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Schattenbruch

Schattenbruch

Titel: Schattenbruch
Autoren: Markolf Hoffmann
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Tagen verändert. Die Schuppenhaut war blaß geworden; ein weißer Dunst umwehte Quazzusdon, so wie Nebel. Fast schien es, als löse sich der Scaduif langsam auf.
    Inthara trat zu ihm heran. »Dein Heer kommt bald nach Vara, Echse. Doch es wird zu spät sein. Diese Stadt könnt ihr nicht erobern; sie wird wachsen und euch für immer im Weg stehen.« Sie lächelte, und die Narbe in ihrem Mundwinkel leuchtete auf. »Die Menschen werden herbeiströmen und hinter diesen Mauern Schutz suchen: Arphater und Sitharer, Kathyger und Troublinier, Gyraner und Candacarer - all jene, die ihr vertrieben habt. Und ich werde mit Baniter Geneder, dem Vater meines Kindes, die Menschen unter einer Herrschaft vereinen, so wie es mir bestimmt ist.«
    Die Augen des Goldei funkelten. Er versuchte zu widersprechen, doch die Ketten um seine Schnauze hinderten ihn daran, und so drang nur ein Zischen aus seiner Kehle.
    »Aber zuerst müssen wir herausfinden, was mit Uliman geschehen ist«, fuhr sie fort. »Warum hat er seine magischen Kräfte nicht eingesetzt, als wir den Palast erstürmten? Und wohin ist er verschwunden?« Sie wandte sich wieder dem Großen Ejo zu. »Durchsucht die gesamte Stadt, Schechim, und laßt Euch dabei von der Stadtgarde helfen. Findet heraus, wo der Junge zuletzt gesehen wurde. Denn ich zweifle an seinem Tod.« Sie preßte Glams Kästchen gegen ihre Brust. Die Kälte des schwarzen Metalls war selbst durch die silberne Hülle zu spüren, und Intharas Herz klopfte schneller. Die Angst, sie ließ sich nicht vertreiben. Denn der wichtigste Kampf um Vara stand noch aus.
    Sinustre Cascodi saß auf der Treppe vor dem Badehaus. Hinter ihr lag die Halle der Bittersüßen Stunden. Ihr Dach war durchbrochen; ein Pfeiler hatte sich aus dem Inneren gebohrt, durchsichtig wie Glas - oder eher wie Wasser, denn seine Oberfläche war in Bewegung, floß empor in den Himmel. Er überragte selbst den Silbernen Dom, und die Spitze fächerte sich auf und warf milchige Schatten auf das Pflaster des Gorjinischen Marktes. Die Dame Sinustre hatte ihr edelstes Kleid angelegt, ein Traum aus Samt, mit Rubinen besetzt; ihr Haar war zu einer kunstvollen Frisur aufgesteckt. Sie blinzelte in die aufsteigende Sonne und summte zufrieden vor sich hin. Die Wandlung der Stadt machte ihr wenig Sorgen; Vara würde gestärkt aus den Wirren hervorgehen, größer und mächtiger als zuvor. Und nun, da Ulimans Truppen geschlagen waren, konnte sie ihre Gedanken getrost auf die kommenden Tage lenken.
    Einige Stadtgardisten stiegen die Treppe empor. Sie hatten die Dame zum Gorjinischen Markt begleitet, denn in der Nacht noch hatten hier Kämpfe getobt. Sinustre Cascodi erhob sich lächelnd.
    »Ihr Söhne von Vara habt wacker gekämpft. Als es vor dem Palast zu dem Zusammenstoß der Heere kam, war es letztlich die Stadtgarde, die den Sieg gegen Uliman erzwang. Ihr habt seine nachrückenden Truppen in den Straßen aufgehalten, und ihr habt die Troublinier am Kaiser-Hamir-Kanal überrumpelt, trotz der furchtbaren Nächte.« Sie strich einem der jungen Gardisten über die Wange, und dieser errötete. »Zugleich haben wir deutlich weniger Männer verloren als die Arphater … das wird uns zugute kommen. Inthara glaubt, sie könne nach dem Tod des Kaisers allein über Vara herrschen. Doch sie wird ihre Macht mit der Bürgerschaft teilen müssen.«
    Der Gardist nickte schüchtern. »Gewiß, Dame Sinustre … dennoch will sie uns nun Befehle erteilen. Sie wies an, die ganze Stadt nach Uliman zu durchkämmen.«
    Sinustre schüttelte verärgert den Kopf. Als der Palast in der zweiten Nacht des Angriffs in Brand gesteckt worden war, hatte sie selbst die Gänge überwacht, die vom Kaisersaal fortgeführt hatten, sowohl die bekannten als auch die geheimen. Sie hatte gesehen, wie die troublinischen Priester die Flucht ergriffen hatten, schreiend aus dem Saal gerannt waren, um dann von den Schatten eingeholt zu werden; hatte noch ihr Wimmern in den Ohren, als sie sich die Augen herausgerissen hatten. Doch Uliman war im Kaisersaal zurückgeblieben, und die brennende Kuppel war über ihm zusammengestürzt. Sinustre war die letzte Person gewesen, die den Ostflügel verlassen hatte, durch einen der vielen Geheimgänge; und sie war sicher, daß Uliman dem brennenden Palast nicht entkommen war.
    »Inthara bangt also noch um ihren Sieg«, sagte sie schließlich. »Das soll mir recht sein … soll sie nur ihre Zeit damit vergeuden, nach ihrem Gemahl zu suchen. Wir hingegen werden die Zeit
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