Schattenengel (Contoli-Heinzgen-Krimi)
Körper.
„ Und auch genauso erleichtert«, hauchte sie weiter hervor, „dass Sie nicht der Mann da drinnen sind.« Und als hätte sie im gleichen Moment begriffen, was das bedeuten konnte, schlug sie die Hand vor den Mund. „Aber wer ist es dann? Etwas Schlimmes ist für uns im Gange, nicht wahr?!«
Rasch wechselten Wolf und Anke einen Blick und nickten zeitgleich. Lauras fragende Augen waren auf Anke gerichtet. Angespannt senkte sie für Momente die Lider, bis der Luftzug und das Geräusch der Ähren ihr sagten, dass Laura sich aus Wolfs Armen gelöst hatte. Gerade war Anke im Begriff nochmals nachzufragen, was drinnen passiert sei, als Laura tief einatmete und sich flüsternd Wolf zuwandte.
„ Ich habe in meinem Zimmer eben, bevor ich in den Salon herunter gegangen bin, an die unglückliche Zeit aus meiner Kindheit gedacht und Ihnen darüber erzählt. Aber Sie waren nur in meiner Vorstellung anwesend. Doch nun sind sie es wirklich. Ich will jetzt reden.«
„ Was, Laura, haben Sie mir erzählt?«
Anke und Wolf mussten nicht lange auf die Antwort warten. Gehetzt begann Laura, zu sprechen. „Mein Vater hat mich als Kind vergewaltigt, Paola ist seine Tochter, meine Schwester. Ach, und wir haben ihn umgebracht. Mutter war deswegen im Gefängnis. Es ist alles so furchtbar.«
Der Fall Varelli! Wie hatte Laura zu Wolf gesagt? Sie und ihr Bruder seien schuld am Irrsinn der Mutter.
„ Hießen Sie früher Varelli?«
„ Oh Gott«, brach Laura sogleich in Tränen aus. Anke stöhnte innerlich, weil sie nicht wusste, was sie tun sollte. Hat Laura etwas gemurmelt?
Fast regungslos, beide die Köpfe zu Laura gewandt, lauschten Anke und Wolf ihren Versuchen, Worte aus ihrem Mund hervorzubringen. Noch immer hielt die Frau ihre Hände vor das Gesicht, als schäme sie sich für das, was sie sagen würde. Hinter den vorgehaltenen Händen klang die Stimme dünn, sodass Anke und Wolf noch dichter an sie herantraten.
„ Ich habe Ihnen ...«, Laura schluchzte auf und schwieg. Anke holte Luft, um sie zu drängen, weiterzureden. Doch Wolf deutete ihr mit einem Blick abzuwarten, bis Laura sich in der Lage fühlte, den angefangenen Satz zu beenden. „Ach, ich kann es nicht. Ich kann einfach die Wahrheit nicht aussprechen.«
„ Hier ist auch nicht der richtige Ort«, beruhigte Wolf.
„ Was für eine Wahrheit?«, wollte Anke jedoch wissen.
„ Wir müssen hier weg. Sie werden uns suchen. Fabio und seine Männer haben Waffen«, äußerte Laura und schien nahezu panisch.
„ Es scheint zu spät«, flüsterte Anke.
Vor Entsetzen starrten alle drei für den Bruchteil einer Sekunde in die Richtung, aus der Stimmen und die Kegel mehrerer Taschenlampen aufleuchteten. Gleichzeitig sanken sie in die Knie. Anke hielt Lauras Hand fest, die nach ihrer getastet hatte. Ohne zu atmen, warteten sie darauf, entdeckt zu werden.
Verdammt wo steckt Hauff mit seinen Leuten? Ich habe es ihm doch genau beschrieben.
Einen unsinnigen Augenblick spukte Anke eine Flucht im Kopf herum. Sie blickte Wolf an, der die Schultern zuckte und murmelte, „also wieder mitten drin, Mist«, was ihr das im Grunde lächerliche Ansinnen austrieb. Die Stimmen schwollen an, verblassten, entfernten sich, und näherten sich erneut. Es schien, als hockten sie bereits eine Ewigkeit in diesem Feld, jedoch waren erst einige Minuten vergangen. Anke hegte die verrückte Hoffnung, sie würden nicht gefunden werden. Diesen Gedanken noch im Kopf blendete sie plötzlich der Strahl einer Taschenlampe. Fabios Männer standen vor ihnen, die Waffen auf sie gerichtet.
Schalldämpfer, natürlich.
„ Das ist doch die Frau, die ...«, meinte einer der Drei und seine Stimme versiegte, als ein weiterer Kegel Wolf traf.
„ Das gibt‘s doch nicht«, sagte eine andere Stimme in der Dunkelheit hinter dem Lichtstrahl. „Ich dachte, der wäre ...,« und dann schien er zu begreifen, „verflucht noch mal ...! Los!«
Das schien die Aufforderung zu sein, nach ihren Opfern zu greifen. Laura schrie:
„ Lass mich los, du Scheusal!«, aber es nützte ihr nichts. Sämtlich wurden sie, den Lauf der Waffen im Rücken, hintereinander wie Schwerverbrecher vorangetrieben.
„ Das wird euch leidtun, ihr hirnlosen Marionetten meines Bruders«, schimpfte Laura laut in die Nacht, dass Anke staunte, wie diese neurotische kleine Frau im Moment der Gefahr trotzdem so derbe, klare Worte von sich gab. Die Verachtung in ihrer Stimme war erschreckend. Sie schien sich sicher und behütet im Schatten
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