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Schattenfall

Schattenfall

Titel: Schattenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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los?
    Xinemus hatte seinen Rappen am Fuß des Hügels angehalten und grüßte beim Absteigen zu ihnen hinauf. Achamian brachte es nicht übers Herz, es ihm gleichzutun. Was verbreitest du da über mich, Xin? Wie nimmst du mich wahr?
    Kaum war Xinemus abgesessen, sprangen auch die anderen vom Pferd. Achamian hörte Iryssas den Norsirai wegen seines Aussehens schelten, als sei der ein Bundesbruder und kein Fremder, der gleich vor seinen Prinzen treten würde. Murmelnd und mit müden Schritten stiegen sie den Hang hinauf. Jetzt, da er abgesessen war, überragte der Scylvendi Xinemus und alle anderen – bis auf den Norsirai. Er hatte eine schmale Taille, und seine breiten Schultern waren ein klein wenig gebeugt. Er wirkte hungrig – aber nicht hungrig wie ein Bettler, sondern wie ein Wolf.
    Proyas bedachte Achamian mit einem letzten kurzen Blick und begrüßte dann seine Gäste. Verhalte dich, wie ich dich brauche – diese Ermahnung hatte in seinen Augen gestanden.
    »Selten entspricht das Aussehen eines Mannes dem, was die Leute über ihn erzählen«, sagte der Prinz auf Scheyisch. Seine Augen verweilten auf den mit Narben übersäten Armen des Barbaren. »Doch du siehst von Kopf bis Fuß so wild aus, wie es dem Ruf deines Volkes entspricht, Scylvendi.«
    Achamian ärgerte sich über den freundlichen Ton, den Proyas da anschlug. Des Prinzen Fähigkeit, aalglatt von einer Streiterei zu einer Begrüßung zu wechseln und eben noch verbittert, nun aber freundlich zu sein, hatte ihn stets beunruhigt. Diese Begabung jedenfalls hatte er mit Proyas sicher nicht gemein. Eine solche emotionale Wendigkeit – so hatte er immer gedacht – zeigte ein besorgniserregendes Talent zum Betrug.
    Der Scylvendi sah Proyas finster an, sagte aber kein Wort. Achamians Haut prickelte. Also musste der Wilde ein Chorum tragen… und zwar… an der Innenseite seines Gürtels. Der Hexenmeister konnte das abgründige Flüstern des Anhängers vernehmen.
    Proyas runzelte die Stirn. »Ich weiß, dass du Scheyisch sprichst, mein Freund.«
    »Wenn ich mich recht entsinne«, sagte Achamian in der Sprache von Conriya, »haben die Scylvendi für ironische Komplimente nicht viel übrig, mein Prinz. Sie halten sie für unmännlich.«
    Die eisblauen Augen des Barbaren blitzten ihn an. Etwas in Achamian, das körperliche Gefahr zuverlässig witterte, meldete sich heftig.
    »Wer ist das?«, fragte der Mann mit starkem Akzent.
    »Drusas Achamian«, sagte Proyas in nun viel förmlicherem Ton. »Ein Hexenmeister.«
    Der Scylvendi spuckte auf den Boden. Achamian hatte keine Ahnung, ob er damit Verachtung zum Ausdruck bringen wollte, oder ob es sich um eine bei seinem Volk übliche Form der Abwehr von Hexerei handelte.
    »Aber ich stelle hier die Fragen«, fuhr Proyas fort. »Meine Männer haben dich und deine Begleiter vor dem Zugriff der Nansur gerettet, aber ich kann ihnen problemlos befehlen, euch an die kaiserlichen Truppen auszuliefern. Hast du das verstanden?«
    Der Barbar zuckte die Achseln. »Was willst du wissen?«
    »Wer bist du?«
    »Ich bin Cnaiür von Skiötha, Häuptling der Utemot.«
    So begrenzt Achamians Wissen über die Scylvendi auch war: Von den Utemot hatte er (wie jeder im Orden der Mandati) schon gehört. Den Träumen zufolge war Sathgai – der Stammeskönig, der die Scylvendi zu Anhängern des Nicht-Gottes gemacht hatte – Utemot gewesen. Konnte auch das Zufall sein?
    »Die Utemot, mein Prinz«, murmelte Achamian Proyas zu, »sind ein Stamm im äußersten Norden der Steppe.«
    Wieder warf der Barbar ihm einen eisigen Blick zu.
    Proyas nickte. »Nun sag mir, Cnaiür von Skiötha, warum ein edler Scylvendi so weit reist, um sich mit bloßen Inrithi zu beraten.«
    Der Häuptling lächelte, und dieses Lächeln hatte etwas Höhnisches. Achamian erkannte, dass er die eigentümliche Überheblichkeit der Barbaren besaß – jene gedankenlose Überzeugung, die rauen Sitten seines Landes hätten ihn viel härter werden lassen als andere, zivilisiertere Menschen. Für den, dachte Achamian, sind wir blöde Weiber.
    »Ich bin gekommen, um mein Wissen und meine Kampfkraft zu verkaufen«, sagte der Mann unverblümt.
    »Als Söldner?«, fragte Proyas. »Das glaube ich nicht, mein Freund. Achamian sagt, die Scylvendi verdingen sich nicht als Söldner.«
    Der Hexenmeister versuchte vergeblich, Cnaiürs zornigen Blick mit gleicher Münze zu erwidern.
    »Die Schlacht am Kiyuth ist für meinen Stamm sehr schlecht gelaufen«, erklärte der Barbar. »Und kaum

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