Schattenelf - 5 - Die Unterwerfung
Deirus. Die Heere Bardohs und Peridans – viele der Männer in den Farben der Garnison Jacinthas! – drangen zwischen die Gebäude vor und metzelten die verdreckten Bauern nieder, als diese in wilder Panik zu fliehen versuchten.
Eine gewaltige, teils aus Bürgern, teils aus Bauern und Flüchtlingen bestehende Menschenmenge schob sich auf die Südmauer der eigentlichen Stadt zu, trommelte mit bloßen Fäusten gegen das Mauerwerk und drängte mit aller Macht gegen das Tor; viele wurden von der verängstigten, aufgebrachten Menge zu Tode getrampelt.
»Befehlt ihnen, sie sollen sich wehren!«, schrie Yatol Mado Wadon die Umstehenden an. »Treibt sie an! Überschüttet sie von den Mauern aus mit siedendem Öl, wenn ihr sie nicht anders dazu bewegen könnt, sich gegen Bardohs Männer zur Wehr zu setzen!«
»Sie haben keine Waffen, mit denen sie gegen die Soldaten kämpfen könnten, Yatol«, versuchte einer seiner Gefolgsleute zu erklären, doch der alte, wutschnaubende Wadon brachte ihn mit einem Schlag ins Gesicht zum Schweigen, ehe er mit zusammengebissenen Zähnen knurrte: »Befehlt ihnen, sie sollen kämpfen.«
Das Geschrei wurde zusehends heftiger, wie auch der Ansturm gegen die Mauer, ein Schlachtverlauf, wusste Yatol Wadon, der genau den Absichten der Feinde Jacinthas entsprach. Bardoh, der Gnadenlose, verheizte die Bauern als Futter, indem er die Soldaten Jacinthas zwang, ihre Pfeile auf ihre sinnlos anrennenden Leiber zu verschießen oder sie mit Öl zu überschütten. Bardoh hatte Hunderte Menschen in einen lebenden Rammbock verwandelt, indem er sich ihre panische Angst zunutze machte.
Yatol Wadon richtete den Blick hinaus aufs Meer, wo sich mittlerweile eine Flotte von Kriegsschiffen ins Blickfeld schob. Es waren nicht etwa die wendigen Piratenschiffe, derer sich, Berichten zufolge, Peridan bediente, sondern die schwereren Kriegsschiffe des Bärenreiches. Von seinem hoch gelegenen Ausguck konnte Wadon deutlich die Signalgasten am Bug erkennen, die große, rote Flaggen schwenkten.
Der Yatol wandte den Blick zurück nach Norden, zu den Bergen. »So beeilt Euch doch, Abt Olin«, murmelte er.
Unterdessen waren die Schreie im Süden der Stadt abgeklungen, und Yatol Wadon vernahm die Rufe seiner auf der Brustwehr platzierten Kommandanten. Innerhalb von Sekunden war die Schlacht voll entbrannt; die Verteidiger der Stadt schossen mit ihren Bögen über die Mauer, die Artilleristen feuerten ihre Katapulte ab, die riesige Kugeln aus brennendem Pech in hohem Bogen Richtung Süden schleuderten. Doch Bardoh und Peridan waren darauf vorbereitet, und ihr Gegenfeuer war nicht minder verheerend; dies galt insbesondere für das Sperrfeuer von einer fernen, hohen Sanddüne aus, das mit einer einzigen Salve weite Teile der Stadtmauer in Trümmer legte.
Yatol Wadon hielt sich die Hand über die Augen, um sie vor der gleißenden Helligkeit zu schützen, und spähte nach Südwesten, hinüber zu eben dieser Düne und der Formation von Katapulten, die man dort in Stellung gebracht hatte.
Augenblicke später flog die zweite Salve heran, eine Kombination aus Felsbrocken und brennenden Fackeln, und Sekunden später gingen mehrere Gebäude entlang der Südmauer von Jacintha in Flammen auf.
»Jetzt beginnt der eigentliche Vorstoß!«, verkündete Abu Das Abu, der Unterkommandant der Landungstruppen Yatol Peridans. Der fettleibige Mann hatte es sich in einem gewaltigen gepolsterten Sessel bequem gemacht, den man eigens konstruiert hatte, um seine Leibesfülle aufzunehmen. Ehemals selbst ein hervorragender Krieger, den man sogar eines Chezhou-Lei für ebenbürtig gehalten hatte, war Abu Das Abu vor vielen Jahren bei einem tragischen Wagenunglück schwer verletzt worden und hatte die Kontrolle über seinen Unterleib verloren. In der rauen behrenesischen Gesellschaft wäre eine solch behindernde Verletzung eigentlich einem Todesurteil gleichgekommen, doch Abu Das Abu verfügte über eine derart ausgeprägte Schlachterfahrung, dass Yatol Peridan ihn all die Jahre in seinen Diensten behalten hatte. Abu Das Abu war es auch gewesen, der Peridan in der Anfangszeit des Konflikts mit Yatol De Hamman mit dem Anführer der Piraten, Maisha Darou, zusammengebracht hatte, ein Bündnis, das Peridan zum entscheidenden Vorteil über den Yatol aus dem Norden verholfen hatte.
Und nun, da sie die größere Verheißung der Stadt Jacintha, ja ganz Behrens, unmittelbar vor Augen hatten, schien sich dieses Bündnis abermals auszuzahlen, denn Maisha
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