Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz
schwöre, ich trenne dir deinen hübschen Kopf vom Hals!“
Katharina verstummte augenblicklich. Nymandus wendete sein Pferd und rief Berthold, der auf ihn zugerannt kam, hämisch zu: „Du willst sie in einem Stück zurück? Dann hol sie dir! Du weißt sicher, wo ich sie hinbringe. Du wirst es erahnen.“
Nymandus lachte laut auf. Als Petz und Berthold ihn fast erreicht hatten, gab er seinem Pferd die Sporen und galoppierte in Richtung des Domes davon.
Berthold stand zuerst wie versteinert da. Dann begann er zu toben und schrie dem schwarzen Reiter aus vollem Halse wütend hinterher: „Du elender Teufel. Lass sie! Lass sie in Ruhe! Mich willst du? Hier bin ich. Komm und hol mich! Du feiger Hund!“
Berthold raufte sich verzweifelt die Haare. Petz trat zu ihm und stieß ihn heftig an. „Sie sind fort! Und wir sollten hier auch schleunigst verschwinden, bevor uns Nassaus Männer an den Kragen gehen. Wir können hier nichts mehr ausrichten, Berthold. Los, wir müssen sofort weg! Sonst wirst du deine Katharina niemals wiedersehen, ganz einfach weil du tot bist, verstehst du?“
Hinter ihnen wurden der Kampflärm und die Schreie der Verletzten und Sterbenden immer lauter. Ohne Bertholds Antwort abzuwarten, zog Petz ihn mit sich in Richtung des Domes. Das Gemetzel holte Berthold in die Wirklichkeit zurück und der Überlebensinstinkt verdrängte seine Verzweiflung. Immer schneller liefen die beiden Freunde nebeneinander durch die Augustinergasse in Richtung Dom, bis sie schließlich um ihr Leben rannten. Hinter den dunklen Häuserfronten warteten die verängstigten Mainzer auf den ungewissen Ausgang des nassauischen Überfalls. Manchmal kamen ihnen Soldaten mit Schwertern, aber auch Bürger mit Keulen oder nur einem Brett in der Hand entgegen, um sich den Angreifern entgegenzustellen.
Als Petz und Berthold den Dom erreichten, herrschte dort bereits ein heilloses Durcheinander. Menschen hasteten in alle Richtungen, herrenlose Pferde galoppierten verängstigt wiehernd umher und die Soldaten des Erzbischofs brüllten sich Befehle zu. Berthold versuchte im zittrigen Schein der Fackeln etwas zu erkennen und suchte angestrengt den Domplatz ab. Wo war Ambrosius Kufner? Wo waren von Sicking und der Erzbischof? Hatten sie es geschafft, Nassaus Truppen zu entkommen? Und wo waren seine Eltern und Robert? Die Angst kroch in Berthold hoch. Beinahe hätte ihn in dem Gewühl ein Soldat in vollem Lauf umgerannt. Petz packte diesen jedoch und hielt ihn mit eisernem Griff fest.
„Hast du den Erzbischof gesehen?“
„Dort am Hauptportal, hinter den Berittenen“, antwortete der verdutzte Mann und wies in die angegebene Richtung. Petz ließ ihn los. „Danke – und viel Glück, Mann!“
Der Soldat nickte Petz zu und stürmte wortlos weiter. Als Petz und Berthold den Erzbischof erreichten, saß dieser gerade auf.
„Eure Eminenz, Ihr seid unversehrt“, sprudelte Berthold hervor, „was für ein Glück! Habt Ihr Ambrosius Kufner und Augustein gesehen? Oder meine Eltern und meinen Bruder?“
Diether von Ysenburg beachtete Berthold jedoch nicht. Sofort stellten sich drei Fußsoldaten schützend vor ihn, ihre Schwerter auf Bertholds Brust gerichtet. Als Wenzel von Sicking dies sah, lenkte er sein Pferd ein paar Schritte auf Berthold zu und gab den Männern ein Zeichen. Sie senkten die Schwerter und traten zur Seite.
„Ambrosius Kufner ist bei uns, ebenso wie Augustein, deine Eltern und Robert. Aber nun kommt. Rasch auf die Pferde! Wir müssen verschwinden, solange noch Zeit ist.“ Wenzel von Sicking wandte sich zu den Soldaten um und brüllte: „Zwei Pferde hierher, los! Und die Eskorte des Erzbischofs: Vorwärts!“
Aus der Dunkelheit lösten sich etwa zwanzig Berittene der Leibgarde und gruppierten sich um Diether von Ysenburg. Dahinter wartete bereits ein kleiner berittener Tross, in dessen Mitte Berthold Augustein und Ambrosius zu erkennen glaubte. Während er noch versuchte, auch seine Eltern und Robert zu erspähen, führte ein Soldat im Laufschritt zwei Pferde heran. Er drückte ihre Zügel Berthold und Petz in die Hände. Die beiden saßen auf und schlossen sich dem Zug des Erzbischofs an, der in vollem Galopp zum Mainzer Nordtor ritt und kurz darauf die Stadt hinter sich ließ.
Die Flucht des Erzbischofs führte in westlicher Richtung am Rhein entlang – an Büdesheim, Heidesheim, Ingelheim und Kempten vorbei nach Bingen auf Burg Clopp. Diether von Ysenburg hoffte, dass Adolph von Nassau weder genug Männer noch
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