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Schattenbruch

Schattenbruch

Titel: Schattenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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den ich in deine Hand webe. Seine Maske wird für kurze Zeit ihre Kraft verlieren und Nhordukael den Sieg erleichtern. Es ist ein sicherer Plan; Laghanos wird niemals mit einem Angriff aus den Reihen der Beschlagenen rechnen.« Tyra starrte auf das goldene Schimmern, das sich in ihren Fingerspitzen verlor. »Schon einmal hat die Maske mich gewittert. Sie wird mich wieder entlarven.«
    »Sei unbesorgt, dieses Mal wird Laghanos die Verhüllung nicht durchschauen. Denke daran: nur mit deiner Hilfe kann ich diesen Wahn beenden und das Gefüge zerstören. Dann wirst auch du wieder frei sein … das möchtest du doch, nicht wahr?«
    Die Worte klangen süß; Tyra wollte sie gerne glauben. Tapfer nickte die Mondjüngerin. »Ich folge dir schon seit langem; durch dich habe ich erkannt, wie unwürdig unser Leben im Spektakel ist. Es wäre schrecklich, wenn das Gefüge die gesamte Welt durchdränge.«
    »Es liegt in deiner Hand, dies zu verhindern. Vertraue dem Glanz des Mondes … halte ihn geheim und warte auf die Stunde, in der Laghanos sein Ende finden muß.«
    Mondschlunds Worte verebbten. Das Glitzern des Silbers kehrte zurück, und Tyras Hand begann wieder zu brennen und zu jucken. Doch trotz der Schmerzen hatte sie Mut gefaßt und wartete nun darauf, von Laghanos in die Schlacht gerufen zu werden.
    Im Inneren des Brennenden Berges, umfaßt von Steinbecken, brodelte die Lava. Flammen jagten über sie hinweg, zuckten wie Blitze empor, und das Herz der Quelle - ein Schleier aus flimmernder Luft - wallte vor Hitze.
    Seit Nhordukael in das Auge der Glut eingetaucht war, waren die Kräfte der Quelle gewachsen. Immer wieder brachen sie an einem Ort des Hochlandes hervor; die Erdkruste zerbarst, Lava spritzte empor, brannte Dörfer nieder und begrub Felder unter dampfender Schlacke. Der Zorn der Quelle wuchs von Tag zu Tag; wer kein weißes Stirnband um den Kopf trug und sich somit zu Nhordukael bekannte, war seines Lebens nicht mehr sicher. Denn nur die Weißstirne wurden von den Feuern verschont. Alle anderen mußten fliehen, oder sie starben in den Trümmern ihrer Häuser.
    Auch Drun, der Anführer der Weißstirne, erfüllte das Toben der Quelle mit Sorge. Zwar hatten die Anhänger Nhordukaels den Silbernen Kreis aus Thax vertrieben und einen Waffenstillstand mit den kaiserlichen Truppen ausgehandelt. Doch seit die Stadt Nandar von einem Erdbeben vernichtet worden war, griff auch in den eigenen Reihen Furcht um sich. Was brachten all ihre Siege, wenn die Quelle das palidonische Hochland als Trümmerfeld zurückließ? Das Kaiserreich fiel auseinander - was würde ihm folgen? Mit wachsender Ungeduld warteten die Weißstirne auf ein Zeichen Nhordukaels, das Drun ihnen tagtäglich versprach. Drun war ein junger Mann, kaum zwanzig Jahre alt, auch wenn sein Gesicht seit dem Kampf um Thax gealtert war. Die jüngsten Ereignisse beunruhigten ihn. Der Mord an den Fürsten verhieß nichts Gutes; nun herrschte Kaiser Uliman allein in Vara, und dieser Knabe war in Druns Augen ein Geschöpf der Bathaquar-Sekte. Er unterstützte den falschen Hohenpriester Bars Balicor, der die Kirche in den Schoß der Bathaquar geführt hatte. Sithar war zerrissen, und die Zerschlagung des Silbernen Kreises konnte nur eines bedeuten: die Bathaquar holte zu einem neuen Schlag gegen die Weißstirne aus.
    Beunruhigt blickte Drun in das bläuliche Flackern über dem Lavabecken. Wann würde Nhordukael zurückkehren? Für ihn hatten sie dem Gott Tathril abgeschworen, ihm hatten sie ihr Schicksal anvertraut. Wo war er nun, da sie ihn brauchten?
    »Zuversicht«, flüsterte Drun. »Du hast gesagt, wir sollen mit Zuversicht auf die kommende Zeit blicken. Jetzt aber sind wir ratlos - und du bist noch immer fort. Wie oft haben wir dich gerufen, Nhordukael … eine Antwort bist du uns schuldig geblieben.«
    Eine Feuergarbe schoß aus der Lava empor. Drun sah eine Bewegung in der Glut. Das flüssige Gestein warf Wellen auf; schwerfällig schwappten sie gegen den Rand des Steinbeckens. Dann erhob sich etwas aus dem Feuer - ein Kopf! Flammen umzüngelten ihn, Lava perlte von der Haut und legte die Gesichtszüge eines jungen Mannes offen. Er öffnete die Augen; zwei Feuerbälle, die in den Höhlen brannten.
    »Nhordukael!« Drun fiel auf die Knie. »Du hast meine Rufe erhört!«
    »Drun … es freut mich, dich zu sehen.« Nhordukaels Stimme klang erschöpft. »Ich habe deine Stimme oft gehört, doch ich war zu schwach, um zu antworten. Nun stehe auf. Niemand soll vor mir

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