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Schattenelf - 3 - Der Herr der Flammen

Schattenelf - 3 - Der Herr der Flammen

Titel: Schattenelf - 3 - Der Herr der Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.A. Salvatore
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erfassen. Er hatte lediglich eine Entschuldigung nach der anderen gestammelt, als Yakim Douan ihm zufällig begegnete und ihn weinend auf dem blutverschmierten Boden knien sah, den Kopf in den Händen verborgen. Selbst als sich Yakims Messer bereits auf seinen ungeschützten Hals zubewegte, hatte er die Stimme Gottes noch um Verzeihung angefleht.
    Der Mann war im Zustand höchster Verwirrung gestorben.
    Yakim Douan schauderte, wenn er an diesen grauenhaften Tag zurückdachte. Er hatte den Mann gar nicht töten wollen, andererseits hatte so viel auf dem Spiel gestanden. Wie konnte er seine zumindest theoretische Unsterblichkeit – Jahrhunderte eines Menschenlebens – für die lächerlichen paar Jahrzehnte aufs Spiel setzen, die diesem armen Narren vielleicht noch blieben?
    Jetzt, nach all den Jahren, war die damalige Entscheidung in Yakims Augen aus einer ganz nüchternen Überlegung heraus erfolgt, und nicht etwa Hass oder bösartige Machtgier hatten an jenem schicksalsträchtigen Tag seine Hand geführt.
    Mittlerweile konnte Yakim Douan sich nicht einmal mehr an den Namen des ungeschickten Yatols erinnern. Auch sonst übrigens niemand.
     
    Merwan Ma verharrte vollkommen regungslos, während er leise den Opfergesang anstimmte und sich seine Stimme eindrucksvoll mit denen der anderen vermischte, die im Kreis um das kleine, den Chezru-Pokal stützende Tischchen herumstanden. Der junge Diener hielt seine Linke vor der Brust nach rechts gekreuzt, während sein rechter Arm vor ihm auf einem gepolsterten Bänkchen ruhte, sodass sein Handgelenk über dem heiligen Gefäß baumelte.
    Wie allen anderen waren auch ihm die Augen verbunden. Tatsächlich aber hatte Merwan Ma als Leibdiener des Chezru-Häuptlings den heiligen Raum als Einziger mit offenen Augen betreten und die anderen an ihren jeweiligen Platz geführt. Anschließend hatte Merwan Ma, ein Gebet murmelnd, seinen Platz eingenommen, unter das Tischchen gegriffen, den Hebel betätigt und, während er seine Augenbinde anlegte, zugesehen, wie der Pegel der roten Flüssigkeit allmählich fiel.
    Hebel und Auslöser unterhalb des Tischchens waren mit Gegengewichten versehen, die das Abfließen verlangsamen und sich schließlich ganz schließen sollten, sobald das Blut aus dem Kelch gelaufen war. Die Gruppe würde nicht die gesamte Flüssigkeit ersetzen, sondern nur etwa drei Viertel. Sobald die Hebelvorrichtung sich schloss, erklang eine Glocke, das Zeichen für den Beginn des Rituals. Der Mann unmittelbar links von Merwan Ma ergriff das vorbehandelte Messer, langte nach vorn und schnitt sich das rechte Handgelenk auf, zählte dann im Rhythmus des gemeinsamen Sprechgesangs die entsprechende Zeit ab, während sein Herzblut in den Kelch hinuntertropfte. Am Ende der Strophe reichte er dem links von ihm Stehenden die Klinge, und die Prozedur wiederholte sich.
    So ging es weiter, bis das Messer schließlich einmal die Runde gemacht hatte und wieder bei Merwan Ma angelangt war. Der Diener, dessen rechtes Handgelenk mit einem Geflecht von Narben übersät war, versah seinen Dienst erfolgreich und mit stoischer Gelassenheit, ehe er das Messer ehrfürchtig auf den Tisch zurücklegte.
    Als der Gesang endete, zog sich Merwan Ma die Augenbinde vom Kopf und betrachtete ihr gemeinsames Werk. Wie gewöhnlich war ein Teil des Blutes neben den Pokal gespritzt, und das Niveau war nicht ganz so hoch, wie es sein sollte, befand sich aber durchaus innerhalb der Toleranzmarkierungen am Innenrand des Kelches. Wäre dies nicht der Fall gewesen, wäre das Opfer für ungültig erklärt und einer der rings um das Tischchen versammelten Männer getötet und ausgewechselt worden; ein Schicksal, von dem nur der Aufsicht führende Yatol und Merwan Ma ausgenommen waren.
    Das Opfer war jedoch zufrieden stellend und das Niveau der roten Flüssigkeit mehr als ausreichend, um den Fortbestand des heiligen Pokals bis zum Ende des Monats zu sichern, wenn das nächste Opfer anstand.
    Merwan Ma nickte, zufrieden mit seiner Leistung – selbstverständlich würde er später noch einmal zurückkommen und das heilige Gefäß säubern müssen, doch davon abgesehen war seine Pflicht getan. Mit einer routinierten Bewegung ergriff er die Hand des links von ihm stehenden Mannes und führte die Gruppe im Gänsemarsch aus dem Saal.
    Kaum hatte sich die Tür hinter ihnen geschlossen, streiften die anderen im Vorraum ihre Augenbinden ab, zurrten die Bandagen fester um ihre Handgelenke und beglückwünschten sich zu ihrem

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