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Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)

Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)

Titel: Schatten über den Weiden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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stand auf und sagte: »Du siehst müde aus, Kelsey.«
    »Ich hatte eine schlechte Nacht.«
    »Nicht nur du.« Er streckte die Hand aus, um ihre Wange zu berühren, doch sie wich zurück.
    »Nicht, bitte. Ich komme mir zwar wie ein Idiot vor, es zuzugeben, aber so ist es nun mal. Ich bin im Moment ziemlich leicht zu verletzen, und du hast offenbar die Macht dazu.«
    Gabe unterdrückte einen Seufzer. »Warum soll es dir besser gehen als mir? Mit diesem Wissen kann ich ruhiger schlafen. ›Faß mich nicht an, Gabe, ich könnte mich dir sonst an den Hals werfen.‹«
    Kelsey mußte lächeln. »So ist es ungefähr. Wie wär’s, wenn wir noch mal von vorn anfangen würden?« Sie streckte ihm die Hand hin: »Freunde?«
    Er schaute auf ihre Hand, dann in ihre Augen. »Ich glaube nicht.« Ohne sie aus den Augen zu lassen kam er vorsichtig näher.
    »Hör zu . . .« Sie spürte schon die Erregung, die in ihr hochstieg. »Ich will mich nicht voreilig auf etwas einlassen, denn jetzt ist für mich ein ganz schlechter Zeitpunkt.« Immer noch auf der Hut trat sie einen weiteren Schritt zurück.
    »Zu schade. Ich finde den Zeitpunkt ausgesprochen günstig.«
    »Ich sage dir doch . . .« Ihr nächster Schritt nach hinten ging ins Leere. Sekunden, ehe das Wasser über ihr zusammenschlug,
sah sie noch sein grinsendes Gesicht. Zwar war das Wasser angenehm kühl, doch sie erschrak trotzdem fürchterlich. Als sie wieder auftauchte und sich das nasse Haar aus dem Gesicht strich, blitzten ihre Augen. »Du Mistkerl!«
    »Ich habe dich nicht gestoßen, aber kurz dran gedacht.« Hilfsbereit bot er ihr eine Hand, um sie herauszuziehen.
    Kelsey griff danach und versuchte, sich daran hochzuziehen.
    »Nicht bluffen, Kelsey.« Da ließ er einfach ihre Hand los, und sie tauchte wieder unter. Diesmal nahm sie es gelassen, kletterte allein über den Rand und setzte sich. »Ein schöner Pool.«
    »Mir gefällt er auch.« Er setzte sich im Schneidersitz neben sie. »Komm doch irgendwann mal her und schwimm richtig – aber im Badeanzug.«
    »Das werde ich tun.«
    »Im Winter ist es am besten, richtig gemütlich, wenn draußen der Schnee fällt.«
    Langsam drückte sie ihr Haar aus, und spritzte ihm Wasser ins Gesicht. »Erwischt!«
    Er packte einfach nur ihre Hand, preßte die nasse Handfläche gegen seine Lippen und sah ihr tief in die Augen. »Erwischt«, wiederholte er.
    Mit wild klopfendem Herzen stand Kelsey auf. »Ich muß zurück.«
    »Du bist ja ganz naß.«
    »Draußen ist es warm genug.« Kelsey widerstand der Versuchung, zurück ins Wasser zu springen, als er aufstand. »Ein Frühlingstag wie aus dem Bilderbuch.«
    Er fragte sich, ob sie ahnte, wie begehrenswert sie in diesem Augenblick wirkte. »Ich fahre dich zurück.«
    »Nein, wirklich nicht nötig. Ich möchte lieber reiten. Ich hatte schon fast vergessen, wieviel Spaß das macht, und deshalb will ich es ausnutzen, solange ich hier bin, und . . .« Sie preßte eine Hand auf ihren nervösen Magen. »Ich muß mich von dir fernhalten.«
    »Keine Chance.« Er hakte einen Finger in den Bund
ihrer Jeans und zog sie näher zu sich. »Ich will dich, Kelsey«, flüsterte er, »Und früher oder später bekomme ich dich auch.«
    Kelsey zwang sich, tief durchzuatmen. »Vielleicht.«
    Er grinste: »Darauf kannst du wetten«, und gab sie frei. »Ich hole dir aus den Ställen eine Jacke.«
    Kelsey verließ schnell das Haus, und zehn Minuten später galoppierte sie in Richtung Three Willows davon. Gabe blickte ihr nach, bis sie hinter dem ersten Hügel verschwand, dann wandte er sich ab.
    »Nettes Mädchen, die Kleine.«
    Die Stimme traf ihn wie ein Dolchstoß, wie ein Angriff aus dem Hinterhalt. Doch so leicht ließ er sich nicht aus dem Gleichgewicht bringen. Gabes Gesicht blieb unbewegt, als er sah, daß es sein Vater war.
    Keine augenfälligen Veränderungen, stellte er fest. Rich Slater hatte immer noch Stil. Zwar ähnelte sein Auftreten dem eines aufdringlichen Handelsvertreters, aber auch das war eine Art Stil. Er war groß und breitschultrig, sein eleganter Gabardineanzug spannte zwar ein wenig um den Brustkorb, aber die polierten Schuhe funkelten, und auf dem schwarzen, kurzgeschnittenen Haar saß ein modischer grauer Filzhut.
    Der Mann war ein Blender, der sein gutes Aussehen – die schönen blauen Augen und das anziehende Lächeln – bewußt einsetzte. Fast sechs Jahre waren vergangen, seit Gabe seinen Vater das letztemal gesehen hatte, doch er wußte, auf welche Anzeichen er achten

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