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Schattenbruch

Schattenbruch

Titel: Schattenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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das Haupt senken und mich anbeten. Ich bin nur ein Mensch, der auf seltsamen Pfaden wandelt.«
    Rasch erhob sich Drun. »Du hast recht, verzeih mir. Wir mußten lange auf deine Führung verzichten. Seit Wochen warten wir auf deine Rückkehr. Wir haben den Brennenden Berg verteidigt, wie du es uns aufgetragen hast; nun wissen wir nicht, wie der Kampf weitergehen soll.« Seine Stimme zitterte. »Die Quelle ist unberechenbar geworden. Sie hat die Stadt Nandar zerstört und weite Teile des Hochlandes verwüstet. Welches Ziel verfolgt sie damit?« »Sie erobert das Land zurück, das der Mensch ihr abrang. Ich ahnte bereits, daß es so kommen würde.« Nhordukaels glühende Augen ruhten auf Drun. »Die Quelle verspürt noch immer rasenden Haß auf uns Menschen. Ich hatte gehofft, sie würde langsam zur Ruhe kommen, nachdem wir die Bathaquari aus dem Hochland vertrieben hatten.«
    »Im restlichen Kaiserreich sitzen diese Verräter um so fester im Sattel. Uliman Thayrin hat der Kirche alle Macht in die Hände gegeben. Nun strömen aus Troublinien zahllose Priester herbei und besetzen die wichtigsten Ämter.«
    »Die Bathaquar-Sekte kehrt nach Sithar zurück«, murmelte Nhordukael. »Ich nehme an, daß auch der Dom von Vara in ihrer Gewalt ist.«
    »Bars Balicor hat ihn uns entrissen«, bestätigte Drun. »Viele Weißstirne starben vor dem Dom, als wir die Quelle verteidigten. Es heißt, der Kaiser selbst habe sie mit seiner Magie getötet - und Bars Balicor stand ihm zur Seite.«
    Nhordukael hob den Kopf höher aus der Glut. »Dann lebt dieser Schurke Bars Balicor also noch.« »Das weiß niemand; er hat sich lange nicht der Öffentlichkeit gezeigt. Weißstirne aus Vara berichten, er sei in das Verlies der Schriften hinabgestiegen und seitdem nicht zurückgekehrt.«
    »Das wäre eine Erklärung für den Zorn der Quelle. Wenn Balicor das Verlies der Schriften beherrscht, könnte er dessen Kräfte gegen das Auge der Glut richten.« Nhordukael sog die flimmernde Luft ein, die ihn umgab. »Ja, ich bin überzeugt davon, daß Balicor das Verlies gegen uns aufhetzt. Ich spüre die Kraft einer fremden Quelle; das wird der Pesthauch der Bathaquar sein. Noch schützt uns das Auge der Glut … doch wenn sein Zorn weiter wächst, wird es mir nicht mehr gehorchen.«
    »Was sollen wir tun?« Drun rückte näher an Nhordukael heran, ungeachtet der aufwallenden Hitze. »Sollen wir Vara belagern? Den Dom zurückerobern?«
    »Es würde euch nicht gelingen; das Verlies der Schriften ist zu mächtig. Nein, jemand muß dort hinabsteigen, in die Katakomben des Doms. Ich selbst werde gehen; mir kann Bars Balicor nichts anhaben.« Er ließ langsam den Kopf zurückfallen. »Suche mir ein geeignetes Versteck in Vara; ich werde mich eine Weile dort aufhalten müssen, um das Rätsel des Verlieses zu lösen. Doch zuvor gilt es eine letzte Schlacht zu gewinnen. Halte Wache … ich kehre bald zurück.«
    Die Glut verschluckte seine Gestalt. Drun blieb allein am Rande des Lavabeckens zurück. Seine Augen waren auf die Stelle gerichtet, an der Nhordukael ihm erschienen war, und Zuversicht flackerte in ihnen, heller noch als alle Flammen des Brennenden Berges.

KAPITEL 2
Klagen
    Grauer Himmel über dem Silbermeer, die Wolken verdichtet zu einer bleiernen Front. Die Ahnung eines Sturms lag in der Luft, aber noch verhielt der Wind sich still. Behäbige Wellen rollten über die See; das Licht verlieh ihnen einen metallischen Glanz.
    An einer Stelle warfen die Wogen sich auf und klatschten aneinander wie riesige Hände. Das Wasser nahm die Farbe der Gischt an; Blasen schäumten empor, und ein Dröhnen ließ die Brandung erzittern. Drei Köpfe schoben sich aus der Tiefe des Meeres - wuchtige Häupter, von Hautlappen umgeben, zwischen denen die Augen hervorlugten. Seetang hing aus den Mäulern, Schwanzflossen peitschten das Wasser. Es waren Silberfänger, die Riesen des Meeres, halb Fisch, halb Reptil; mit den Klauen ihrer Vorderbeine konnten sie ein ganzes Schiff vom Heck bis zum Bug aufreißen. Es hieß, daß den Meeresriesen Menschenfleisch besonders mundete, aber das war freilich Seemannsgarn - tatsächlich griffen sie nur dann ein Schiff an, wenn sie sich bedroht fühlten, und der Muschelbewuchs der Planken reizte sie mehr als die Leiber ersaufender Seeleute.
    Die Silberfänger zogen westwärts, wie immer zu dieser Jahreszeit. Nur außerhalb des Silbermeeres konnten sie sich ungestört paaren und ihre Jungen zur Welt bringen. In der Nähe des Leuchtturms von

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