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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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Fingerspitzen ihren Rücken berührte. Sie blieb so abrupt stehen, dass er gegen sie prallte und beide zu Boden stürzten. Er schaffte es gerade noch, den Sturz mit seinem Körper abzufangen, doch sie schürfte sich den Ellbogen am Asphalt auf.
    «Was ist los mit dir?», fragte er und zog sie am Armhoch. Er klopfte ihr den Splitt von der Pyjamahose. «Hast
du
geschrien?»
    «Natürlich nicht», antwortete sie gereizt. Auf einmal überkam sie eine unbändige Wut auf ihn. Warum hatte er sie hierher gebracht? Was hatte er sich davon versprochen?
    «Beruhig dich erst mal», sagte er und streckte die Hand nach ihr aus.
    Doch sie schlug seine Hand weg. «Fass mich nicht an», zischte sie. Im selben Moment zerriss wieder ein Knall die Nacht. Diesmal wusste Sara, dass es keine Fehlzündung war. Sie war oft genug auf dem Schießplatz gewesen, um zu wissen, wie sich eine Pistole anhörte.
    Jeffrey legte den Kopf auf die Seite, um zu orten, woher der Schuss gekommen war. Wieder fiel ein Schuss. Er drehte sich um. «Du bleibst hier», befahl er, dann rannte er auf das gelbe Haus mit dem Lattenzaun zu.
    Sara folgte, so schnell sie konnte. Sie ging um den Zaun herum, über den Jeffrey gesprungen war. Durch den Garten führte ein ausgetretener Fußweg hinter das Haus. Grelles Licht fiel aus der Hintertür, die Jeffrey aufgetreten hatte. Dann hörte sie wieder einen Schrei. Wenige Sekunden später kam Jeffrey heraus. Plötzlich schien in allen Fenstern gleichzeitig das Licht anzugehen.
    «Sara!», rief Jeffrey und winkte sie heran. «Schnell!»
    Als sie über die Wiese rannte, spürte sie einen stechenden Schmerz an der Fußsohle. Der Garten war mit Kiefernnadeln und -zapfen übersät, und sie versuchte auszuweichen, ohne ihr Tempo zu verlangsamen.
    Jeffrey packte sie am Arm und riss sie ins Haus. Im Grundriss ähnelte es dem von Possum und Nell, in der Mitte ein langer Flur, von dem nach rechts die Schlafzimmer abgingen.
    «Hier lang», sagte Jeffrey und schob sie den Flur hinunter. Er ging zum Telefon in der Küche. «Ich rufe die Polizei.»
    Als Sara das Schlafzimmer betrat, blieb sie einen Moment lang wie versteinert stehen.
    Der Deckenventilator drehte sich schleppend, die Blätter machten ein unangenehm knirschendes Geräusch. Jessie stand neben dem offenen Fenster, ihr Mund bewegte sich, doch kein Ton kam heraus. Ein Mann lag ohne Hemd mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden neben dem Bett. Die rechte Seite seines Kopfes fehlte. Verschmierte Blutspuren führten zu einer Pistole mit kurzem Lauf, es sah aus, als hätte sie ihm jemand aus der linken Hand getreten.
    «Mein Gott», stöhnte Sara. Blut fand sich nicht nur rund ums Bett, sondern hatte auch die Decke und die Glühbirne des Ventilators wie ein feiner Sprühregen überzogen. Ein Stück Schädel und Kopfhaut klebten am Nachttisch; an der Schublade hing etwas, das aussah wie ein Ohrläppchen.
    Trotz der grausigen Szene, die sich ihr bot, war Sara im nächsten Moment schon wieder ganz Ärztin. Sie beugte sich über den Mann, legte ihm den Finger an den Hals und suchte nach einem Puls. Vergeblich tastete sie die Schlagader ab. Die Haut war klebrig, von einem Schweißfilm überzogen. Ein süßlicher Geruch wie Vanille hing in der Luft.
    «Ist er tot?»
    Sara drehte sich um.
    Robert stand hinter der Schlafzimmertür. Er lehnte an der Wand, den Oberkörper vorgebeugt. Mit der linken Hand hielt er sich eine Wunde an der Seite, Blut quoll zwischenseinen Fingern hervor. In der rechten hatte er eine Waffe, mit der er auf den Toten zielte.
    Sara sagte zu Jessie: «Hol Handtücher», aber Jessie rührte sich nicht.
    «Alles in Ordnung?», fragte Sara an Robert gewandt, doch sie hielt Abstand zu ihm. Er zielte immer noch auf den Toten, und seine Augen waren glasig, als wäre er nicht bei Sinnen.
    Jetzt kam Jeffrey herein, der sich mit einem schnellen Blick ein Bild zu machen versuchte. «Robert?» Er machte einen Schritt auf seinen Freund zu. Der Mann blinzelte, dann schien er Jeffrey zu erkennen.
    Jeffrey zeigte auf die Pistole. «Gib mir die Waffe, Mann.»
    Roberts Hand zitterte, als er Jeffrey die Waffe mit der Mündung voran übergab. Jeffrey sicherte sie und verstaute sie im Bund seiner Jeans.
    Sara sagte: «Du musst dein T-Shirt ausziehen, okay?»
    Robert sah sie verwirrt an. «Ist er tot?»
    «Willst du dich nicht erst mal hinsetzen?», fragte sie, doch er schüttelte den Kopf und lehnte sich zurück an die Wand. Er war groß und muskulös. Selbst in Unterhemd und

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