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Schattenelf - 5 - Die Unterwerfung

Schattenelf - 5 - Die Unterwerfung

Titel: Schattenelf - 5 - Die Unterwerfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.A. Salvatore
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Truppen führte, wurde es früh Winter. Hätte Braumin die Einwohner von Palmaris ins selbst gewählte Exil geführt, wäre dies für viele von ihnen das sichere Todesurteil gewesen, entweder weil sie verhungert oder weil sie auf der überaus beschwerlichen Straße den Unbilden der Witterung ausgesetzt wären. Und von denen, die sich tatsächlich bis zu Prinz Midalis hätten durchschlagen können, wären nur wenige imstande gewesen, ihn zu unterstützen; ihre Abhängigkeit von ihm hätte den Prinzen nur mit ins Verderben gerissen.
    Daher also diese Doppelstrategie aus Rückzug und Verteidigung.
    Für Braumin selbst hingegen kam ein Rückzug nicht in Frage. Er war fest entschlossen, gegen Aydrian – oder präziser, gegen De’Unnero – zu kämpfen, wenn es sein musste bis zum bitteren Ende. Kurz vor Sonnenuntergang war die Nachricht eingetroffen, die Flotte aus Ursal segle den Masur Delaval hinauf und werde den Fluss vermutlich noch vor dem Morgen abriegeln.
    »Ihr werdet die Stadt noch einmal verlassen müssen«, wandte sich Braumin an Viscenti.
    Der hagere Mann fuhr zu ihm herum. »Ich werde fest an Eurer Seite stehen!«, beharrte er.
    »Aber nur als Zeuge«, korrigierte ihn Braumin. »Und zwar von der anderen Seite des Flusses aus. Ihr werdet bei unseren Ordensbrüdern in St. Mere-Abelle Zeugnis über das Schicksal von Palmaris und St. Precious ablegen.«
    Viscenti schien noch heftiger zu zittern als gewöhnlich. »Das gehört zu Euren Pflichten als Bischof. Ihr – und nicht ein einfacher Meister wie ich – solltet nach St. Mere-Abelle gehen und den ehrwürdigen Vater Fio Bou-raiy drängen, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen De’Unnero vorzugehen.«
    »Es dürfte kaum Mühe kosten, Bou-raiy in diesem Sinne zu beeinflussen«, versicherte Braumin seinem Freund. »Meine Pflicht liegt hier, bei den Einwohnern von Palmaris.«
    »Palmaris wird sich nicht lange gegen König Aydrian behaupten können.«
    »Aber ich werde mir bis zum bitteren Ende treu bleiben«, erklärte Braumin. »Ich werde nicht nur für die Bevölkerung von Palmaris, sondern auch für meine Ordensbrüder ein Symbol der Hoffnung und des Widerstandes sein, wenn sie sich für den langen Kampf gegen De’Unnero wappnen. Meister Jojonah hat uns allen einst den Weg gewiesen, und ich werde dieses Signal aufgreifen und meinen Teil dazu beitragen, unser Volk durch diese lange finstere Zeit zu führen, die uns Aydrian beschert.«
    Bei jedem Wort dieser düsteren und prophetischen Rede vermochte Viscenti nur den Kopf zu schütteln. Jojonah, von Markwart auf dem Scheiterhaufen verbrannt, galt als Märtyrer, dessen Ansehen für viele jüngere Ordensbrüder der abellikanischen Kirche wahrhaft vorbildhaften Charakter besessen hatte.
    Was jedoch nichts an der Tatsache zu ändern vermochte, dass Jojonah nicht mehr lebte.
    »Geht Ihr, ich werde hier bleiben«, beharrte Viscenti.
    Als Braumin ihn daraufhin von Kopf bis Fuß musterte, war ihm jedes seiner fünfzig Lebensjahre deutlich anzusehen. »Ich bin nicht nur Abt von St. Precious«, erwiderte er ruhig und mit leiser Stimme. »Ich bin auch Bischof von Palmaris. Als dieser habe ich dem ehrwürdigen Vater Bou-raiy sowie König Danube und Königin Jilseponie die Treue geschworen. Vor allem aber den einfachen Bewohnern dieser Stadt, ob sie nun Abellikaner sind oder Chezru. Ich werde bleiben, Meister Viscenti, und erteile Euch hiermit den Befehl, noch heute Abend den Fluss zu überqueren, bevor die Flotte diesen Weg versperren kann. Ihr werdet Zeugnis ablegen vom Fall der Stadt Palmaris, vom Fall der Abtei St. Precious und meiner Wenigkeit. Ihr werdet nach St. Mere-Abelle gehen und dort Bericht erstatten, und vor allem werdet Ihr dafür sorgen, dass der Widerstand gegen Marcalo De’Unnero nicht erlahmt. Es gibt nur wenige, die ich mit dieser überaus wichtigen Mission zu betrauen wage, mein lieber Freund und Mitstreiter. Allein das Wissen, dass Ihr niemals aufgeben werdet, gibt mir die Kraft zu tun, was ich tun muss.«
    Viscenti wollte widersprechen, doch Braumin legte ihm die Hände auf die Schultern, zog ihn an sich und schloss ihn fest in seine Arme.
    »Geht jetzt«, bat er den klein gewachsenen Meister.
    Meister Marlboro Viscenti hatte Tränen in den Augen, als er St. Precious kurz darauf heimlich durch den Hinterausgang verließ und mit seinen Begleitern zum Hauptdock von Palmaris hinuntereilte, wo ihn eine Gruppe behrenesischer Fischer erwartete, die ihn über den breiten Fluss setzen

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