Schattenelf - 3 - Der Herr der Flammen
er sofort als Silverel identifizierte. Die Beobachtung war überaus aufschlussreich, denn außer den Touel’alfar verfügte seines Wissens kein anderes Volk über die nötigen Kenntnisse, um das exotische Metall aus dem Boden zu gewinnen. Die Krone war für ihn der Beweis, dass die Doc’alfar dieses Geheimnis entweder über die vielen Jahrhunderte der Trennung bewahrt hatten, oder aber dass diese eine Krone noch ein Relikt aus jenen Zeiten war, da die beiden Völker noch derselben Art angehörten. Vermutlich Letzteres, denn er hatte nirgends Schwarzfarne gesehen und auch sonst kein Silverel. Wenn die Doc’alfar tatsächlich über die nötigen Kenntnisse und Möglichkeiten verfügen würden, dieses erstaunliche Metall abzubauen, würden sie ihre Soldaten gewiss nicht mit primitiven Holzprügeln herumlaufen lassen.
Es sei denn, natürlich, das Holz dieser Prügel, eine Juraviel unbekannte Sorte, besaß selbst ein paar außergewöhnliche Eigenschaften.
Flankiert von Lozan Duk und Cazzira schritt Juraviel über den Teppich, bis er schließlich vor Eltiraaz anlangte.
Der König von Tymwyvenne saß sehr aufrecht auf seinem Thron und musterte Juraviel mit durchdringendem Blick; seine Miene war ebenso königlich wie streng, seine Körperhaltung tadellos. Seine Hände lagen im Schoß und hielten ein mit Edelsteinen besetztes Zepter, das aus dem gleichen seltsamen Holz gefertigt war.
»Belli’mar Juraviel, Ihr werdet König Eltiraaz nun Eure Geschichte erzählen, und zwar vom Beginn der Reise an, die Euch in unser Land geführt hat«, verkündete Lozan Duk. »Des Weiteren werdet Ihr erklären, wieso Ihr in Begleitung einer lebenden Menschenfrau über die Wege unseres Landes wandert.«
Die letzte Bemerkung ließ Juraviel innerlich leicht zusammenzucken, war sie doch eine weitere Bestätigung der nahezu grenzenlosen Verachtung der Doc’alfar für die Menschen. Er tat dennoch, wie ihm geheißen, indem er seine Geschichte erzählte, angefangen beim Kampf mit den Goblins südöstlich von Andur’Blough Inninness – dessen Lage er nicht die Absicht hatte preiszugeben – bis hin zum Abend seiner und Brynns Gefangennahme.
König Eltiraaz lauschte aufmerksam jedem seiner Worte, neigte gelegentlich den Kopf zur Seite, als wollte er eine Frage einwerfen, verhielt sich ansonsten aber vollkommen still und sprach kein einziges Wort.
»Wir wissen schon seit langem, dass unsere Verwandten, die Tylwyn Tou, im Nordland geblieben sind«, sagte Eltiraaz, nachdem Juraviel geendet hatte. Seine melodische Stimme klang einem König angemessen, ein mächtiger Bariton, der Juraviel aus dem Munde eines so zierlichen Wesens allerdings etwas seltsam vorkam. »Gleichwohl überrascht es uns zu sehen, dass einer von ihnen – Ihr – in unser Land eindringt. Ihr seid der Erste aus unserem vergessenen Brudervolk, der Tymwyvenne zu Gesicht bekommt.«
»Ich fühle mich aufrichtig geehrt, König Eltiraaz.« Der feierliche Augenblick ließ es Juraviel angebracht erscheinen, sich zu verbeugen.
Der König der Doc’alfar nickte, dann sah er zu Lozan Duk hinüber.
»König Eltiraaz würde gerne erfahren, wieso Ihr in Begleitung eines Menschen wart«, sagte Lozan Duk.
Juraviels Blick wanderte vom König zu dem anderen Mann; er wunderte sich, wieso Eltiraaz ihn nicht einfach selbst gefragt hatte. »Brynn Dharielle ist eine Hüterin«, erklärte er. »Ausgebildet von den Touel’alfar – eine Praxis, die bereits seit Jahrhunderten bei uns üblich ist. Wir nehmen menschliche Waisen auf, die uns viel versprechend erscheinen und unterrichten sie in den Sitten und Gebräuchen der Touel’alfar, damit sie unserer Herrscherin, Lady Dasslerond, als Augen und Ohren in der Welt der Menschen dienen können.«
»Wieso tötet Ihr nicht einfach jedes menschliche Wesen, das sich in Euer Territorium verirrt?«, wollte Cazzira wissen, und zwar allen Ernstes, wie Juraviel sofort spürte. »Schließlich handelt es sich um minderwertige Geschöpfe, die ausgemerzt werden sollten, sobald sie irgendwie gefährlich werden.«
»Vielleicht haben wir ja eine etwas höhere Meinung von ihnen als Ihr«, erwiderte er, weiterhin um Höflichkeit bemüht, schließlich stand womöglich Brynns Leben auf dem Spiel. »Mittlerweile betrachten wir die Menschen manchmal als recht nützliche Verbündete, obwohl sie bisweilen ein wenig lästig sind.«
»Mehr als lästig«, sagte Cazzira.
»Hüter unterscheiden sich stark von ihren Artgenossen«, stellte Juraviel fest und blickte wieder
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