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Schattenbluete - Band 2 - Die Waechter

Schattenbluete - Band 2 - Die Waechter

Titel: Schattenbluete - Band 2 - Die Waechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Melling
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rücksichtslos sein kann. Jetzt weiß ich, dass er ein kaltblütiger Mörder ist. Wenn ich an ihn denke, könnte ich kotzen. Dass es ein geplanter, eiskalter Mord war und nicht auf der Jagd passiert ist, macht es schlimmer, ja. Aber wieso sollte das gleich meine Welt verändern?» Ich reiße mich von Thursen los. Mache die Bewegung zu weit und knalle gegen Thursens verhüllten Kleiderschrank. Meine Knöchel brennen wie Hölle. «Ich habe Norrock nie für den edelsten aller Menschen gehalten!»
    «Norrock ist ein Werwolf.» Thursen will sich wegdrehen und zum Fenster gehen.
    Doch ich bin schneller und blockiere seinen Weg. «Du warst auch einer. Vergiss nicht, dass ich dich auch als Werwolf kannte! Und du warst anders! Du hättest nie jemanden sterben lassen, nur um Leitwolf zu werden.»
    «Nein?», schnappt er. «Wie kannst du da so sicher sein, Luisa?»
    Mir stockt der Atem. Mein Herz rast, und Adrenalin rauscht durch meine Adern. Als müsste ich rennen, nur schnell genug rennen, und ich könnte vor dieser Wahrheit fliehen und würde in einer anderen Wirklichkeit ankommen.
    «Sag, dass es nicht wahr ist!», verlange ich. Stoße ihm meine Hände vor die Brust. «Sag es!»
    Er fängt meinen Stoß mit einem Schritt rückwärts ab. «Warum? Du weißt genau, was die Wahrheit ist.»
    Er war der letzte Leitwolf. Meine Fingernägel krallen sich in seine Oberarme. «Du hast – du hast jemanden getötet?»
    Ja, er hat recht, das ändert meine Welt! Norrock ist mir egal, aber Thursen, er war mir wichtiger als jeder andere. Ich drücke zu und will, dass es richtig wehtut. Dass meine Nägel sich in sein Fleisch bohren! Dass ich ihm die Haut zerkratze und Blut fließt. Doch das alles kann nicht so wehtun wie das, was er mir gerade gesagt hat. Wie soll ich einen Mörder lieben? Und wie soll ich weiterleben, wenn ich Thursen nicht mehr lieben kann?
    «Ich war ein Wolf!», knurrt Thursen, die Fäuste geballt.
    «Du verdammtes Monster!» Ich schubse ihn mit all meiner Kraft rückwärts. Er soll weg von mir!
    Doch diesmal weicht er nicht aus. Ist nicht sanft, sondern wischt mit einer einzigen Bewegung meine Hände von seiner Brust. «Ja, genau. Monster! Was hast du denn erwartet, das ich war? Ein lieber braver Junge, der immer seine Hausaufgaben macht und abends pünktlich nach Hause kommt? Luisa, ich war ein Werwolf! Das hast du immer gewusst!»
    «Was habe ich wohl erwartet von dem, den ich liebe? Ich dachte, der Tod von Menschen macht dir genauso viel aus wie mir!» Nur seine Arme zerkratzen reicht mir nicht. Ich zerre ihm das Shirt herunter. Freue mich, als es reißt. Voller Wut will ich ihm meine Fingernägel in die Brust schlagen, dass blutige Streifen zurückbleiben. Doch so weit komme ich nicht. Er schlingt seine Arme um mich. Umklammert mich und drückt mich so fest an sich, dass meine Arme zwischen uns eingeklemmt sind. Ich winde mich, atemlos, kämpfe mit aller Kraft und bekomme meine Hände trotzdem nicht frei.
    «Lass mich los!», schreie ich. Er erstickt meinen Laut mit seinem Mund. Fest drückt er ihn auf meinen. Ich fühle seinen stoßweisen Atem in meinem Gesicht. Er schnappt nach Luft. Endlich bekomme ich meine Hände doch frei und kralle sie in seine Haare. Will sie ihm am liebsten büschelweise ausreißen und ziehe ihn dann doch nur näher zu mir. Zwinge seinen Mund zu meinem. Er beugt sich vor, über mich. Ich stolpere rückwärts, falle aufs Bett und reiße ihn mit. Lasse seine Haare los und zerkratze ihm stattdessen den Rücken. Er erwischt meine Hände, hält sie fest, und wir ringen miteinander. Bis unsere Wut aufeinander ein anderes Ventil findet. Wir uns hitzig und voller Hast die Kleidung herunterreißen und einen ganz anderen Kampf kämpfen.
    Bald sind wir so weit, dass ich nichts mehr trage als die Kette, Thursens Kette. Bis ich seine glühende Haut an meiner fühle, er meinen rasenden Herzschlag spürt und ich seinen. Kommen uns nah wie nie. Ich dachte immer, das erste Mal mit uns könnte alles auslöschen. Wäre reine, ungetrübte Glückseligkeit. Sanft und paradiesisch zärtlich und nicht voller Wut und Schmerz. Und dann ist es ganz anders. Trotzdem ganz wir. Wir. Wir. Wie könnte es je anders sein als wir zusammen.
    Erschöpft und verschwitzt und atemlos liege ich schließlich in seinem Arm. Spüre, wie meine Herzschläge wieder langsamer werden. Wie mit ihnen die Wut verhallt wie der letzte ferne Donner nach einem Gewitter. Mein Atem ist wie der Wind, der die schwarzen Unwetterwolken fortträgt.

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