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Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)

Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)

Titel: Schatten über den Weiden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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umzudrehen sagte Kelsey: »Ja, Gertie.«
    »Ein Mr. Lingstrom ist am Apparat. Er wollte Miß Naomi sprechen, aber sie ist nicht da, kommen Sie doch bitte ans Telefon.«
    »In Ordnung, Gertie. Ich gehe nach unten.«
    Sie nahm den Anruf im Büro ihrer Mutter entgegen, hörte zu, brachte es fertig, Bemerkungen zu machen und legte schließlich den Hörer behutsam wieder auf die Gabel. Sie saß noch immer regungslos am Schreibtisch, als Naomi eintrat.
    »Der Himmel bewahre mich vor diesen schwachsinnigen Lunchverabredungen. Warum ich überhaupt hingehe, ist mir ein Rätsel. Der einzige Lichtblick war diese kleine Boutique neben dem Restaurant. Sie hatten das absolute Traumkleid, ideal für eine schlichte Gartenhochzeit. Ich hab’s für vierundzwanzig Stunden zurücklegen lassen, damit du . .«
    Sie brach ab. Die freudige Erregung, die sie auf dem schnellsten Weg nach Hause zu ihrer Tochter getrieben hatte, ließ merklich nach. Kelsey starrte sie unbewegt an, ohne auf ihre Worte zu reagieren.
    »Was ist los?« fragte Naomi besorgt. »Ist es wegen Reno? Oder was ist es?«
    »Nein, nicht wegen Reno.« Kelsey bemerkte den Anflug von Erleichterung auf Naomis Gesicht. »Dein Anwalt hat angerufen.«
    »Ach.« Beunruhigt spielte Naomi mit der sternförmigen Brosche an ihrem Revers.
    »Er läßt dir ausrichten, daß die Dokumente, die er für dich aufsetzen sollte, zur Unterschrift bereitliegen.« Sie schwieg einen Augenblick. »Die Übertragung der Hälfte von Three Willows auf meinen Namen ist dann rechtsgültig.«
    »Gut. Wunderbar.«
    »Warum hast du das getan?«
    »Dein Großvater und ich haben diese Transaktion bereits vor seinem Tod besprochen. Es war schon immer
meine und auch seine Absicht, Kelsey, und ich legalisiere sie nur.«
    »Ohne mir vorher etwas davon zu sagen?«
    »Ich wollte vermeiden, daß es zu sehr nach einer Verpflichtung aussieht«, erwiderte Naomi vorsichtig, »weder für mich, noch für dich. Ich konnte dir nie viel geben. Aber dies ist etwas, was ich für dich tun kann. Mein Vater hat mir die Wahl des Zeitpunkts und der genauen Bedingungen überlassen, aber eigentlich ist dies sein Vermächtnis. Nur, Kelsey, versteh mich richtig, das ist nicht etwas, das dich an die Farm binden soll. Oder an mich.«
    »Du weißt ganz genau, daß ich bereits an die Farm und an dich gebunden bin. Darauf hast du doch gesetzt, als du mich gebeten hast, hierher zu kommen.«
    »Das habe ich. Ich konnte nicht damit rechnen, sondern nur hoffen, daß du etwas für mich empfinden würdest. Aber ich war ganz sicher, daß dir Three Willows bald etwas bedeuten würde.«
    »Was im Endeffekt auf dasselbe hinauskommt.«
    Ein leichtes Lächeln umspielte Naomis Lippen. »Das hat man mir auch gesagt.«
    »Es ist fast unmöglich, das eine ohne das andere zu lieben und zu respektieren.« Kelsey stand auf und streckte über den Schreibtisch die Hände nach Naomi aus. »Ich habe es jedenfalls nicht fertiggebracht und sehe auch keinen Grund dafür.«
    »Nicht jeder hätte mir die Chance gegeben.« Naomi ergriff Kelseys Hände und drückte sie fest.
    Nicht jeder hatte ihr eine Chance gegeben, dachte auch Kelsey. Doch sie würde die Herausforderung annehmen und versuchen, das zu ändern.
     
    Als sie in Tiptons Einfahrt einbog und hinter seinem uralten, schmutzigen Lieferwagen parkte, ging es schon auf fünf Uhr zu. Der Nachbarshund machte ein Höllenspektakel und raste wie verrückt am Zaun entlang, der die beiden Grundstücke trennte, als wolle er sie davor warnen, in seinen Bereich einzudringen. Aus dem Fenster der oberen
Etage lehnte eine Frau und rief den Hund zur Ruhe, ehe sie Kelsey prüfend musterte.
    »Wollen Sie zu Jim?«
    »Ja. Ist er zu Hause?«
    »Im Schuppen.« Mit dem Kopf wies die Frau ihr den Weg. »Hören Sie den Radau nicht?«
    Nachdem das wütende Gekläff zu einem tiefen, heiseren Knurren geworden war, konnte Kelsey tatsächlich dem Geräusch einer Motorsäge folgen, das sie zu einem kleinen, ziemlich windschiefen Schuppen im Hof führte.
    Vorsichtig klopfte sie an die wackelig in den Angeln hängende Tür, die bei dieser leichten Berührung weit aufflog und gegen die Innenwand prallte.
    Tipton stand an einer Werkbank, hatte eine Schutzbrille auf, Ohrenschützer und eine Baseballkappe, die er verkehrtherum aufgesetzt hatte. Sägespäne flogen auf, als er ein kleines Stück Holz von einem Balken trennte. Kelsey hielt es für sicherer zu warten, bis die Säge stillstand.
    »Hab’ ich dich, du Schweinehund«, brummte Tipton,

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