Schattenblume
geworden bin. Ich sehe den samtschwarzen Himmel an und frage mich, ob du dieselben Sterne siehst, und ich bete, dass du das Bild von dem Mann bewahrst, der ich für dich war. Ich bete, dass du mich immer noch siehst.»
Jeffrey starrte auf die Worte, ein Lächeln auf den Lippen, als teile er ein Geheimnis mit dem Buch. Er las genauso wie er Liebe machte: bewusst, leidenschaftlich, aufmerksam. Sara wollte, dass er weiterlas, dass er sie mit dem tiefen Klang seiner Stimme in den Schlaf lullte, doch er brach den Bann mit einem schweren Seufzer.
«Na ja.» Er schob das Buch zurück an seinen Platz. «Ich hätte die Bücher damals verkaufen sollen, als der Kurs zu Ende war, aber ich habe es nicht übers Herz gebracht.»
Sie hätte ihn am liebsten gebeten weiterzumachen, doch sie sagte nur: «Ich habe von meinen auch ein paar behalten.»
Er setzte sich hinter Sara aufs Bett und nahm sie zwischen die Beine. «Aber ich konnte mir das eigentlich nicht leisten.»
«Reich war ich auch nicht», sagte Sara abwehrend. «Mein Vater ist Klempner.»
«Und ihm gehört die halbe Stadt.»
Sara schwieg, sie hoffte, er würde das Thema fallen lassen. Eddie Linton hatte einst in Immobilien am Rande des College-Campus investiert, was Jeffrey herausgefunden hatte, als er wegen einer Ruhestörungssache herumtelefonierte. In Jeffreys Augen waren die Lintons vielleicht wohlhabend, doch Sara und Tessa waren mit der Devise aufgewachsen, dass sie nicht mehr Geld ausgeben durften, als sie in den Hosentaschen hatten. Und das war nie viel.
Jeffrey sagte: «Nell hat dir wahrscheinlich von meinem Vater erzählt.»
«Ein bisschen.»
Er lachte bitter. «Jimmy Tolliver war ein kleiner Ganove, der dachte, er könnte ein ganz großes Ding drehen. Zwei Männer sind gestorben, als sie die Bank überfallen haben, und jetzt sitzt er, ohne Hoffnung auf Begnadigung.» Jeffrey griff nach der Bürste. «Egal, wen du fragst, hier in der Stadt sind sie alle davon überzeugt, dass ich genauso schlimm bin wie er.»
«Das wage ich ernsthaft zu bezweifeln», gab Sara zurück. Sie arbeitete schon eine geraume Zeit mit Jeffrey zusammen und wusste, dass er sich ein Bein ausriss, damit immer alles korrekt ablief. Seine Integrität hatte sie von Anfang an beeindruckt.
«Früher habe ich eine Menge Ärger gemacht.»
«Das haben die meisten Jungs.»
«Nicht mit der Polizei», entgegnete er, und sie wusste nicht, was sie darauf sagen sollte. Aber so schlimm konnte er nicht gewesen sein, sonst hätte ihn die Polizei später nicht eingestellt.
Dann fuhr er fort: «Ich schätze, Nell hat dich auch über meine Mutter aufgeklärt.»
Sara schwieg.
Er begann ihr Haar zu bürsten. «Warst du deswegen so schlecht beim
Trivial Pursuit
? Weil du dich auf Nells Geschichten konzentrieren musstest?»
«In Brettspielen war ich noch nie gut.»
«Und in anderen Spielen?»
Sie schloss die Augen und genoss die Bürstenstriche. «Im Tennis habe ich dich geschlagen», erinnerte sie ihn.
«Ich hab dich gewinnen lassen.» Doch sie wusste genau, dass ihm die Niederlage schwer im Magen gelegen hatte.
Jeffrey strich ihr Haar zurück und küsste sie zärtlich auf den Nacken.
«Willst du eine Revanche?», schlug sie vor.
Er nahm sie in die Arme und zog sie näher an sich heran. Dann tat er etwas mit der Zunge, dass sie fast um den Verstand brachte.
Sie versuchte sich aufzusetzen, doch er ließ sie nicht gehen. Sie flüsterte: «Deine Mutter ist nebenan.»
«Nebenan ist das Bad», widersprach er und schob die Hände unter ihr Pyjamaoberteil.
«Jeff –», seufzte sie, als er die Hand in ihre Schlafanzughose gleiten ließ. Doch bevor er weiterkam, hielt sie ihn auf.
Er sagte: «Vertrau mir. Sie wacht nicht auf.»
«Das ist es nicht.»
«Ich habe die Tür abgeschlossen.»
«Warum hast du abgeschlossen, wenn sie sowieso nicht aufwacht?»
Er knurrte, wie er wahrscheinlich früher auch seine Lehrerin angeknurrt hatte. «Weißt du, wie viele Nächteich hier als Kind wach gelegen habe und mir nichts sehnlicher wünschte als eine wunderschöne Frau im Bett?»
«Jetzt sag mir nicht, dass ich die Erste bin, die du hier hast.»
«Hier?», fragte er und zeigte auf den Boden.
Sie drehte sich um und sah ihn an. «Glaubst du, es macht mich heiß zu hören, wie viele Frauen du hattest?»
Er zog sie auf den Boden. «Aber du bist die Erste, die ich
hier
habe.»
Sie seufzte übertrieben. «Endlich was, worauf ich stolz sein kann.»
«Hör auf damit», sagte er plötzlich ernst.
«Sonst
Weitere Kostenlose Bücher