Schattenelf - 3 - Der Herr der Flammen
auf den Mann zu werfen, sollte er es wagen, die Hand gegen die Stimme Gottes zu erheben. Meister Mackaront schien tatsächlich kurz vor einem Wutanfall zu stehen; er zitterte merklich und biss die Zähne derart fest aufeinander, dass das Knirschen nicht zu überhören war.
»Wollt Ihr etwa behaupten …«, begann Mackaront, der sichtlich Mühe hatte, die einzelnen Silben zwischen seinen zusammengebissenen Zähnen hervorzupressen.
»Genug, mein Freund, das reicht«, unterbrach ihn Yakim Douan, etwas ruhiger geworden, mit emporgehaltener Hand. »Wir alle hier sind ein wenig ungeduldig und frustriert, weil der alte Agronguerre einfach nicht das Zeitliche segnen und Abt Olin seinen rechtmäßigen Aufstieg gönnen will.«
»Eine derartige Beleidigung steht Euch nicht …«, presste Mackaront hervor, augenscheinlich leicht verwirrt vom Tonartwechsel des Chezru.
Yakim Douans Feuer kehrte jedoch augenblicklich zurück; er ließ die Hände sinken und lähmte sein Gegenüber mit einem unbeugsamen Blick. »Ich habe nichts gesagt, was Ihr nicht ohnehin bereits fürchtet«, erwiderte er gleichgültig, fast tonlos, was seiner Drohung eher noch mehr Nachdruck verlieh. »Und ich habe auch keine Angst, die Wahrheit auszusprechen, wie schmerzlich sie auch sein mag.«
»Ich werde niemals –«
»Ihr werdet Euch hinsetzen und Euch anhören, was ich zu sagen habe!«, herrschte Yakim Douan ihn unvermittelt an. »Ihr kommt als Bittsteller zu mir, der Reichtümer fordert, ohne mir aber die Neuigkeiten zu bringen, die süß in meinen alten Ohren klingen. Nehmt Euer Gold und Eure Edelsteine und setzt Eure Kampagne für Abt Olin meinetwegen fort. Aber betet zu Gott, Meister Mackaront, welcher auch immer in Eurem Herzen wohnen mag, dass der alte Agronguerre sich ins Unvermeidliche fügt und endlich von uns geht. Ich bin mit meiner Geduld nämlich am Ende. Erklärt das Eurem Abt Olin.«
Meister Mackaront machte Anstalten, etwas zu erwidern, doch Douan winkte ihn fort und gab ihm zu verstehen, er solle sich entfernen.
Nachdem sich die Tür hinter dem Meister geschlossen hatte, starrte Merwan Ma Chezru Douan an und wartete auf einen Wink des Mannes. Als man ihnen berichtete, Meister Mackaront sei wieder in Jacintha, hatten sie angenommen, er sei endlich mit der Nachricht von Agronguerres Ableben gekommen und das Kollegium werde für das nächste Frühjahr anberaumt. Die überraschende Kunde, dass Agronguerre nicht nur noch immer lebte, sondern sich offenbar besserer Gesundheit erfreute als zuvor, hatte dem Chezru-Häuptling offenbar überhaupt nicht gefallen.
Dennoch fühlte sich Merwan Ma von der Heftigkeit seines Zornesausbruchs überrumpelt. Chezru Douan hatte ausdrücklich zu verstehen gegeben, er wünsche einen Aufstieg Abt Olins innerhalb des Abellikaner-Ordens, das Königreich des Bären aber, hinter einem nahezu unpassierbaren Gebirge gelegen, schien noch immer sehr weit weg. Obwohl Entel nur eine kurze Schiffsreise von Jacintha entfernt lag, war weder Behren noch das Bärenreich im Stande, eine ausreichend große Flotte für eine Bedrohung des jeweils anderen aufzustellen. Wieso war dann die fortdauernde Herrschaft Agronguerres ein Grund zu so massiver Sorge?
Yakim Douan blieb noch eine Weile in seinem bequemen Sessel sitzen und starrte aus dem Fenster auf die im Schatten liegenden Berge. Schließlich erhob er sich und ging hinüber zu einem kleinen Tischchen an der Rückwand des Saals, wo er einige Papiere hin und her schob, darunter auch eine Nachricht, die ihm Yatol Grysh am selben Morgen von der To-gai-Front überbracht hatte.
Yakim Douan nahm das Dokument in die Hand und las es noch einmal durch.
»Wisst Ihr, wie sie einen ihrer Anführer nennen?«, fragte er kurz darauf.
»Wer denn, Stimme Gottes?«
»Die Rebellen der To-gai-ru«, erklärte Douan. »Eine dieser Plündererbanden hat ihrem Anführer den Namen Ashwarawu gegeben.« Er wandte sich mit einem amüsierten Grinsen im Gesicht an Merwan Ma: »Wisst Ihr, was das bedeutet?«
Verwirrt grübelte Merwan Ma ein paar Augenblicke über das fremd klingende Wort nach. Die Endung des Namens kam ihm bekannt vor, und er glaubte zu wissen, dass die To-gai-Silbe awu etwas mit Mitgefühl zu tun hatte; schließlich gab er sich aber doch kopfschüttelnd geschlagen.
»Ashwarawu«, wiederholte Yakim Douan. »Der ohne Erbarmen tötet.« Das Lachen des Chezru-Häuptlings klang erst höhnisch, dann amüsiert. »Der Stolz der Eroberten. Ihnen bleibt so wenig, dass sie sich an jeden
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