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Schattenelf - 3 - Der Herr der Flammen

Schattenelf - 3 - Der Herr der Flammen

Titel: Schattenelf - 3 - Der Herr der Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.A. Salvatore
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»Aber ich bin dem Drachen entkommen und konnte sogar einige seiner Schätze mitgehen lassen.«
    »Mädchen, du wirst von Minute zu Minute rätselhafter«, sagte der alte Mann.
    Brynn lächelte und ließ es dabei bewenden. Sie war müde, und außerdem hatte sie am nächsten Tag eine wichtige Verabredung.

11. Die Schärpe Aller Farben
    Pagonel betrachtete die rote Schärpe, die an einem Haken neben der Tür seines kleinen, wenig bemerkenswerten Zimmers hing, ihre satten, an Blut erinnernden Farbtöne, das Lebenssymbol seines Ordens, des schon seit ewigen Zeiten existierenden Ordens der Jhesta Tu. Pagonel war eines von gerade mal vier Ordensmitgliedern – insgesamt waren sie hundertfünfzig Brüder und Schwestern –, die die Schärpe des Lebens erlangt hatten; trotzdem erfüllte es ihn keineswegs mit Stolz, wenn er sie von ihrem Haken nahm und sich um die Taille schlang, um seinen dunkelbraunen Waffenrock damit zu schließen.
    Denn in diesem Fall wäre er der Schärpe nicht würdig gewesen.
    Nein, Pagonel trug sie als Zeichen der Hoffnung, für sich selbst, aber auch für alle anderen Menschen auf der Welt. Er war ein Jhesta Tu, und deren Bestimmung war es, ein Leben jenseits des Alltäglichen zu führen, ein Leben der Meditation und der stillen Versuche zu verstehen, in der Hoffnung, dieses Verständnis von Leben, Tod und Sinnhaftigkeit werde ihm irgendwann einmal zu absoluter Erleuchtung verhelfen.
    Die Jhesta Tu waren kein großer Orden; die Wolkenfeste, die sich hoch oben in das parallel zur Grenze im Süden verlaufende Vulkangebirge schmiegte, wo sowohl die behrenesische Wüste als auch die Steppen To-gais endeten, war ihr einziger Tempel, und zurzeit waren nur wenige Ordensbrüder auf den Straßen der weiten Welt unterwegs.
    Sehr wenige sogar, denn bei den Yatols aus Behren waren die Jhesta Tu schlecht gelitten, und die To-gai-ru wussten kaum etwas mit ihnen anzufangen.
    Die meisten Jhesta Tu waren behrenesischer Abstammung, und auf wen das nicht zutraf, wie bei Pagonel, der konnte seine Herkunft meist nach To-gai zurückverfolgen. Wer aber in der Wolkenfeste lebte, war schon in sehr jungen Jahren dort eingetreten, und nur wenige erinnerten sich noch an die Zeit vor ihrem Leben im Tempel. Ihre Eindrücke von der Außenwelt gewannen sie aus Büchern und Vorträgen, die in ihrem Heim in den Bergen gehalten wurden, das man in die senkrechte Stirnwand eines einsamen, in den Himmel ragenden Felsens gebaut hatte, fünftausend Stufen über dem geröllübersäten Grund dieser zutiefst zerrissenen Region.
    Draußen vor dem kleinen Fenster seines nach Süden hin gelegenen Zimmers ertönte ein Knistern, gefolgt von einem gewaltigen Krachen, das den vierzigjährigen Mystiker jedoch keineswegs erschreckte, sondern bestenfalls zu amüsieren vermochte. Er wusste, dass einige der jüngeren Jhesta Tu in Vorbereitung auf die an diesem Abend stattfindende Feier anlässlich der herbstlichen Tagundnachtgleiche mit den Edelsteinen übten. An diesem Abend würde die stets nebelverhangene Schlucht jenseits der Brücke der Winde von Blitzen und Feuerbällen erhellt werden, ein Gedanke, der Pagonel schmunzeln ließ, da er diese ausgelassenen Feierlichkeiten stets genoss. Und auch sein Beitrag zu den Darbietungen, dessen war er gewiss, würde vielen der jungen Mystiker Freude bereiten. Nur wenige Bewohner der Wolkenfeste wussten mit den Edelsteinen so geschickt umzugehen wie er, dabei war nicht einmal er ein Meister ihrer Handhabung, gewiss nicht im Vergleich mit den mächtigen abellikanischen Mönchen aus dem im Norden gelegenen Bärenreich. Denn in den Augen der Jhesta Tu waren die Edelsteine nicht heilig – jedenfalls nicht mehr als das Gras und der Wind oder überhaupt alle natürlichen Dinge. Grundlage ihres Glaubens waren innerer Friede und Zufriedenheit sowie die Einheit von Geist, Körper und Außenwelt, die in vollkommener Harmonie und Ausgeglichenheit miteinander verschmolzen. Zwar wussten die Jhesta Tu die Kraft der Steine zu würdigen, insbesondere den Selbstfindungsprozess, der nötig war, wenn man sich ihrer bedienen wollte, aber sie betrachteten sie nicht als ein Geschenk Gottes.
    Eine weitere Kombination aus Knistern und darauf folgendem Krachen riss Pagonel aus seinen stillen Betrachtungen; er trat ans Fenster, spähte hinaus und erblickte eine Gruppe junger Ordensbrüder, die sich auf der Brücke der Winde eingefunden hatte, vor sich die aus der Schlucht aufsteigenden Nebelschwaden. Die meisten von ihnen trugen den

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