Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)
geändert? Nichts konnte mehr geändert oder wieder gutgemacht werden.
Während der letzten Wochen hatte er oft versucht, die Schuld auf andere abzuwälzen. Aber schließlich begriff er, daß alles wie ein Bumerang auf ihn zurückprallte. Er war derjenige, der zur Spritze gegriffen hatte. Er war derjenige, der einem schönen, mutigen Tier das tödliche Gift verabreicht hatte.
Wie das Instrument in seine Hände gelangt war, zählte nicht mehr, das sah er ein, und damit fand er sich auch ab. Er hatte getötet, was er liebte, und sich dadurch selbst zerstört.
Wie der Vater, so der Sohn. Schluchzend lehnte sch Reno an eine Stute. Es lag ihm im Blut. Schlechte Erbanlagen, grübelte er dumpf. Er hatte sich selbst etwas vorgemacht. All die Entschuldigungen, die er sich zurechtgelegt hatte, konnten daran nichts ändern. Hatte er wirklich geglaubt, den Vater, den er nie gesehen hatte, rächen zu können? Man hatte seine Gefühle als Waffe gegen ihn benutzt, so wie er die Nadel als Waffe gegen das Pferd benutzt hatte.
Er war ein Schwächling, schwach, wie es sein Vater gewesen war. Er war verdammt.
Also blieb ihm nur noch eins zu tun.
Er würde dasselbe Ende finden wie sein Vater. Und somit den Kreis schließen, der bei einem Mann begonnen hatte, den er nur von Fotos und kurzen Fernsehspots kannte. Es war ein Mann, den er blind verehrt und darüber seine eigene Ehre vergessen hatte.
Wie in Trance verließ Reno den Stall mit dem beruhigenden Geruch der Pferde. Sein Ziel war die Sattelkammer, die Sattelkammer, die einst Cunningham gehört hatte.
Kelsey brauchte zehn Sekunden, um die Sprache wiederzufinden. Dieser Antrag paßte zu einem Mann wie Gabe. Herausfordernd, kaltblütig und ohne Furcht vor einem Risiko. Absichtlich schob sie seinen Fuß von ihrem Schoß und griff nach dem Weinglas.
»Wenn ich dich heirate, bekomme ich einen fünfzigprozentigen Anteil an Double?«
»So ist es.« Er hatte sich eine andere Reaktion erhofft. »Und fünfzig Prozent von Longshot und allem, was dazugehört.«
Sie nippte an ihrem Wein und musterte ihn. »Und fünfzig Prozent von dir, Slater.«
Die unterdrückte Belustigung in ihrer Stimme und in ihren Augen irritierte ihn. Er schwang die Beine von der
Couch und erhob sich. »Ich bin nicht Wade, Kelsey. Wenn wir uns darauf einlassen, dann total, mit Leib und Seele. Das wird keine Mal-sehen-ob-es-gutgeht-Ehe mit Hintertürchen.«
»Verstehe. Wenn ich den Einsatz wage, gibt es kein Zurück mehr.«
»Du hast es erfaßt. Und weil ich die Höhe des Einsatzes bestimme, lege ich meine Karten auch offen auf den Tisch. Ich will dich. Das ist mein Trumpf, und du brauchst ein verdammt gutes Blatt, um mich zu schlagen. Vielleicht bist du ja der Ansicht, daß du schlechte Karten hast, weil du einmal Pech hattest und eine Wiederholung vermeiden möchtest. Aber dies ist ein anderes Spiel mit anderen Spielern, und was mich angeht, ist auch der Einsatz höher.«
Kelsey schaute sich ihr Weinglas an. Und da behauptete er, sie könnte nicht bluffen, dachte sie mit einem Anflug von Stolz. Dennoch hütete sie sich, ihn voll anzublicken, ehe sie antwortete.
»Du glaubst also, daß ich vor einer Heirat, vor einer festen Bindung zurückschrecke, nur weil es einmal danebengegangen ist? Das empfinde ich als ebenso beleidigend wie der lächerliche Antrag, den du dir abgerungen hast.«
»Natürlich, du hast bestimmt Blumen, Kerzenschein und einen Ring erwartet.« Genauso hatte er seinen Antrag eigentlich geplant, und daß er jetzt alles so überstürzt hatte, brachte ihn nur noch mehr auf. »Ich wiederhole die Farce, die er aufgeführt hat, nicht.«
Jetzt blickte Kelsey ihm ins Gesicht. In ihren Augen funkelte gerade soviel Zorn, daß ihre wahren Gefühle verschleiert wurden. »Nanu? Wer hängt denn hier an der Vergangenheit, Slater?« Mit einem vernehmlichen Knall setzte sie ihr Glas auf den Tisch und stand auf. »Wieso führst du mich eigentlich nicht nach Las Vegas? Das wäre doch das perfekte Milieu für dich. Wir könnten uns an einem Würfeltisch das Jawort geben.«
Gabe nickte steif: »Geht in Ordnung, wenn es das ist, was du willst.«
»Was ich will, ist eine simple, ehrliche Frage, auf die ich
eine simple, ehrliche Antwort geben kann. Also entweder stellst du jetzt diese Frage, oder du kannst dich zum Teufel scheren.«
Mit schmalen Augen musterte er sie, aber zum ersten Mal konnte er nicht in ihrem Gesicht lesen. Wie sollte er auch, denn zum ersten Mal in seinem Leben hielt sein
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