesicht daneben, Prides Sattel fest an die Brust gepreßt. »Hätt’s nicht tun dürfen.«
    Liebevoll strich Kelsey mit der Hand über Prides Hals. So weich, dachte sie. Und völlig regungslos. Sein Fell war noch schmutzverkrustet; Beweis seiner letzten Anstrengung. Er sollte geputzt werden, grübelte sie dumpf. Er sollte geputzt und gestriegelt und mit den Äpfeln, die er so gern fraß, verwöhnt werden.
    Nach einer allerletzten Liebkosung riß sie sich los, stand auf und legte die schlammbespritzten Scheuklappen beinahe ehrfürchtig über den Sattel.
    »Bringen Sie doch bitte seine Sachen zum Stall, Boggs.«
    »’s ist nicht richtig, Miss Kelsey.«
    »Nein, das ist es nicht.« Ihr Herz drohte vor Kummer über diese Sinnlosigkeit fast zu zerspringen. »Aber Sie kümmern sich doch um seine Sachen wie immer, ja? Wir müssen meine Mutter von hier fortbringen.«
    »Jemand muß hierbleiben – jemand muß doch nach dem Rechten sehen.«
    »Ich werde bleiben.«
    Boggs starrte sie aus tränenblinden Augen an, dann
nickte er bedächtig. »Das geht in Ordnung, schätz’ ich.« Wie ein Knappe, der Schwert und Schild seines Herrn in die Schlacht trägt, ging er davon.
    Kelsey beugte sich hinunter und sagte betont beherrscht: ›Moses, sie braucht dich jetzt. Bringst du sie ins Hotel?«
    »Hier gibt es noch viel zu regeln, Kelsey.«
    »Ich tue, was ich kann. Der Rest muß eben warten.«
    Sanft strich sie über Naomis Nacken, als wolle sie das unkontrollierte Zittern wegstreicheln. »Mom.« Nur Moses fiel auf, daß Kelsey zum ersten Mal diese Anrede gebrauchte. »Geh jetzt mit Moses.«
    Gramgebeugt und von Schuldgefühlen gequält, erhob sich Naomi schwerfällig und klammerte sich an Moses, da ihre Beine unter ihr nachzugeben drohten. Ein letztes Mal blickte sie auf den Hengst. Virginia’s Pride. Ihr ganzer Stolz. »Er war doch erst drei«, flüsterte sie gepreßt. »Länger kann ich anscheinend nichts und niemanden behalten.«
    »Bitte nicht.« Obwohl sie mit ihren eigenen Ängsten zu kämpfen hatte, nahm Kelsey Naomi bei der Hand. »Draußen wartet eine Menschenmege. Du mußt da durch.«
    »Ja.« Naomis Augen blickten trübe.›Da muß ich durch.«
    Kelsey begleitete sie nach draußen und zuckte angesichts der Flut von Menschen und Geräuschen zusammen. Niemals würde sie diese Stunden vergessen – erst die fiebrige Erregung, dann der Schock. Die Jubelrufe und diese tödliche Stille. Die Pfleger, die zum Ungücksort rannten, die Panik, das Durcheinander. Die gemeinsame Anstrengung, Pferd und Reiter von der Bahn zu schaffen.
    Wie oft würde sie die Augen schließen und Pride vor sich sehen, wie er mit unnatürlich verdrehten Beinen leblos dalag?
    Oder das leise, unterdrückte Schluchzen ihrer Mutter hören?
    »Kelsey«. Gabe war vom Siegerring so schnell wie möglich zu den Ställen gehetzt; sich im stillen immer noch an
einen dünnen Strohhalm der Hoffnung klammernd. Als er Kelseys Gesicht sah, wußte er Bescheid. »O verdammt!« Er zog sie an sich und hielt sie fest. »Er mußte also eingeschläfert werden.«
    Kelsey preßte einen kurzen Moment lang ihr Gesicht an seine Brust und sagte: »Nein. Er war schon tot. Boggs war als erster bei ihm, aber da war schon alles vorbei.«
    »Es tut mir leid. 0 Gott, es

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