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Schatten über Sanssouci

Schatten über Sanssouci

Titel: Schatten über Sanssouci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Buslau
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sinnvoll erschien, sich selbst von engsten Vertrauten
abwandte.
    Und genau das würde
auch mit ihm geschehen. Quantz hatte sich ständig eingebildet, dass ihm der
König immer noch eine Chance gab. Doch wenn dem so gewesen war – er hatte die
Chance vertan.
    Würde sich La
Mettrie für Quantz verwenden? Dafür sorgen, dass wenigstens die Wahrheit über
Andreas ans Licht kam? Oder war sich der Franzose selbst der Nächste?
    Quantz konnte sich
nicht vorstellen, dass La Mettrie tatsächlich seine Stellung am Hof aufs Spiel
setzte, indem er Partei für jemanden ergriff, der des Verrats beschuldigt
wurde. Auch für den Kammerherrn ging es um Leib und Leben. Außerhalb Preußens
wurde er verfolgt. Er konnte froh sein, wenn er das Wohlwollen des Königs nicht
verlor. Wahrscheinlich würde ihm Quantz’ Schicksal als leuchtendes Beispiel
dafür dienen, dass man die Toleranz Seiner Majestät eben doch nicht bis zum
Letzten ausnutzen durfte.
    Schau dir noch
einmal die Sonne an, dachte Quantz. Noch ein einziges Mal den blauen Himmel.
Von jetzt an wird beides zu den Dingen zählen, die du auf immer und ewig
entbehren musst.
    Seltsam, wie ruhig
er sich fühlte. Es sollte ihn doch in Panik versetzen, dass nun über ihm der
Stab gebrochen war. Doch er spürte nichts als eine tiefe Leere. Als habe sich
etwas erfüllt, das er schon lange gewusst hatte. Als habe er nur nicht den Mut
gehabt, es zur Kenntnis zu nehmen.
    Schritte näherten
sich, die Tür wurde geöffnet. Weyhe trat mit zwei Soldaten in den Raum.
    »Kommen Sie«, befahl
er knapp. »Alles ist bereit.«
    ***
    Weyhe ließ
Quantz und den Soldaten auf dem Weg über den langen Korridor den Vortritt.
Langsam schlenderte er hinterdrein.
    Im Stillen
bewunderte er den Musikus fast ein wenig, dass der sein gerechtes Schicksal so
mannhaft zu ertragen schien. Oder war der Flötenmeister einfach nur starr vor
Schreck?
    Sie näherten sich
dem Portal, das in den großen Schlosshof führte. Draußen auf dem sonnigen Platz
vor dem Fortunator wartete die Kutsche, die Quantz nach Berlin bringen würde.
    Dem Musikus stand
eine unbequeme Nacht bevor, in der er erst einmal schmoren würde. Weyhe würde
in Potsdam bleiben. Er musste den König noch heute Abend von den neuen
Entwicklungen unterrichten. Mit Sicherheit erhielt er neue Befehle, mit denen
er dann seine Untersuchungen in Berlin fortsetzen konnte – natürlich erst
nachdem er den ganzen Fall dem Großkanzler Cocceji vorgetragen hatte.
    Quantz musste noch
einmal ausgiebig verhört werden. Und wenn man alles aus ihm herausgebracht
hatte, was herauszuholen war, hatte Weyhe das Ziel erreicht, auf das er so
lange hingearbeitet hatte: ein wichtiger Berater Seiner Majestät zu werden.
Gleich unter dem Großkanzler. Als Bindeglied zwischen den Behörden. An der
Seite des Königs. Und wenn er das erst einmal geschafft hatte …
    Er stutzte, als er
den hellen Hof betrat. Die kleine Eskorte mit Quantz und den beiden Soldaten
war stehen geblieben. Das Fortunator war versperrt. Eine blau gestrichene,
viersitzige Kutsche stand quer vor dem Durchgang protzig im Weg.
    Weyhe drängelte sich
an Quantz und den Grenadieren vorbei und fuhr den Mann auf dem Kutschbock an.
»Mach Er Platz, Kerl. Wir müssen vorbei. Sofort.«
    Der Mann rührte sich
nicht vom Fleck. Erst jetzt wurde Weyhe klar, dass er die Livree der
königlichen Kutscher trug. Was war hier los? Wer befand sich in dem Fahrzeug?
Es besaß kein Wappen auf der Seite, gehörte also nicht zum Fuhrpark Seiner
Majestät.
    »Hat Er nicht
gehört? Platz machen soll Er! Wie ist Sein Name? Ich werde dem König melden,
wie er sich verhalten hat. In einer Stunde bin ich bei Seiner Majestät.«
    Die Tür der Kutsche
öffnete sich, und heraus trat ein Offizier mit Federschmuck am Hut und
glänzenden Tressen, die in der Sonne leuchteten. Weyhe hatte sich mit den
Dienstgraden und Rangsymbolen der preußischen Armee befasst und sah sofort,
dass es sich um einen Capitaine, einen Hauptmann der Leibgarde, handelte. Die
Uniform schien brandneu zu sein. Wahrscheinlich hatte der Offizier noch kein
einziges Manöver mitgemacht. Oder er hatte einen guten Burschen, der ihm den
Rock vorbildlich sauber hielt.
    »Was schreit Er hier
herum?«, sagte der Capitaine.
    »Entschuldigen Sie,
Herr Hauptmann. Rat Weyhe mein Name. Ich habe einen Gefangenen nach Berlin zu
überstellen. Wenn Sie so freundlich wären, die Durchfahrt frei zu machen. Unser
Fahrzeug wartet vor dem Tor.«
    »Einen Gefangenen?«
Der Offizier zupfte seine

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