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Schatten ueber Innsmouth

Schatten ueber Innsmouth

Titel: Schatten ueber Innsmouth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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ein junger Mann von ungefähr siebzehn Jahren allein den Laden führte, und ich war sogleich von seinem aufgeweckten, liebenswürdigen Wesen angetan, das auf ein angenehmes und aufschlußreiches Gespräch hoffen ließ. Er brannte förmlich darauf, mit mir zu sprechen, und ich merkte bald, daß er den Ort mit seinem Fischgeruch und seinen verschlagenen Einwohnern nicht mochte. Für ihn war es eine Erholung, mit einem Ortsfremden ein paar Worte wechseln zu können. Er war aus Arkham, wohnte bei einer Familie, die aus Ipswich stammte und fuhr nach Hause, sooft er ein paar freie Stunden hatte. Seine Familie war nicht damit einverstanden, daß er hier arbeitete, aber er war an diesen Ort versetzt worden und wollte seine Stellung nicht aufgeben.
    Er sagte mir, es gebe in Innsmouth weder eine öffentliche Bibliothek noch eine Handelskammer, aber ich würde mich wahrscheinlich schon zurechtfinden. Die Straße, auf der ich gekommen war, sei die Federal Street. Westlich davon lägen die Straßen des schönen alten Wohnviertels Broad, Washington, Lafayette und Adams Street —, während sich östlich bis zum Hafen die Elendsviertel befänden. Ich diesen Vierteln entlang der Main Street würde ich die alten georgianischen Kirchen finden, die jedoch alle schon seit langer Zeit leerstünden. Es sei ratsam, sich nicht allzu auffällig in diesen Bezirken zu bewegen insbesondere nördlich vom Fluß -; denn die Leute seien mürrisch und feindselig. Dort seien sogar schon Fremde verschwunden.
    An manchen Stellen sei der Zutritt praktisch verboten, was er am eigenen Leibe erfahren habe. Man dürfe sich beispielsweise nicht lange in der Nähe der Marsh Refinery oder irgendeiner der noch benützten Kirchen aufhalten, und das gleiche gelte für die Säulenhalle des Esoterischen Ordens von Dagon. Diese Kirchen seien sehr eigenartig sie würden samt und sonders von den betreffenden Konfessionen anderswo nicht anerkannt und hätten offenbar die absonderlichsten Zeremonien und liturgischen Gewänder. Ihr Glaube sei heterodox und mysteriös und enthalte Andeutungen über bestimmte wunderbare Verwandlungen, die zu einer Art irdischer Unsterblichkeit führen sollten. Der Pastor des jungen Mannes — Dr. Wallace von der Ashbury M.E. Church in Arkham habe ihn eindringlich davor gewarnt, einer Kirche in Innsmouth beizutreten.
    Was die Leute hier anginge, so wisse er kaum, was er von ihnen halten solle. Sie seien so selten zu sehen wie Tiere, die in Erdlöchern leben, und man könne sich kaum vorstellen, womit sie sich die Zeit vertrieben, abgesehen von ihrer planlosen Fischerei. Nach den Mengen geschmuggelten Alkohols zu urteilen, die sie konsumierten, lägen sie wahrscheinlich fast den ganzen Tag im Delirium. Sie seien anscheinend durch eine Art Bruderschaft und eine mürrische Art von gegenseitigem Einvernehmen miteinander verbunden und verachteten die Welt, als hätten sie Zugang zu anderen, höheren Sphären des Daseins. Ihr Aussehen insbesondere die starren, nie blinzelnden Augen, die man nie geschlossen sah sei wirklich abstoßend; außerdem hätten sie widerwärtige Stimmen. Es sei schrecklich, ihre nächtlichen Gesänge in den Kirchen zu hören, besonders während ihrer wichtigsten Feste oder
    Erweckungsversammlungen, die sie zweimal jährlich, am 30. April und am 31. Oktober, abhielten.
    Sie seien sehr gern im Wasser und gingen oft im Fluß oder im Hafen zum Schwimmen; Wettschwimmen zum Teufelsriff würden sehr häufig ausgetragen, und anscheinend sei hier jedermann in der Lage, diese anstrengende Sportart auszuüben. Wenn man es sich recht überlege, so müsse man sagen, daß sich eigentlich nur die jüngeren Leute in der Öffentlichkeit blicken ließen, von denen wiederum die älteren das abstoßende Äußere hätten. Fände sich einmal eine Ausnahme, so handle es sich dabei meist um eine Person, die keinerlei Merkmale einer Mißbildung aufwies, wie zum Beispiel der alte Hotelpförtner. Man müsse sich fragen, wo eigentlich die Leute hinkämen, und ob nicht der »Innsmouth-Look« eine sonderbare und heimtückische Krankheit sei, die sich mit der Zahl der Lebensjahre verschlimmere.
    Natürlich könne nur ein sehr außergewöhnliches Leiden solche weitgreifenden und radikalen Veränderungen bei einem reifen Individuum herbeiführen —
    Veränderungen, die sogar so grundlegende Merkmale wie die Schädelform betrafen
    —, doch sei letzten Endes nicht einmal dieser Aspekt so überraschend und ungewöhnlich wie das gesamte Erscheinungsbild

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