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Schattenengel (Contoli-Heinzgen-Krimi)

Schattenengel (Contoli-Heinzgen-Krimi)

Titel: Schattenengel (Contoli-Heinzgen-Krimi) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Misko
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öffnete sich ein höhlenartiger Komplex, der seine anheimelnde Gemütlichkeit aus der gewölbten Decke zog. Es kostete sie eine fast unüberwindliche Anstrengung, dem Druck der sich freikämpfenden Tränen standzuhalten. Sie schluckte alles herunter, was sich an Widerwillen in ihr auftürmte. Vorsichtig, als würde sie testen wollen, ob das Eis eines zugefrorenen Sees hielte, setzte sie ihren Fuß auf die letzte Stufe. Das Signal für sie, ein freundliches, lächelndes und aufmerksames Gesicht aufzusetzen. Wie auf Kommando erheitert, trat sie mit beschwingten Schritten in den blauen Salon. Fabios Liebe zum Blau des italienischen Himmels und des Meeres ließ sich nicht verbergen. Die Salonausstattung war bewusst und mit Hingabe zum Detail gewählt, und das mit dem einen Zweck, die Besucher ihrem Alltagsleben zu entreißen. Betraten die Gäste die Grotte, wie ihr Bruder sein unterirdisches Reich nannte, sollten sie sich nicht mehr im irdischen Bereich glauben. Die Grotte besaß den Reiz des Exotischen, und jeder, der sich unter der gewölbten Decke befand, glaubte sich durch das südländische Flair zwischen Traum und Wirklichkeit. Fabio wusste die Fantasie seiner Kunden mit Spiel und Spaß, Getränken, Drogen und Mädchen bis zum Äußersten anzuregen. Auf Anhieb vermutete niemand, der hier unwissend eintrat, versteckte Boudoirs hinter den dichten, mit Edelsteinen bestückten blautürkisen Vorhängen. Durch die dahinter verborgene Tür konnten sich die Männer mit den von Fabio organisierten Damen in ein exotisches Ambiente zurückziehen. Ein wie aus 1001 Nacht ausgestattetes Innenzelt mit Kingsizebett und glitzernden Leuchtsternen an der Decke; mit Blick vom Bett aus auf das offene Badezimmer; mit orientalischen Köstlichkeiten wie gebratenes Auberginentatar, Lammhackfleisch-Spießchen oder Safraneis und edlem Champagner.
    Am Ende waren seine Kunden bereit, all ihre Bedenken, Zweifel und Hemmungen abzulegen und nur noch das zu genießen, was sich ihnen darbot. Und genau dieser Effekt brachte Fabio das mannigfache Geld. Der immense Erfolg seiner dunklen Unternehmen sprach für sich. Laura verrichtete hier unten in der Lusthöhle, wie sie heimlich Fabios Etablissement nannte, ihre Arbeit als Betreuerin wie eine perfekt einstudierte Rolle. Lächelnd ließ sie ihren Blick kreisen, nickte wohlwollend dem ehemaligen Kölner Bürgermeister zu, grüßte den alternden Ministerialrat a.D. Dr. Brunsfeld und verzog süß ihr Gesicht Richtung Prof. Dr. med. Klaus Heinrich. Mit königlicher Grazie winkte Laura zur Begrüßung weiteren Gästen zu, bis sie in der Bewegung erstarrte. Im ersten Moment glaubte sie, sich zu täuschen, denn was sie sah, konnte nicht sein. Heftig kniff sie die Augen zusammen, aber nachdem sie die Lider wieder hochzog, war das Bild noch immer das gleiche. Allmählich drang es in ihr Bewusstsein. Sie glaubte einen Augenblick, ohnmächtig zu werden. Der blaue Teppichboden schien unter ihren Füßen Wellen zu schlagen. Laura begann, den vorgegaukelten Schwankungen ihres Gleichgewichtssinns zu folgen. Dabei starrte sie ungläubig den Mann an, Dr. Wolf Heinzgen, ihren Therapeuten, während sie dabei war, einfach wegzusacken und alles Vertrauen, das sie an ihn verschenkt hatte, mit sich zu reißen. Wie hinter einem Schleier nahm sie wahr, wie auch er zu ihr herüber sah und gleich den anderen Spielern amüsiert über etwas lachte. Dass er ihr zunickte und so tat, als würde er sie nicht kennen, versetzte ihr den Rest. Sie war drauf und dran, ihre Fassung zu verlieren und ihren weichen Knien nachzugeben.
    „ Wie geht es dir, mein Engel«, flüsterte Fabio im rechten Moment hinter ihrem Rücken. So war sie gezwungen, sich zusammenzunehmen. War die Anwesenheit ihres Therapeuten ein Trick von Fabio, um sie oder Dr. Heinzgen zu testen. Fabio hatte sie nie gefragt, ob und wo sie letztendlich ihre Psyche stabilisierte. Aber es wäre leicht für ihn gewesen, es hinter ihrem Rücken herauszubekommen. Fabio erfuhr alles, was er wissen wollte.
    „ Alles bestens«, presste Laura heraus. „Wir haben einen neuen Gast, wie ich sehe«, begann sie vorsichtig, „ist er in Ordnung?«
    „ Wir prüfen das gerade.«
    „ Ist das nicht zu gefährlich?«
    „ Wir brauchen neue Leute«, monierte Fabio. „Etliche unserer Stammgäste sind wieder im Ausland. Die Sache hier muss sich doch rechnen, mein Kleines.« Er gab ihr einen leichten Klaps, „also, mach dich auf. Kümmere dich um die Mädchen, das dürfte dir doch jetzt ein

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