Schattenelf - 3 - Der Herr der Flammen
zu ihm heraufschien.
Nachdem er die künstlich angelegten unterirdischen Gänge der Wolkenfeste hinter sich gelassen hatte, gelangte er in eine natürliche Höhle, deren abfallender Boden bis tief unter das Gebirge führte. Er brauchte fast eine halbe Stunde, um das Ende dieses Ganges zu erreichen, der in eine natürliche Felsenhöhle mit einer einzigen Tür an der gegenüberliegenden Wand mündete. Neben dieser Tür hingen zahlreiche rote Schärpen, identisch mit jener, die Pagonel im Augenblick trug.
Der Ordensbruder ging zur Wand hinüber und stellte mit einem anerkennenden Nicken fest, wie gut sich die Schärpen in all den Jahren gehalten hatten. Die meisten waren weit über einhundert Jahre alt, und die widerlich nach Schwefel stinkende Luft hier unten war überaus säurehaltig, was auf die meisten Stoffe verheerende Auswirkungen hatte.
Pagonel legte seinen Gürtel ab und hängte ihn an einen freien Haken; seine Hand verweilte noch eine ganze Zeit darauf, denn obwohl er ihn nur wenige Jahre getragen hatte, war er in dieser Zeit mehr für ihn geworden als einfach nur ein Symbol er war eine ständige Erinnerung an seinen Lebensweg.
Schließlich riss er sich los, drückte rasch die Tür auf, trat hindurch und schloss sie hinter sich in dem Bewusstsein, weder die Schärpe selbst noch den Raum, in dem sie hing, jemals wiederzusehen.
Er befand sich jetzt in einer geräumigen, schlecht beleuchteten Kammer voller lebensgroßer Statuen in verschiedenen Kampfstellungen, einem Raum ganz ähnlich jenem, in dem er seine Schärpe des Lebens erlangt hatte.
Aber dies war nicht der Ort, an dem seine noch junge Erleuchtung auf die Probe gestellt werden sollte, vielmehr diente er als Vorsichtsmaßnahme gegen alle, die vor der Zeit hierher gelangten. Denn die Statuen waren auf einem so genannten »lebenden« Boden angebracht, einer Anzahl von Druckplatten, über die die Puppen in Bewegung versetzt werden konnten, und nur der, dessen Geschick bereits für den roten Gürtel reichte, konnte diesen Raum passieren und den Fallen aus dem Weg gehen.
Sich seiner Sache vollkommen sicher, zögerte Pagonel gerade lange genug, um sich noch einmal zu ermahnen, sich ausschließlich auf den Augenblick zu konzentrieren, statt auf das, was ihn erwartete, dann streifte er seine weichen Lederschuhe ab und machte sich daran, den Raum zu durchqueren.
Beim Gehen spürte er die leisen Vibrationen unter seinen Sohlen. Körper und Geist bewegten sich in vollkommener Harmonie, als er den Oberkörper drehte, um einer herangleitenden Statue mit ausgestrecktem Speer auszuweichen und noch mit derselben Bewegung unter einer rotierenden Statue hinwegzutauchen, deren Gleve über seinem Kopf ins Leere schlug.
Er richtete sich sofort wieder auf und sprang in die Höhe, als er die Spieße, die genau unter ihm aus dem Fußboden schossen, eher ahnte als tatsächlich kommen sah. Er landete leicht seitlich, fing sich mühelos auf einem Bein stehend und setzte seinen Weg mit unvermindertem Selbstvertrauen fort.
Aus dem Schatten schoss ein Speer auf ihn zu.
Pagonels Oberkörper tauchte ab, während er gleichzeitig den Arm nach oben riss, um den Speer unmittelbar unterhalb der Spitze mit dem Unterarm nach oben und zur Seite abzulenken und unschädlich zu machen. Dann warf er sich in eine Vorwärtsrolle, um zwei schlagenden Schwertern auszuweichen, kam hoch und setzte über einen in seine Richtung zielenden Speer hinweg, bevor er unter ständigem Hin- und Herdrehen einer ganzen Serie von Hieben und Stichen ausweichen musste.
Dann endlich stand er vor der gegenüberliegenden Tür mit dem seitlich im Boden eingelassenen Hebel. Er packte ihn fest mit beiden Händen, legte ihn um und ließ ihn einrasten. Anschließend wartete er, bis alle Gegengewichte sich wieder mit Sand gefüllt und die Kammer wieder einsatzbereit gemacht hatten. Minuten verstrichen, summierten sich zu einer Stunde; als das Gleiten und Scharren endlich verebbte, stemmte Pagonel den Hebel wieder zurück in seine Ausgangsposition, holte tief Luft und trat durch die Tür, hinter der er auf einen winzigen Treppenabsatz in eine breite, aber niedrige natürliche Höhle gelangte, die von orangefarbenem Licht und beinahe unerträglicher Hitze erfüllt war. Unmittelbar vor Pagonel teilte die Lebensader des Berges – ein glühender Lavastrom – die Höhle in zwei Hälften.
Er ging blitzschnell in sich, sammelte all sein Chi und erzeugte damit einen Schutz gegen die todbringende Hitze. Haut und Blut des
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