Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz
Maus gesehen hatte? Oder ob jemandem ein schwarzer Reiter aufgefallen war, der große Ähnlichkeit mit dem Leibhaftigen und eine junge Frau wie einen Sack über seinen Rappen geworfen hatte? Nein, das waren keine Fragen, die man unbescholtenen Leuten stellen konnte, ohne ihren Argwohn zu erregen. Also beschlossen die Freunde, nur zu erzählen, dass sie ein Mädchen suchten, das wahrscheinlich entführt worden war und zu fragen, ob jemandem denn etwas Besonderes aufgefallen sei.
Doch natürlich waren die Antworten so allgemein wie die Frage selbst. Menschen, die sich wichtig tun wollten, war immer etwas Besonderes aufgefallen. Den meisten aber war das Schicksal anderer Leute ohnehin gleichgültig. Sie hatten in diesen harten und ungewissen Zeiten genug mit sich selbst und ihrem Überleben zu tun. Also zuckten sie zumeist nur unbeteiligt mit den Schultern und zogen ihres Weges.
Es war nun bereits fast Mitte November und wurde langsam kalt. Bald würde der erste Schnee fallen. Berthold wusste, wenn sie nicht vorher eine Spur von Katharina gefunden hätten, würde der Winter die Suche nur noch weiter erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen. Das wollte er um jeden Preis verhindern. Er musste eine Spur finden.
„Verdammt, so geht es nicht weiter!“ fluchte er. „Ich bin fast am Verzweifeln. Nichts, einfach nichts! Sie ist und bleibt wie vom Erdboden verschluckt. Warum nur sagte dieser schwarze Halunke, ich würde es erahnen, wo sie ist? Ich sehe etwas, ja. Immer wieder und ganz intensiv, aber ich vermag es nicht zu deuten. Was sollen wir bloß tun?“
Petz zügelte sein Pferd und blieb ungehalten stehen. „Das fragst du uns? Wir bekommen keine Bilder – im Gegensatz zu dir. Du hast uns doch schon gesagt, was du gesehen hast, aber uns fällt auch nichts dazu ein. Wir sind genauso ratlos wie du.“
„Vielleicht reiten wir ja in die gänzlich falsche Richtung?“, warf Augustein ein.
„Ach, Augustein! Auch das habe ich mich schon oft gefragt. Nein, die Idee von Petz, dass wir in einer immer größer werdenden Spirale um Mainz herumreiten, war schon richtig. Fast bis nach Oppenheim im Süden, bis an die Stadtmauern Frankfurts im Osten und beinahe bis in den Hunsrück im Westen sind wir geritten. Und nun geht es immer weiter nördlich in den Taunus hinein. Wir haben jetzt schon einen so großen Kreis um Mainz gezogen, bald vier oder gar fünf Meilen, dass wir wenigstens eine kleine Spur der beiden hätten finden müssen. Denn dieser Mann, mag er ein noch so großer Teufel sein, kann sicher weder fliegen noch ungesehen mit einer Frau quer über dem Sattel zehn oder mehr Meilen reiten. Doch wenn er wirklich noch viel weiter geflohen ist, dann … ja, dann weiß ich auch nicht weiter. Dann ist Katharina wohl verloren.“
„Nein, das glaube ich nicht“, sagte Petz entschieden, „er will dich und nicht Katharina. Also wird er nicht so weit fortgehen, dass du ihn nicht finden kannst. Aber er wird sicher auch nicht direkt vor deiner Nase auf dich warten. Bestimmt will auch er nicht mit den Resten von Ysenburgs Truppen aneinandergeraten. Er ist sicher vieles, aber garantiert kein Dummkopf. Wir müssen so weitermachen wie bisher, so lange es nur geht. Eine andere Möglichkeit sehe ich nicht.“
„Wo sind wir eigentlich gerade?“, fragte Augustein.
Petz sah sich um und dachte nach. „Ich denke, wir müssten ungefähr zwischen Lorch und Bingen sein, ein wenig rechts darüber und zwar mitten im Wald, wie man unschwer sehen kann.“
„Das ist mir nicht entgangen“, entgegnete Augustein. „Als wir über die Anhöhe kamen, war mir, als würden am gegenüberliegenden Hügel ein paar Häuser stehen und eine Kirche herausschauen. Lasst uns dorthin reiten.“
„Ja“, sagte Petz, „es dürfte ja nur eine halbe Meile sein bis dahin.“
„Ich werde dort die Kirche besuchen und beten“, fuhr Augustein fort. „Vielleicht begleitest du mich, Berthold?“
Berthold fuhr herum. „In die Kirche? Ich soll beten? Weißt du, wie lange es her ist, dass ich eine Kirche betreten habe?“
„Nicht so lange“, warf Petz ein, „denk an Kloster Ilbenstadt.“
„Ja, aber das war nicht zum Beten. Wir haben dort gearbeitet, nicht mehr und nicht weniger.“
„Dann sollte es erst recht an der Zeit sein, dass du mit mir kommst, oder?“, fragte Augustein ungerührt.
„Was, um Himmels Willen, soll ich da?“
„Genau, Berthold! Um des Himmels Willen sollst du mitkommen.“
„Was? Nach allem, was ich erlebt habe? Was ich
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