Schattenblume
haben, versuchen sich zurückzuhalten, doch in diesem Moment wollte sie einfach nur in seinen Armen liegen und ihn gewähren lassen.
Mit den Fingern berührte er die Narbe auf der linken Seite ihres Bauchs. «Erzähl mir davon», sagte er.
Panik durchfuhr sie, und sie zwang sich, nicht zurückzuweichen. «Blinddarm», sagte sie, obwohl die Wunde von einem Jagdmesser stammte.
Als er den Mund aufmachte, rechnete sie damit, dass er ihre ärztlichen Fähigkeiten in Zweifel zog, denn der Blinddarm lag auf der anderen Seite. Doch Jeffrey fragte nur: «Blinddarmdurchbruch?»
Sie nickte und hoffte, damit war es gut. Sara war nicht geübt im Lügen, und sie wusste, sie durfte keine komplizierte Geschichte erfinden.
«Wie alt warst du?»
Sie zuckte die Achseln und sah zu, wie er mit dem Finger die Narbe entlangfuhr. Die Narbenränder waren gezackt, ganz anders als der präzise Schnitt eines Chirurgen. Das Sägemesser hatte das Gewebe aufgerissen, die Klinge fast bist zum Schaft in ihrem Bauch versenkt.
«Irgendwie sexy», sagte er und küsste wieder ihren Bauch.
Sara legte die Hand auf seinen Hinterkopf und starrte an die Decke, als ihr das Ausmaß ihrer Lüge dämmerte. Noch waren sie am Anfang. Wenn sie an eine Zukunft mit Jeffrey dachte, dann mußte sie ihm jetzt die Wahrheit sagen, bevor es zu spät war.
Er küsste sie auf die Lippen. «Morgen sollten wir früh aufbrechen.»
Sie öffnete den Mund, doch statt ihm die Wahrheit zu erzählen, fragte sie nur: «Willst du dich nicht von deinen Freunden verabschieden?»
Er zuckte die Achseln. «Wir können sie doch von Florida aus anrufen.»
«Oh, Mist.» Sie setzte sich auf und sah sich um. «Wie spät ist es?»
Er wollte sie zurückhalten, doch Sara war schon bei ihrem Koffer. «Wo ist meine Uhr?»
Jeffrey verschränkte die Hände hinter dem Kopf. «Frauen brauchen keine Uhr.»
«Wieso das denn?»
Er grinste sie albern an. «Weil am Herd eine ist.»
«Sehr witzig.» Sie warf ihre Bürste nach ihm, doch er fing sie einhändig auf. «Ich habe Mama versprochen, dass ich anrufe, sobald wir in Florida sind.»
«Ruf sie morgen an.»
Sie fluchte, als sie ihre Uhr fand. «Schon nach Mitternacht. Sie macht sich sicher Sorgen.»
«Das Telefon ist in der Küche.»
Die Pyjamahose hing an ihrem Fuß, sie hatte es nicht einmal geschafft, sie ganz abzustreifen. So elegant wie möglich versuchte Sara, sie wieder anzuziehen.
«Hey», protestierte er.
Doch als sie aufsah, hatte er es sich anders überlegt und schüttelte den Kopf.
Sara knöpfte sich das Oberteil zu und ging zur Tür. Als sie den Türknauf drehte, hielt sie inne. «Hier ist gar kein Schloss!»
Er tat überrascht. «Ach, wirklich?»
Sara zog die Tür hinter sich zu. Sie tastete sich den Flur entlang, bis sie wieder vor dem Esstisch stand. Der Geruchnach Nikotin war noch stärker, als sie ihn in Erinnerung hatte. Mit großem Glück fand sie das Telefon an der Wand neben dem Kühlschrank.
Sie meldete ein R-Gespräch zur Nummer ihrer Eltern an und hoffte, sie hatte Jeffreys Mutter nicht aufgeweckt. Der Anruf wurde durchgestellt, und nach einmaligem Klingeln war ihr Vater am Apparat.
«Sara?», krächzte Eddie.
Erleichtert lehnte sie sich gegen die Arbeitsplatte. «Hallo, Daddy.»
«Wo zum Teufel bist du?»
«Wir haben in Sylacauga Halt gemacht.»
«Wo zum Teufel ist das?»
Sie wollte es ihm erklären, doch er ließ sie gar nicht zu Wort kommen.
«Es ist schon nach Mitternacht», knurrte er, sein Ton war schärfer jetzt, da er wusste, dass es ihr gut ging. «Was zum Teufel machst du da überhaupt? Deine Mutter und ich sind krank vor Sorge.»
Sara hörte Cathy im Hintergrund murmeln, dann brummte Eddie: «Ich will den Namen von diesem Kerl gar nicht hören. Früher hat sie nie so spät angerufen.»
Sara wappnete sich gegen eine Tirade, doch ihrer Mutter gelang es, ihrem Vater den Hörer abzunehmen, bevor er noch etwas sagen konnte.
«Schätzchen?» Auch ihre Mutter klang besorgt, und Sara hatte ein schlechtes Gewissen, dass sie sich in den letzten zwei Stunden nicht zwei Minuten Zeit genommen hatte, um sich bei ihren Eltern zu melden.
«Tut mir Leid, dass ich nicht früher angerufen habe», sagte sie. «Wir haben in Sylacauga Halt gemacht.»
«Und was ist das?»
«Ein Städtchen.» Sara wusste nicht einmal, ob sie es richtig aussprach. «Jeffrey ist hier aufgewachsen.»
«Oh», sagte Cathy. Sara wartete, doch ihre Mutter sagte nur: «Geht’s dir gut?»
«Ja», versicherte Sara. «Wir hatten
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