Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenbluete - Band 2 - Die Waechter

Schattenbluete - Band 2 - Die Waechter

Titel: Schattenbluete - Band 2 - Die Waechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Melling
Vom Netzwerk:
unseres Ordens zu halten. Anpassen war noch nie seine Stärke. Jetzt jedenfalls ist er das erste Mitglied der zukünftigen Schutzengel Berlins. Was dem Rat nicht gefällt. Ich sehe es an den Blicken, die Helena ihm zuwirft, wenn sie hereinkommt, um einen Neuen anzukündigen. Aber ich werde in Zukunft sicher noch härtere Kämpfe auszufechten haben als den, jemanden zu benennen, dessen Rang lächerlich niedrig ist.
    Natürlich bespreche ich mich mit Adrian. Doch die Entscheidung, wer in Zukunft an unserer Seite stehen darf, muss ich selbst treffen. Ebenso, wie ich die Verantwortung allein zu tragen habe, wenn das Projekt scheitert.
    Am Ende des Tages haben wir fünf Mitstreiter gewonnen.
    Sarah ist entschlossen, ihrer Berufung als Shinan nachzukommen, zu helfen, wo sie kann. Ich bin mir nicht sicher, ob sie die Richtige ist. Doch sie bittet mich so inständig, ihr eine Chance zu geben, dass ich sie trotzdem nehme.
    Raquel ist extra aus Südamerika gekommen, um an unserem Projekt teilzunehmen. Ursprünglich stammt sie aus Buenos Aires, spricht aber sehr gut Deutsch, mit einem warmen, rollenden Akzent.
    Felix und Konstantin scheinen unkompliziert. Konstantin hat wenigstens schon einmal Kampfsport gemacht und sucht jetzt «einen Sinn im Leben». Felix spielt Fußball. Vielleicht kennt er sich im Zweikampf aus? Doch viel Hoffnung habe ich nicht. Shinanim sind viel zu faire Spieler, als dass sie bereit wären, für den Sieg die Verletzung eines Gegners zu riskieren.
    Selina ist ehrgeizig, sie will sich im Orden bewähren. «Sie sucht eine Herausforderung.» Ich muss lächeln. Dieser Satz hört sich sehr nach einem Bewerbungsratgeber an. Im weiteren Gespräch scheint sie dann aber wirklich offen und lernbereit. Wir werden sehen.
    Als der Bewerbungstag vorüber ist, hole ich sie zusammen. Erwartungsvoll sehen sie mich an. Ich bin Elias, ihre Hoffnung, den alten Glanz des Ordens der Shinanim wieder erstrahlen zu lassen. Von mir erwarten sie, das Leben für die Menschen der Stadt sicherer und besser zu machen. Von jetzt ab darf ich keine Schwäche mehr zeigen.

[zur Inhaltsübersicht]
    9. Luisa
    Ich gehe mit meiner Mutter nach Hause. Jetzt, wo die Sonne längst untergegangen ist, ist es eisig. Immer wieder streift mich der unruhige Blick meiner Mutter. Was ist nur los mit ihr? Sie hat einen Kuchenkrümel im Mundwinkel. Als ich sie darauf aufmerksam mache, kippt sie fast ihre ganze Tasche aus, nur weil sie ein Taschentuch sucht. Und dann wischt sie mit dem Tuch nicht nur ihren Mund ab, sondern drückt ein zweites Taschentuch auf ihre Augen. Als sie es wieder wegnimmt, liegt die verwischte Wimperntusche wie dunkle Ringe unter ihren Augen. Sie sieht krank aus. Ein Gedanke, den ich nicht denken will, weil er mir Angst macht. Denn in meiner Welt bedeutet Krankheit eben manchmal Tod. Ich zwinge mich, an meinen Neujahrsschwur zu denken. In diesem Jahr sehen wir nur vorwärts. Wir beide. Ich und Thursen. Thursen. Wo ist er jetzt?
    In der Wärme der Wohnung fangen meine Nase und meine Fingerspitzen an zu kribbeln.
    «Willst du deine Jacke nicht ausziehen?», fragt meine Mutter aus der Küche. Ich höre den Mülleimer klappen. Wahrscheinlich wirft sie ihre zerknüllten Taschentücher fort.
    «Ich muss noch mal weg.»
    «Hast du denn schon deine Hausaufgaben gemacht?»
    «Die können warten.»
    Meine Mutter kommt mit Zigarette und Aschenbecher in der Hand aus der Küche. «Früher hast du deine Hausaufgaben immer sofort gemacht, damit du raus- und spielen konntest mit –» Ihre Stimme bricht.
    «Mit deinem Bruder» wollte sie sagen. Ja, früher war alles anders. Aber es wird nie wieder so werden. Egal, wie sehr wir uns anstrengen. «Ich bin bald wieder da.»
    Und dann bin ich wieder zurück in der Kälte. Ich muss Thursen sehen. Jetzt.
    Der Weg dauert viel zu lange. Endlich angekommen, öffnet Thursen mir die Tür. Feuchtdunkle Haarsträhnen rahmen sein schmales Gesicht, das mir so vertraut ist. Ich dachte, ich wüsste alles über ihn. Aber er trifft sich hinter meinem Rücken mit den Wölfen, mit denen er nie wieder etwas zu tun haben wollte. Gehört er jetzt doch wieder zu ihnen?
    «Ich habe euch gesehen. Was sollte das da auf dem Wittenbergplatz?», sage ich statt einer Begrüßung. Knalle die Haustür hinter mir zu. «Wieso erzählst du mir nicht, dass du dich mit Norrocks Bande triffst?»
    Ich kann nichts lesen in seinem Gesicht. Da sind nur seine haselnussbraunen Augen, die ruhig meinem Blick standhalten und mich in den Bann

Weitere Kostenlose Bücher