Schatten ueber Innsmouth
antrat.Die Fish Street-Brücke war laut meiner Skizze nur noch eine Ruine.
Nördlich des Flusses gab es bei aller Verwahrlosung Anzeichen von Leben in der Water Street waren Fischhallen in Betrieb, hier und da quoll Rauch aus Kaminen auf ausgebesserten Dächern, Geräusche unbekannter Herkunft ließen sich ab und zu vernehmen, und gelegentlich watschelte eine Gestalt über die trostlosen Straßen und ungepflegten Gassen. Doch ich fand es hier noch bedrückender als in den einsamen südlichen Vierteln. Vor allem waren die Leute hier noch abstoßender und abnormaler als die in der Stadtmitte, so daß ich mich mehrmals auf unangenehme Weise an irgend etwas ganz und gar Phantastisches erinnert fühlte, das ich nicht näher bestimmen konnte. Zweifellos waren die fremdartigen Merkmale der Einheimischen hier stärker ausgeprägt als in den anderen Stadtteilen es sei denn, der »InnsmouthLook« war mehr eine Krankheit als ein Rassenmerkmal, was bedeutet hätte, daß in diesem Viertel die schwereren Fälle auftraten.
Eine Einzelheit, die mich beunruhigte, war die Verteilung der wenigen schwachen Geräusche, die an mein Ohr drangen. Sie hätten eigentlich nur aus den sichtlich bewohnten Häusern kommen dürfen, doch in Wirklichkeit waren sie oft hinter den am stärksten vernagelten Fassaden am lautesten. Das quietschte und schlurfte und machte alle Arten von unerklärlichen dumpfen Geräuschen; und mir wurde unbehaglich, als ich an die verborgenen Tunnel dachte, von denen der junge Mann in dem Lebensmittelgeschäft gesprochen hatte. Plötzlich wurde mir bewußt, daß ich mich fragte, wie wohl die Stimmen dieser Leute klingen mochten. Bisher hatte ich in diesem Viertel noch niemanden reden hören, und merkwürdigerweise hatte ich auch gar kein Verlangen danach.
Ich verweilte gerade lange genug, um einen Blick auf zwei schöne, aber verfallene alte Kirchen in der Main Street und der Church Street zu werfen, und verließ dann eiligst dieses heruntergekommene Hafenviertel. Mein nächstes Ziel mußte logischerweise der neue Kirchplatz sein, aber aus irgendeinem Grund schien es mir unerträglich, nochmals an der Kirche vorbeizugehen, in deren Keller ich die auf unerklärliche Weise furchterregende Gestalt des Priesters oder Pastors mit dem sonderbaren Diadem erblickt hatte. Überdies hatte mir der junge Mann gesagt, daß man sich als Fremder nicht zu nahe an die Kirchen sowie die Halle des Ordens von Dagon heranwagen sollte.
Dementsprechend ging ich die Main Street weiter bis zur Martin Street, wandte mich sodann landeinwärts, überquerte die Föderal Street ein gutes Stück nördlich des Kirchplatzes und erreichte so das verfallende Patrizierviertel der nördlichen Broad, Washington, Lafayette und Adams Street. Obwohl diese stattlichen alten Alleen heruntergekommen und lange nicht mehr instand gesetzt worden waren, war ihre von Ulmen beschattete Stattlichkeit noch nicht ganz geschwunden. Jede einzelne dieser Villen erregte meine Aufmerksamkeit, aber die meisten von ihnen waren verwittert und mit Brettern vernagelt, die Vorgärten verwildert; immerhin schienen in jeder Straße eine oder zwei bewohnt zu sein. An der Washington Street standen in einer Reihe vier oder fünf solcher Häuser, die alle in sehr gutem Zustand waren und gepflegte Gärten und Rasenflächen hatten. Das prächtigste von ihnen es war von ausgedehnten, terrassenförmig angelegten Blumenbeeten umgeben, die bis hinüber zur Lafayette Street reichten hielt ich für die Residenz des alten Marsh, des leidenden Besitzers der Raffinerie.
In all diesen Straßen war kein lebendes Wesen zu sehen, und ich wunderte mich darüber, daß es in Innsmouth offensichtlich weder Katzen noch Hunde gab. Weiter fiel mir auf, daß selbst bei einigen der gepflegtesten Gebäude an vielen Fenstern im dritten Stock oder im Dachgeschoß die Läden verschlossen waren;
Heimlichkeit und Verstohlenheit schienen allgegenwärtig in dieser schweigenden Stadt der Befremdung und des Todes, und ich konnte mich nicht des Gefühls erwehren, daß mich an allen Ekken wachsam spähende Augen, die nie geschlossen waren, aus dem Hinterhalt beobachteten.
Ich schauderte, als es von einem Turm zu meiner Linken mit dumpfem Klang drei Uhr schlug. Nur zu gut erinnerte ich mich an die gedrungene Kirche, von der diese Glockenschläge kamen. Als ich jetzt auf der Washington Street auf den Fluß zuging, stand ich plötzlich wieder vor einem früheren Industrieund Handelsviertel; vor mir sah ich die Ruinen
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