Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenbruch

Schattenbruch

Titel: Schattenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
Vom Netzwerk:
»Nun … was soll ich sagen? Ich habe dich unterschätzt!« Er brach in schallendes Gelächter aus. »Das war eine reife Leistung, Fischer, und ein gelungenes Schauspiel dazu. Und da ich ein ehrlicher Mann bin, werde ich mein Wort halten.« Er drehte sich zu Parzer und Mäulchen um. »Die
Hotteposse
gehört euch. Ich werde sie selbst flott machen, damit wir Tarnacs Galeere folgen können. Für ein Abenteuer war ich mir noch nie zu schade - auch wenn ich nun auf ein anderes verzichten muß.« Er verneigte sich vor Mäulchen, doch diese verschränkte grimmig die Arme vor der Brust. Parzer aber stürzte an Ungelds Seite und half dem Netzknüpfer auf die Beine. »Hochachtung«, raunte er ihm zu. »Das hätte ich dir nicht zugetraut. Ich selbst hätte mich schwer getan, den Becher da unten aufzuspüren.«
    »Für wen hältst du mich, Parzer? Dachtest du wirklich, ich tauche zum Seegrund und taste den Schlamm ab?« Ungeld grinste. »Diese Kupferbecher sehen eh alle gleich aus … ein Weilchen den Kopf unter Wasser halten, ein Griff in die Tasche - und schwupps, hat der Prasser seinen Kübel wieder.«
    »Wußte ich es doch, du gerissene Robbe!« Parzer gab ihm einen anerkennenden Knuff. »Aber laß Schalim bloß nicht wissen, daß du ihn hereingelegt hast. Wir brauchen seine Hilfe, wenn wir dieses Wrack seetüchtig kriegen wollen.«
    Unruhiger Fackelschein huschte über die Baumkronen, riß Schattenbruch aus seinem nächtlichen Schlummer. Am Schnittpunkt der beiden Alleen, im Umkreis des Findlings, steckten mehrere Fackeln im Kies. Sie erweckten den Park zu Eigenleben; die Zweige, vom Wind bewegt, griffen wie Finger nach dem flackernden Licht, warfen zerfaserte Schatten auf Wiesen und Hecken, und Nachtfalter irrten um die Flammen. Einige kamen dem Feuer zu nahe und verbrannten mit einem Knistern.
    Unweit des Findlings standen Aelarian und Cornbrunn. Die zwei Troublinier hatten ihre Mäntel zugeknöpft, denn es war kalt geworden im Park. Sie blickten auf die Tempelruine; dort tanzte der Schattenspieler. Die Laterne in seiner Hand warf einen bläulichen Lichtkegel auf das Gebäude. Um seine Füße flitzten die Kieselfresser; für sie war dies alles ein großer Spaß, und sie ahmten die Schritte des Tänzers nach. Dieser hatte die Kartenrolle auf den Stufen des Tempels abgelegt und einige Scherenschnitte gezückt; er hielt sie vor die Laterne, und so wanderten dunkle Schemen über die Mauern der Ruine.
    »Was tut er da?« wisperte Cornbrunn. »Ich dachte, er wollte uns in das Verlies führen. Nun gibt er uns ein Schattenspiel zum Besten, als wären wir staunende Kinder.«
    »Nun, mich bringt er zum Staunen.« Aelarians Augen glänzten. »Sieh doch, wie geschickt er die Figuren bewegt, und das mit einer Hand!«
    Die Schatten der Figuren - es waren drei Männer - zeichneten sich deutlich auf der zerfallenen Mauer ab; eine von ihnen schwenkte eine Laterne, die anderen beiden trugen wehende Mäntel, hielten sich bang an den Händen fest.
    »Und wie kunstvoll sie gefertigt sind … man erkennt ihre Kleider, die Haare, jeden einzelnen Finger. Jetzt läßt er sie in seinem Ärmel verschwinden. Er winkt uns zu!«
    Cornbrunn packte die Schulter des Großmerkanten. »Nein, nicht uns … seht doch! Dort, bei den Bäumen!« Ein Windstoß fuhr durch den Park, ließ die Zweige rascheln. Zugleich begannen auf den Hecken und Baumwip- fein, den Kieswegen und Wiesen die Schattenstreifen ineinanderzufließen. Sie lösten sich aus der Gefangenschaft des Fackellichts, strebten empor: Fetzen aus Dunkelheit, finstere Nachtgeister, Schattenbruchs Brut.
    Der Tänzer hatte innegehalten. Er hob die Laterne. Sein Gesicht schimmerte bläulich. Die Schatten schwebten ihm entgegen, so wie die Nachtfalter das Licht der Fackeln gesucht hatten. Er streckte die Hand aus, und sie folgten seinen Bewegungen, waberten als dunkler Nebel auf die Ruine zu.
    »Er trägt die Kette«, flüsterte Cornbrunn. »Um seinem Hals wandert ein silberner Glanz …« Er preßte sich gegen den Großmer kanten. »Das ist Zauberei, üble Zauberei! Geht nicht mit ihm, ich flehe Euch an!« Aelarian beachtete ihn nicht. Er blickte fasziniert auf den Schattenspieler, der die Laterne wie einen Talisman schwenkte und die Schatten ins Innere des Tempels drängte. »Sie gehorchen ihm aufs Wort … Woher nimmt er bloß diese Kraft? Ich bin beeindruckt.«
    Der Schattenspieler stieg die Treppe zur Ruine empor, in der die Geister verschwunden waren. Er ergriff die Kartenrolle und sah sich nach

Weitere Kostenlose Bücher