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Schatten über Sanssouci

Schatten über Sanssouci

Titel: Schatten über Sanssouci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Buslau
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achtundvierzig Töne.«
    »Und das Alphabet
hat sechsundzwanzig Buchstaben. Somit ist diese Art der Chiffrierung nichts
Neues. Und auch kinderleicht für jemanden, der Noten lesen kann. Sie ordnen
jedem Buchstaben einen Ton zu und schreiben das Ergebnis auf Notenpapier auf.
Fertig.«
    »Wenn Sie so einfach
vorgehen, vergessen Sie das Wesentliche. Jeder, der sich nur ein wenig mit
Musik auskennt, wird sofort erkennen, dass das Ergebnis auf dem Notenpapier
musikalisch gesehen unsinnig ist. Wenn Sie spielen wollten, was auf dem Papier
steht, entstünde keine Musik. Damit ist die Verschlüsselung wertlos, denn sie
ist leicht durchschaubar. Und wenn jemand Unbefugtes ein solches
verschlüsseltes Schriftstück in die Finger bekäme, könnte er durch einfache
Analysen der Noten dahinterkommen, was sich darin verbirgt. Andreas dagegen hat
ein System entwickelt, mit dem man richtige Musik schreibt und gleichzeitig
etwas verschlüsselt. Bei seiner Methode werden nicht einzelne Noten, sondern
ein Paar von zwei Noten einem Buchstaben zugeordnet. Diese Notenpaare gehören
zu den wichtigsten Schritten in Melodien, es sind die wesentlichen Intervalle.
Mit etwas Geschicklichkeit kann man auf diese Weise komponieren und
verschlüsseln zugleich.«
    Auf der Stirn des
Rates hatten sich Falten gebildet.
    »Ich hoffe, Sie
konnten mir folgen«, fügte Quantz hinzu.
    Weyhe nickte
anerkennend. »Sie haben sich mit dem Thema genauso gut befasst wie der
angeblich so begabte Andreas Freiberger. Sind Sie sicher, dass dieses System
wirklich von ihm stammt? Und nicht vielleicht eher von Ihnen, um damit Spionage
zu betreiben? Den Lakaien können wir ja nun nicht mehr befragen.«
    »Ich habe die
Dokumente in der Handschrift von Andreas. Ich kann sie Ihnen zeigen.«
    »Nein, Herr Musikus.
Diese Dokumente, wenn sie denn existieren, sind kein Beweis. Sie zeigen nur,
dass er sie abgeschrieben hat. Wahrscheinlich unter Ihrer Aufsicht.«
    »Warum hätte er das
tun sollen?«
    »Weil Sie ihn dazu
gezwungen haben. Damit Sie allen Verdachts ledig sind. Doch Sie haben recht.
Das Verschlüsselungssystem, das Sie beschreiben, scheint wirklich viel wert zu
sein und könnte dem König sehr nützen. Ich frage mich nur, für wen es
entwickelt wurde. Für Preußen oder für den Feind. Oder hatte jemand vor, es
unserem König vorzuschlagen, damit dieser es benutzt – aber dieser Jemand steht
eigentlich auf der Seite Habsburgs, womit sich eine gewaltige Lücke im
preußischen Sicherheitssystem öffnen würde?«
    Weyhe wandte sich
wieder dem Fenster zu und sah in die Ferne. »Welch eine wunderbare Vorstellung.
Aus dem Schloss des Königs kommen Partituren mit Musik. Seine Majestät
verschickt sie in seine Garnisonen, an seine Offiziere oder an seine Verwandten
– seine Brüder und Schwestern, die ja durchaus musikliebend sind. Manche haben
sogar eigene Hofmusiker. Überall spielt man diese Musik, viele erfreuen sich
daran. Aber niemand weiß, dass sich hinter den herrlichen Klängen Befehle für
Truppenbewegungen verbergen, Informationen über Kriegspläne, über Vorgänge in
Gesandtschaften oder auch Protokolle geheimer Gespräche.«
    Quantz war erstaunt,
wie gut Weyhe trotz seiner ignoranten Haltung allem Künstlerischem gegenüber
das alles erfasst hatte. »Diese Dokumente müssen nicht ganz und gar in die
Musik eingeflochten werden«, sagte er. »Es reicht, wenn die Texte in üblicher
chiffrierter Form übermittelt werden. In der Musik jedoch ist das Wort
verborgen, mit dem man die Texte dechiffrieren kann.«
    Weyhe sah Quantz an.
»In der Tat ist es ein Problem für Seine Majestät, dieses Geheimwort für seine
chiffrierten Botschaften auch wirklich geheim zu halten. Und dafür wäre das
musikalische System ein gutes Mittel, um es zu verbergen. Nehmen wir an, dieses
Verfahren wäre in Gebrauch. Wir stellen uns vor, in all den Konzerten erklingt
die Musik, und hinter ihr steht, in Noten gekleidet, das Wort, das alle
Geheimnisse aufschließt. Aber die Gegenseite weiß von dieser Technik. Ein guter
Musikus braucht nur die Komposition zu hören, um das Wort, das ihm alles
aufschließt, zu erfahren. Und der König, der freudig die neue
Verschlüsselungstechnik nutzt, ist betrogen.«
    »Doch nun wissen Sie
es«, sagte Quantz. »Und ich möchte dem König die Sache vortragen. Sie werden
mich zu ihm lassen.«
    »Nicht so hastig,
Herr Musikus. Beantworten Sie erst eine Frage. Stellen wir uns wieder etwas vor
… Gehen wir davon aus, dass dem König diese

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