Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)
daß wir eine geschlossene Front bilden.«
»Das ist auch meine Meinung.«
»Ich bedaure, was geschehen ist. Meinetwegen, deinetwegen und wegen der negativen Wirkung auf den Ruf des Rennsports. Aber damit müssen wir fertigwerden. Ich habe bereits eine Pressekonferenz einberufen und möchte, daß du daran teilnimmst.«
»Wann und wo?«
Lächelnd strich sie ihm über die Wange. »Gegen Mittag auf dem Rennplatz. Ich halte es für wichtig, daß sie am Ort des Geschehens stattfindet. Wir werden Pride unmittelbar nach der Autopsie überführen lassen.« Naomi hielt inne und holte tief Atem. »Wir sollten uns darauf gefaßt machen, daß uns die Presse in den kommenen Wochen keine Ruhe läßt. Und da die Preakness Stakes näherrücken, ist den Spekulationen keine Grenze gesetzt.« Naomis Augen wurden hart. »Du solltest besser versuchen, dieses Rennen auch zu gewinnen, Gabe.«
»Genau das habe ich vor.«
Sie nickte zufrieden. »Ich werde Kelsey noch ungefähr eine Stunde Zeit lassen, dann rufe ich sie an. Sie hat gestern einiges auf sich genommen, und ich möchte ihr nicht noch mehr abverlangen.«
Gabe steckte die Hände in die Hosentaschen und faßte nach Kelseys Zimmerschlüssel. »Kelsey war letzte Nacht bei mir. Sie schläft jetzt. Ich muß ein paar Sachen aus ihrem Zimmer holen und dafür sorgen, daß sie etwas ißt.«
Schweigen. Erst fünf Sekunden, dann zehn. Bis Naomi schließlich seufzte und sagte: »Gut, daß du bei ihr warst. Ich bin froh, daß du es bist.«
»Vielleicht bist du das nicht mehr, wenn ich dir sage, daß ich es auch zu bleiben gedenke.«
Naomi hob eine Augenbraue. »Redest du von Heirat, Gabe?« Zum ersten Mal seit Stunden konnte sie wieder lachen. »Aha, er wird schreckensbleich. Typisch Mann!« Als
er sie nur fassungslos anstarrte, streichelte sie seinen Arm: »Du machst besser, daß du hier rauskommst, Gabe, ehe ich dir noch mehr peinliche Fragen stelle. Bring Kelsey um elf hierher, dann können wir alle gemeinsam zur Bahn gehen. Ach ja, und hol ihr das marineblaue Kostüm mit der korallenroten Bluse.«
Mit diesen Worten schob sie ihn zur Tür hinaus, schloß sie hinter ihm und lehnte sich dagegen. »Mein Gott, Moses, die letzten vierundzwanzig Stunden waren so schrecklich, und jetzt fühle ich mich schon eine Minute lang einfach großartig. Glaubst du, sie weiß, daß er sie liebt?«
Kelsey wußte nur, daß sie vor Wut beinahe platzte. Nicht genug damit, daß er sie einfach verschlafen ließ – nein, er hatte auch noch ihren Zimmerschlüssel genommen und sich davongemacht. Und nun saß sie ohne ein anständiges Kleidungsstück in seinem Zimmer und konnte nicht weg.
Sie nahm eine kalte Dusche und wickelte sich in einen hoteleigenen Bademantel. Ein Handtuch um den Kopf geschlungen, rannte sie vom Schlafzimmer ins Wohnzimmer und wieder zurück.
Erst dachte sie kurz daran, Naomi in ihrer Suite anzurufen, doch wie hätte sie ihrer Mutter erklären sollen, daß sie sich halbnackt in Gabes Zimmer aufhielt?
Als sie hörte, wie die Tür geöffnet wurde, marschierte sie schnurstracks ins Wohnzimmer, bereit, Gabe gründlich die Meinung zu sagen. »Würdest du mir bitte erklären, was zum Teufel du dir dabei gedacht . . . Oh!«
Sie stand einem verlegen hüstelnden Zimmerkellner gegenüber. »Entschuldigen Sie, Miss. Der Herr sagte, ich solle hier das Frühstück servieren, da Sie noch schlafen.«
»Ach ja. Schon gut, ich bin schon wach.« So würdevoll wie möglich verschränkte Kelsey die Arme vor der Brust. »Und wo ist der Herr?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen, Miss. Ich weiß nur, was man mir aufgetragen hat. Soll ich lieber später wiederkommen?«
»Nein.« Bloß nicht den Kaffee aus ihrer Reichweite lassen! »Nein, lassen Sie das Frühstück hier. Tut mir leid, daß ich Sie so angefahren habe.«
Während der Kellner den Tisch deckte, überlegte Kelsey, ob sie die Kleidungsstücke rasch vom Boden aufsammeln oder es einfach ignorieren sollte. Sie entschied sich, sie liegen zu lassen, unterschrieb die Rechnung und fügte ein Trinkgeld hinzu, bei dem, wie sie hoffte, Gabe vor Schreck erbleichen würde.
»Danke, Miss. Guten Appetit.«
Kelsey schenkte sich gerade eine Tasse Kaffee ein, als Gabe zur Tür hereinkam. »Du bist ja schon wach.«
»Du bist vielleicht ein gemeiner Kerl!« Kelsey trank gierig einen Schluck und verbrannte sich prompt die Zunge. »Wo ist mein Schlüssel?«
»Hier.« Er zog ihn aus der Tasche und legte dann ihr Kostüm sorgfältig über einen Stuhl.
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