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Schattenbruch

Schattenbruch

Titel: Schattenbruch
Autoren: Markolf Hoffmann
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Marsch durch das glühende Land verloren; nun stehen wir vor Vara, um Rache zu nehmen und Sithar zu retten.« Er sah den Klippenritter entschlossen an. »Laßt uns die Scherben zusammenkehren, die Uliman hinterlassen hat. Holt seinen Vater herbei. Akendor soll am Nordtor eine Rede halten, damit die Stadtgarde ihren Widerstand aufgibt und uns durch die Tore läßt.«
    Der Palast bot ein schreckliches Bild. Der Ostflügel war bis auf die Grundmauern niedergebrannt, und der Südflügel hatte sich verändert: die Wände standen schräg, zerrissen durch den Angriff der Schatten. An viele Stellen hatten die Mauern ihre Farbe eingebüßt, waren gläsern und ließen das Sonnenlicht hindurch. Dreimal waren die Schatten über den Palast hergefallen, und dreimal hatte die arphatische Königin sie abgewehrt - mit Glams Geschenk.
    Inthara schritt durch den Vorhof des Palastes. Hier lagen viele Verwundete; sie riefen nach der Königin, priesen sie als Tochter des Sonnengottes, denn sie zeigte sich in der orangefarbenen Tracht der Agihor-Priesterschaft. Nie war sie so schön gewesen wie an diesem Morgen; ihr Gesicht leuchtete in der Sonne, das dunkle Haar schimmerte, und der Bauch wölbte sich unter dem Stoff. Die Überlebenden dankten unter Tränen dem Sonnengott, der ihnen seine Tochter als Herrscherin entsandt hatte. Im Hof empfing der Große Ejo sie mit einer Verbeugung. »Göttliche Herrin … ein neuer Morgen bricht an.« Der Schechim wirkte erschöpft. »Die Nacht hat diesmal nur wenige Opfer gefordert. Die Sajessin melden ein Dutzend Tote, die Balah-Sej sieben, und die Anub-Ejan haben zwei Männer an die Schattendämonen verloren.« »Das sind weniger als in den vergangenen Nächten.« Inthara blickte auf die schwelenden Trümmer des Ostflügels. »Was ist mit Ulimans Truppen? Haben sie uns nochmals angegriffen?«
    »Es gab Scharmützel in der Weststadt. Zehn Mann der kaiserlichen Garde hatten sich in einer Seitengasse versteckt. Es war ein Kinderspiel, sie zu entwaffnen.« Ejos Stimme war der Stolz anzuhören. »Wir haben gesiegt, Herrin! Drei Tage lang hat uns Uliman Widerstand geleistet, aber sein verweichlichtes Heer hat ihm den Rücken gekehrt und sich von den Schrecken der Nacht einschüchtern lassen. Die feige Kaisergarde wurde versprengt, und auch die Troublinier haben sich ergeben!«
    »Dennoch war unser Blutzoll hoch«, erinnerte ihn Inthara. »Wir haben dreihundert Mann bei der Erstürmung verloren, und die doppelte Anzahl ist schwer verwundet.« Sie wies auf die verletzten Mönche, die im Hof auf ausgebreiteten Wolldecken lagen; viele mit abgetrennten Gliedern, klaffenden Wunden, verstümmelten Gesichtern und pfeildurchschossenen Kehlen. »Es war ein Blutbad … und den Kaiser haben wir nicht finden können! Uliman ist entkommen.«
    Ejo rümpfte die Nase. »Was wollt Ihr noch mit diesem Balg? Er ist vermutlich von einer eingestürzten Säule begraben worden, oder er blieb aus Dummheit im Palast, als wir diesen in Brand setzten. Wir werden die Leiche schon noch finden … denn falls er am Leben wäre, hätte er seine Truppen gesammelt und einen weiteren Angriff gewagt. Doch selbst das Gildenpack glaubt nicht mehr an sein Überleben; deshalb hat es die Waffen gestreckt.« »Die Schatten haben den Troubliniern übel zugesetzt. Unter den Toten, die wir im Palast fanden, waren zahlreiche ihrer Priester. Ihr Gott hat ihnen nicht geholfen.« Die Königin holte das Silberkästchen hervor, in dem sie Glams Geschenk aufbewahrte. »Dies also ist die Wandlung, von der Sai'Kanee sprach. Die Stadt verändert sich mit jeder Nacht. Überall brechen die Türme hervor, und waren sie anfangs am Tag kaum zu erkennen, sieht man sie nun auch bei Sonnenlicht.«
    »Es bleibt Dämonenwerk!« Ejos Gesichtszüge versteinerten. »Wir sollten die Stadt verlassen. Wer weiß, was in den kommenden Nächten geschieht? Bisher haben uns die Götter vor den Schatten bewahrt, doch wie lange noch?«
    »Uns wird nichts geschehen.« Inthara strich behutsam über ihren Bauch. »Bald wird Sai'Kanee aus dem Verlies zurückkehren; dann wird Ruhe in Vara einkehren, und wir können uns für den letzten Kampf rüsten - den Ansturm der Goldei.«
    Sie warf einen Blick zum Eingangstor. Dort hatten die Anub-Ejan ihren wichtigsten Gefangenen festgekettet: Quazzusdon, den Anführer der Goldei. Silberne Ketten schlangen sich um seinen Hals, seine Tatzen, sein Maul. Sie waren so festgezurrt, daß er sich kaum bewegen konnte. Dennoch hatte er sich in den vergangenen
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