Schattenelf - 5 - Die Unterwerfung
betraf.
»Und doch seid Ihr noch immer hier, und ich habe Meister Mackaronts Äußerungen, an denen ich mich orientieren kann«, fuhr der verzweifelte Yatol fort. »Ihr seid bereit, einzugreifen und gegen Yatol Bardoh vorzugehen – so lauteten Eure eigenen Worte. Also verschont mich bitte mit diesen rätselhaften Wortklaubereien, mein lieber Abt, und sagt mir ganz offen, was Ihr verlangt.«
Abt Olin beugte sich unvermittelt vor. »Ich werde Bardohs Streitkräfte zurückschlagen und Jacintha für Euch retten«, erklärte er. »Und als Belohnung verlange ich einen Platz an Eurer Seite in Chom Deiru.«
»Für einen mehr oder weniger ist dort immer Platz –«
»Ich meinte nicht als Euer Gast, Yatol«, stellte Abt Olin klar. »Sondern als Euch Gleichgestellter!«
Yatol Mado Wadon wurde bleich und blinzelte mehrmals, so als hätte er nicht richtig verstanden.
»Gemeinsam werden wir einen Bund schmieden, aus Abellikanern und Chezru«, erläuterte Abt Olin. »Ihr und ich, wir werden die Gemeinsamkeiten unserer beiden Religionen ausloten und auf dieser Grundlage eine vollkommen neue Religion erschaffen.«
»Ihr wollt die abellikanische Kirche nach Behren bringen!«, rief Yatol Wadon vorwurfsvoll, denn er hatte die schmeichlerische Zurückhaltung seines Gegenübers durchschaut.
Abt Olin brachte sich in seinem Sessel wieder in eine bequeme Position und sah erneut zu seinen beiden Kommandanten. »Ich biete Euch eine Stellung an meiner Seite«, sagte er. »Eine Stellung, die Euch jeden Luxus und Komfort bietet.«
»In der ich nicht mehr bin als ein Handlanger, der Euch Glaubwürdigkeit verleihen soll, meint Ihr wohl!«
»Und wenn ich nun genau das meinte?«, entgegnete Abt Olin. »Eure Religion ist bis in ihre Grundfesten erschüttert, wie Ihr sehr wohl wisst. Die Enthüllungen über Yakim Douans Täuschungsmanöver haben Chezru allen falschen Scheins beraubt. Ihr verurteilt ganz offen die Edelsteine der abellikanischen Kirche, und doch hat Euer Oberhaupt, Eure Stimme Gottes, versucht, mit Hilfe eben dieser Steine Unsterblichkeit zu erlangen. Glaubt Ihr allen Ernstes, die Chezru-Religion würde das überleben? Deshalb biete ich Euch eine Alternative«, fuhr Abt Olin fort. »Gemeinsam könnte es uns gelingen, das Vertrauen des behrenesischen Volkes zurückzugewinnen. Überlegt ganz genau, welche Möglichkeiten Euch noch offen stehen, ehe Ihr mein Angebot übereilt ausschlagt, Yatol. Wenn ich Bardoh für Euch besiege, wird Jacintha überleben. Bleibe ich dagegen hier draußen auf dem Fluss … nun, ich sehe schon jetzt vor meinem inneren Auge, wie hoch die Flammen über Jacintha in den Himmel lodern werden.«
Yatol Wadon sah sich nervös um wie ein in die Enge getriebenes Tier. Dann, plötzlich, schien er abermals in sich zusammenzusinken, so als hätte er jedes Interesse verloren, sich noch länger zu widersetzen. »Gebietet ihm Einhalt«, wandte er sich mit Flüsterstimme bittend an Olin.
Abt Olins Grinsen wurde breiter, bis es fast von einem Ohr zum anderen reichte. »Ich kämpfe hier um einen Platz in Chom Deiru«, erklärte er dem Yatol. »Wenn eine so hohe Belohnung winkt, pflege ich alles zu geben.«
Abt Olin wandte sich Bretherford zu und nickte kurz, worauf der Herzog sich erhob und den Raum verließ. An der Tür hielt er inne und drehte sich noch einmal zu Olin um, einen mehrdeutigen Ausdruck im Gesicht, wie schon die ganze Zeit seit Aydrians Thronbesteigung und dieser ziellosen und unerwarteten Reise.
»Kehrt zurück in Eure … Eure Stadt, Yatol Wadon, und gebt Euren Bogenschützen den Befehl, nicht zu schießen, wenn die Krieger des Bärenreiches an Eurer Westmauer aufmarschieren«, erklärte Abt Olin. »Lasst Eure Truppen ausschließlich entlang der Südmauer der Stadt Aufstellung nehmen.«
»Entlang der Südmauer und der Hafenanlagen«, erwiderte Yatol Wadon. »Uns wurde berichtet, dass Yatol Peridan eine gewaltige Flotte zusammengezogen hat.«
Abt Olin und Meister Mackaront begannen zu lachen. »Ausschließlich entlang der Südmauer, mein guter Yatol«, betonte er. »In Euren Hafenanlagen wird es nicht zum Kampf kommen.«
Yatol Wadon, der nicht begriff, starrte ihn unverwandt an. Doch Abt Olin lachte nur erneut, ohne irgendeine Erklärung abzugeben.
Inmitten der baufälligen Bretterbuden unmittelbar vor der Südmauer Jacinthas wurden Schreie laut, und kurz darauf brachen die ersten Feuersbrünste aus.
Yatol Mado Wadon und seine Gehilfen verfolgten das beginnende Gemetzel vom Glockenturm Chom
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